Basketball

Wie Bamberg zum Maß der Dinge im deutschen Basketball wurde

| Lesedauer: 5 Minuten
Dietmar Wenck
Bamberg, wie es siegt und lacht: Darius Miller jubelt (r.) jubelt mit Bradley Wanamaker über den jüngsten Sieg gegen Bayern München

Bamberg, wie es siegt und lacht: Darius Miller jubelt (r.) jubelt mit Bradley Wanamaker über den jüngsten Sieg gegen Bayern München

Foto: Nicolas Armer / dpa

Sie haben das meiste Geld. Aber selbst die Konkurrenz erkennt an: Nicht nur deshalb sind die Baskets Bamberg so stark.

Berlin.  Vor Kurzem sollte Michael Stoschek 1,65 Millionen Euro bezahlen. Der 68-Jährige ist der Mäzen der Brose Baskets Bamberg. Es ging aber nicht etwa um das Gehalt eines besonders teuren Basketballspielers. Stoschek hatte an seinem Porsche Cabrio statt der üblichen Blechschilder etwas kleinere Klebekennzeichen angebracht, aus „technischen und ästhetischen Gründen“, wie er angab. Die Staatsanwaltschaft erteilte einen Strafbefehl. Der Vorwurf: Urkundenfälschung und Kennzeichenmissbrauch. Die hohe Summe ergab sich aus 55 Tagessätzen zu je 30.000 Euro, Grundlage war das Nettoeinkommen des Angeklagten. Einen höheren Strafsatz gibt es nicht.

Ein Mann finanziert zwei Drittel des Saisonetats

Aus dieser Episode lässt sich zweierlei herauslesen: Michael Stoschek, Chef des Fahrzeugteileherstellers Brose, hat viel Geld zu seiner freien Verfügung. Und er macht Dinge auf seine, für manche eigenwillige Art. Natürlich hat er sich gewehrt und das Amtsgericht Coburg das Verfahren Ende November eingestellt – gegen die Zahlung von 150.000 Euro. Das Geld ging zu zwei Dritteln an die Welthungerhilfe, zu einem an die Gefangenenfürsorge.

An diesem Sonntag (17 Uhr, Sport1) wird in der Mercedes-Benz Arena die Mannschaft vorspielen, in die Stoschek weit mehr investiert, rund 70 Prozent des 15-Millionen-Euro-Saisonetats. Der Tabellenzweite Alba Berlin empfängt den Bundesliga-Spitzenreiter. Mit ihrem Budget sind die Franken in Europa auf Platz elf angekommen, direkt vor Bayern München. Diese Klubs haben den Rest der Liga finanziell abgeschüttelt.

Bei Misserfolg wird vom Mäzen rigoros entschieden

Während sich andere damit arrangieren, München nicht mehr Paroli bieten zu können, geschieht in Franken das Gegenteil. In der wegen ihrer Basketball-Verrücktheit auch Freak City genannten Stadt, deren 6800 Zuschauer fassende Arena seit fast zehn Jahren permanent ausverkauft ist, herrscht die Stimmung: Wir lassen uns unseren Status der Nummer eins nicht nehmen. Sieben Mal in elf Jahren waren die Bamberger Deutscher Meister. Sie sagen: Jetzt erst recht!

Nun könnte die Konkurrenz aufheulen: ist ja einfach mit so viel Geld. Marco Baldi tut das nicht. Der Geschäftsführer von Alba Berlin lobt stattdessen: „Bamberg ist ganz klar das Maß der Dinge im deutschen Basketball. Alles, was sie dort tun, hat Hand und Fuß. Das Geld allein ist es nicht, man muss es auch umsetzen.“ Manchmal kommt dabei die Ungeduld des Mäzens zum Vorschein. Als die Saison 2013/14 enttäuschend verlief, zog Stoschek Schlussstriche. Unter Trainer Chris Fleming, viermal Champion mit den Baskets – entlassen. Unter Wolfgang Heyder, über 16 Jahre Baumeister des Projektes Basketball in der Stadt – weg, ohne Abschied.

Halb Europa wollte Wanamaker- doch Bamberg hält ihn

Vielleicht war dies ein weiterer Antrieb, warum Basketball-Fan Stoschek danach in die Vollen griff: es allen zu zeigen, dass es auch ohne das Erfolgsduo geht. Mit Andrea Trinchieri (47) wurde ein italienischer Coach verpflichtet, den in Deutschland nicht viele kannten. An der Spitze der zehn neuen Spieler stand in Brad Wanamaker (26) ein Point Guard aus den USA, der zuvor den Sprung in die NBA nicht geschafft hatte, dafür in Italiens zweiter Liga, in Limoges/Frankreich und zuletzt in Pistoia/Italien unter Vertrag stand. Was die wenigsten, selbst in Franken, erwartet hatten: Das neue Team wurde auf Anhieb Meister.

Damit war der Ehrgeiz erst recht angestachelt. Halb Europa wollte Wanamaker – Stoschek hielt ihn. Als Glücksgriff erwies sich der Zugang Nicolo Melli, ein italienischer Nationalspieler, der noch bei der EM in Berlin unauffällig agierte, aber unter Trinchieri mal als bester Werfer, mal als stärkster Rebounder, Vorlagengeber oder Shotblocker herausragt.

Eines der besten Spielmacher-Trios in Europa

In Nikolaos Zisis wurde ein 32-jähriger Spielmacher hinzugefügt; mit dem erfahrenen Griechen, dem Letten Janis Strelnieks und Wanamaker hat die insgesamt noch recht junge Mannschaft eines der besten Aufbau-Trios in Europa unter Vertrag. Als Center Gabriel Olaseni nicht die Erwartungen erfüllte, wurde flugs Leon Radosevic nachverpflichtet, neben Yassin Idbihi und Lucca Staiger der dritte Ex-Berliner bei den Bambergern. Geld ist nicht alles, aber Geld kann helfen.

Der Basketball, den sie spielen, teamorientiert und leidenschaftlich, bringt ihnen viel Anerkennung. „Hohe individuelle Qualität, sehr gutes Coaching, großer Teamspirit“, schwärmt Alba-Trainer Sasa Obradovic, „sie teilen sich den Ball, fast wie Panathinaikos Athen in den besten Zeiten.“ Berlins Center Kresimir Loncar sagt: „Sie sind aktuell ein Topteam in Europa. Sie können sogar das Viertelfinale der Euroleague erreichen.“ Im Top 16 stehen sie bereits, während die Bayern noch schwer darum kämpfen.

Besser Stoschek investiert in Basketball als in Fußball

Im deutschen Basketball freuen sie sich über Bambergs starke internationale Auftritte. Sie helfen der ganzen Liga, so wie vergangene Saison der Erfolg Albas. „Ich finde es gut“, sagt Baldi, „wenn Stoschek massiv in Basketball investiert. Besser als in Fußball.“ Unschlagbar sind die Bamberger ja trotzdem nicht, unterlagen in Gießen und Frankfurt. „Natürlich“, sagt Baldi, „werden wir alles geben, was wir haben, um sie vor unseren Fans zu schlagen.“ Da hört die Sympathie auf.