Berlin. Pal Dardai zweifelte keine Sekunde. „Ich habe sofort gesehen, dass es ein Elfmeter war“, sagte Herthas Cheftrainer über Fabian Lustenbergers Foul an Gladbachs Nico Elvedi, „sogar aus 100 Metern Entfernung.“ Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus war sich hingegen nicht so sicher. Sie hatte die Szene am Sonnabend zunächst laufen lassen, ehe sich der Video-Assistent aus Köln einschaltete und so das seinige zur Berliner 1:2-Niederlage beisteuerte. „Heute lassen die Schiedsrichter so etwas eher laufen, weil sie wissen, dass alles noch mal kontrolliert wird“, sagte Dardai. Für die Emotionen im Stadion sei das zwar „nicht schön, aber ich habe mich daran gewöhnt“.
An eines will sich Dardai dagegen nie gewöhnen, nämlich Herthas chronisch maue Torausbeute. „Wir lassen in diesem Jahr einfach viele Punkte liegen, obwohl wir welche verdient gehabt hätten“, bemängelte er. So wie am Niederrhein, wo bis zu Beginn der Schlussviertelstunde selbst hartgesottenen Borussen-Fans der Glaube an einen Sieg ihrer enttäuschenden Mannschaft fehlte. Hertha indes zeigte ein ansprechendes Auswärtsspiel – mit dem nötigen Mut zur Attacke und gefühlt mehr Torchancen als in den letzten drei Heimspielen zusammen.
Darida-Rüffel zeigt Wirkung
„Hoffentlich behält die Mannschaft diese Gier“, sagte Dardai, der die besagte Angriffslust erst geweckt hatte. Nach dem dürftigen 0:0 gegen Wolfsburg hatte er seinen harmlosen Mittelfeldspieler Vladimir Darida noch offen kritisiert. In Mönchengladbach zeigte der Tscheche nun eine eindrucksvolle Reaktion, agierte umsichtig, handlungsschnell und initiierte etliche Berliner Angriffe. „Vladi hat ein paar richtig gute Pässe gespielt“, lobte Dardai, der sich zudem über „ordentliche Konter“ freute. Nur führten jene lediglich einmal zum Erfolg. Kurz vor der Pause, beim Führungstor durch Salomon Kalou.
Es gebe nichts schönzureden, hatte der Trainer am späten Sonnabend betont. Verständlich, schließlich bleiben vergebene Hochkaräter nun mal vergebene Hochkaräter – ärgerlich, deprimierend, eine fußballerische Folter für die Nerven. Am Sonntag, mit etwas Abstand, wurde der Frust jedoch von positiven Erkenntnissen verdünnt: vom aggressiveren Pressing etwa, dem höheren Umschalttempo oder dem erkennbaren Willen zum finalen Pass. Vielversprechende Ansätze, die das Festival der vergebenen Chancen aber nicht mehr zu retten vermochten.
Wie es künftig besser werden soll? Mit Geduld und Beharrlichkeit, und aller Voraussicht mit zusätzlichem Angriffspersonal. „Vielleicht spielen wir jetzt mit zwei Stürmern“, sagte Dardai: „Wenn wir uns weiter Chancen erspielen, werden auch mehr Tore kommen.“
Gegen Köln will Trainer Dardai auf zwei Stürmer setzen
Dass am Sonnabend als nächster Gegner Schlusslicht Köln ins Olympiastadion kommt, scheint auf den ersten Blick günstig. Nur der Hamburger SV punktete in der Fremde noch weniger als die Rheinländer, einzig Freiburg fing sich in der Fremde mehr Gegentore. Wer die Kölner beim jüngsten 1:1 gegen Mainz beobachtet hat, sah eine verunsicherte, entmutigte Mannschaft, deren Selbstvertrauen womöglich den finalen Knacks erhalten hat. Dankbare Voraussetzungen für die Berliner, hätten sie in ähnlichen Situationen nicht schon so oft enttäuscht. Zur Erinnerung: Auf das starke 2:0 in Leverkusen folgte das desolate 0:2 gegen Mainz; auf das 2:1 in Hamburg ein tristes 0:0 gegen Wolfsburg. Auch das eine Eigenart, an die sich Dardai nicht gewöhnen will.