Hertha BSC

Davie Selke – Die Rückkehr des Magneten

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Jörn Lange

Foto: Ina Fassbender / dpa

Davie Selke tut Hertha mit seiner Präsenz gut. Trainer Pal Dardai glaubt, dass der Stürmer seine Torflaute bald überwindet.

Berlin.  Davie Selke befand sich in bester Gesellschaft. Links Bayerns Robert Lewandowski, rechts Dortmunds Marco Reus, gegenüber die Granden Cristiano Ronaldo und Lionel Messi. Zu absurd, um wahr zu sein? Nicht auf einem Kreuzberger Bolzplatz, wo die kleinen Hoffnungsträger von morgen die größten Stars von heute auf ihren Leibern tragen – und zunehmend auch Selke, Herthas teuersten Einkauf aller Zeiten.

Keine Frage: Der 23 Jahre alte Angreifer hat das Zeug zum Berliner Helden. Weil Kinder nun mal eher Torjäger verehren als Außenverteidiger. Weil er im Vergleich zu Herthas Oldie Vedad Ibisevic (33) so cool aussieht wie ein glamouröser Popstar. Und nicht zuletzt, weil Selke eben sehr gut Fußball spielt. Nur war sein Trikot in der Bundesliga in den vergangenen Wochen seltener zu sehen als in den Fußballkäfigen der Hauptstadt.

Mehr Torschüsse als jeder andere Herthaner

Dreimal in Folge musste sich Davie Selke zuletzt mit der Jokerrolle zufriedengeben – bis zum vergangenen Sonnabend. Beim 1:2 in Mönchengladbach beorderte Chefcoach Pal Dardai ihn wieder dorthin, wo er seit dem zwölften Spieltag immer gestanden hatte, in die erste Elf. Eine Maßnahme, die einen Neuanfang markieren sollte, nachdem Selke Ende Januar das Stürmer-Glück verlassen hatte. Zurück auf Start, mit frischem Trainer-Vertrauen im Rücken, vielleicht auch mit etwas Wut im Bauch, weil er zuvor nicht mehr erste Wahl war. Und auch wenn der Plan nicht zu 100 Prozent aufging, blieb er doch erfolgreich. Neben Torschütze Salomon Kalou war Selke in Gladbach der größte Gefahrenherd der Gäste.

Die nackten Zahlen wiesen für Selke die meisten Torschüsse (vier) und die zweitmeisten gewonnenen Zweikämpfe (14) aus. Was sie verschwiegen, war die indirekte Torvorbereitung für Salomon Kalou. Denn hätte Selke seinen Gegenspieler Jannik Vestergaard nicht in immense Schwierigkeiten gebracht, hätte jener den Ball nicht notgedrungen vor die Füße des Ivorers gespitzelt.

Fehlendes Glück im Abschluss

Ein eigenes Tor blieb Selke hingegen verwehrt, dabei erarbeitete er sich gute Gelegenheiten. Ein wuchtiger Linksschuss von der Strafraumkante rauschte haarscharf am Pfosten vorbei, genau wie ein Kopfball, bei dem er sich gegen den herausgestürmten Borussen-Keeper Yann Sommer behauptete, ehe er im nächsten Anlauf das Eins-gegen-eins-Duell mit dem Torhüter verlor.

„Es ist gerade so eine Phase, in der der Ball einfach nicht rein will“, sagte Selke kopfschüttelnd. „Wenn man einen Lauf hat, gehen die Dinger über die Linie.“ So wie in der Hinrunde. Nach verpasstem Saisonstart war er in 13 Pflichtspielen an elf Treffern direkt beteiligt – eine Wahnsinns-Quote, die alle Zweifler verstummen ließ. Ob Selke die 8,5 Millionen Euro, die Hertha im vergangenen Sommer an RB Leipzig überwiesen hatte, wirklich wert ist, fragte danach keiner mehr.

Der 23-Jährige wartet seit zehn Spielen auf einen Treffer

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass ein derartiger Lauf nicht endlos anhält, erst recht nicht bei einem noch jungen Stürmer wie Selke. Inzwischen wartet er seit zehn Spielen auf einen Treffer, was den Glauben an seine Fähigkeiten jedoch nicht geschmälert hat. „Davie hat die Größe, die Qualität und auch die Schnelligkeit“, sagt Dardai, der am Sonnabend gegen Köln erneut auf Selke setzen wird: „Es ist sein erstes Jahr hier. Dafür ist es nicht schlecht. Nächstes Jahr muss er sich in Richtung Vedad Ibisevic entwickeln. Er muss ein sicherer Knipser werden.“

Mit den Trainingsleistungen des U21-Europameisters war der Ungar zuletzt hochzufrieden. An Einsatz mangelt es beim ehrgeizigen Torjäger ohnehin nie, aber vorige Woche schaffte es Selke auch wieder, „wie ein Magnet“ (Dardai) zu wirken. Auf dem Schenckendorffplatz zog er häufiger Bälle an als junge Hertha-Fans seine Trikots.

Am Sonnabend wird er vermutlich gemeinsam mit Ibisevic stürmen dürfen – so wie letztmals am 15. Spieltag. Eine Taktik, die sich gegen Köln bewährt hat. Beim 2:0 im Hinspiel erzielte beide Tore der Ibisevic der Gegenwart. Herthas Ibisevic der Zukunft, ­Davie Selke, bereitete beide vor.

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