Wer von so einem Fußballspiel durch die Nacht nach Hause fährt, hält sich am Lenkrad fest und fühlt sich ohnmächtig. Die Gewaltexzesse, die einige Anhänger von Hansa Rostock und Hertha BSC am Montagabend im DFB-Pokal aufführten, waren beschämend und verantwortungslos.
Und sie waren außerordentlich dumm, denn sie könnten das zur Folge haben, wovor sich die Ultras und viele Anhänger am meisten fürchten: englische Verhältnisse in deutschen Stadien. Wenn Stehplätze und Vergünstigungen für Fangruppierungen abgeschafft und Ticketpreise so in die Höhe geschraubt werden, dass sich nur noch die gehobene Mittelschicht und aufwärts eine Karte leisten kann. So könnten die Vereine reagieren, um sich ihr Milliardengeschäft nicht kaputt machen zu lassen. Und das kann niemand wollen.
Wer prügelt und zündelt, dem hört niemand zu
Ultras sind nicht per se gewaltbereit. Die überwiegende Mehrheit ist friedlich, viele engagieren sich politisch sowie sozial. Manche haben Preise dafür erhalten. Aber es gibt Verirrte unter ihnen, die nicht an Fußball sondern an falsch verstandener Männlichkeit interessiert sind. Sie haben in Rostock den Fußball in den Schwitzkasten genommen, und nun stöhnt er wieder, schreit nach Konsequenzen und mehr Sicherheit.
Dabei konnte man im Ostseestadion sehen, wo 1700 Polizisten und 300 Ordner für Ruhe sorgen sollten, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben wird. Dumm ist das alles auch, weil die Idioten die Grundlage zerstören, auf der man sehr wohl kritisch hinterfragen kann, was an Entfremdungs- und Kommerzialisierungsprozessen momentan im Fußball abläuft. Aber wer prügelt und zündelt, dem hört niemand zu. Der steht im Abseits.
Die gewaltbereiten Ultras bringen den Fußball in Gefahr, den wir in Deutschland lieben, für den uns die Welt beneidet. Englische Fans fliegen zu Bundesliga-Spielen, weil hier die Stimmung vor allem wegen der Ultras toll ist. Das gilt es zu schützen – mit Dialog und kontinuierlicher Fanarbeit, nicht mit Aktionismus oder Hardliner-Rhetorik.
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