Kleingärten werden immer beliebter. War der Schrebergarten früher ein Rückzugsraum rüstiger Rentner, haben nun immer mehr Familien mit Kindern Interesse an einem Grundstück im Grünen. Weil die Wartelisten immer länger werden, drängt der Bauminister Städte und Gemeinden jetzt sogar, neue Kleingartenanlagen zu erschließen.
Sie sind die grünen Oasen im Betondschungel der Großstädte – und werden immer begehrter. Kleingartenvereine in Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg, München und dem Ruhrgebiet verzeichnen lange Wartelisten. „Immer mehr junge Familien verzichten auf das Eigenheim im Grünen. Sie wohnen lieber zur Miete und pachten einen Garten, um beruflich mobil sein zu können“, sagt Thomas Wagner, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde (BDG).
Dass die insgesamt 50.000 Hektar umfassenden Schrebergärten fast 150 Jahre nach dem Tod des namensgebenden Leipziger Arztes Daniel Gottlob Moritz Schreber in Deutschland bei jungen Menschen ihr Comeback feiern, dokumentiert nun auch eine Studie des Bundesbauministeriums. Die Autoren appellieren an die Kommunen, „Flächen für kleingärtnerische Nutzungen planungsrechtlich zu sichern“ und neue Anlagen nicht nur in Stadtrandbereichen, sondern „auch in innerstädtischen und wohnortnahen Lagen“ auszuweisen. Für Kommunen ist das ein Fingerzeig: Sie können über Gartenflächen auch die Attraktivität der Wohnungen ihrer Gesellschaften heben.
Zwar scheint das Kleingärtnerwesen auf den ersten Blick ein Tummelplatz der älteren Generationen zu sein. Mehr als ein Drittel der Pächter der 1,24 Mio. Kleingärten in Deutschland ist zwischen 65 und 75 Jahre alt. Das Durchschnittsalter beträgt fast 60 Jahre. „Das liegt aber daran, dass die meisten Kleingärtner ihre Parzelle bis ins hohe Alter hinein halten“, sagt BDG-Sprecher Wagner. Wie groß das Interesse der jüngeren Generationen ist, zeigt die BDG-Statistik: 45 Prozent aller Neuverpachtungen in den vergangenen fünf Jahren gingen an Familien mit Kindern.
Nach einer Umfrage des B.A.T. Freizeitforschungsinstituts ist in den vergangenen sechs Jahren die Zahl der Menschen, für die das Gärtnern die liebste Freizeitbeschäftigung ist, um zwölf Prozent gestiegen. Institutschef Horst Opaschowski spricht von einem neuen Trend zur „Verhäuslichung der Freizeit“. Der Garten stehe nicht länger nur für Werte wie Ruhe und Gelassenheit, sondern werde auch als Ort gesehen, an dem sich das kreative Potenzial wecken lasse. Längst bestimmen nicht mehr Gartenzwerge und Vereinsmeierei das Geschehen. „Bei jungen Leuten in Berlin ist es hipp, Partys im eigenen Garten zu feiern“, sagt Wagner. Mit 70.600 Kleingärten führt die Bundeshauptstadt die Rangliste an. An zweiter Stelle folgt Hamburg mit 36.000 Parzellen.
Hinter der Renaissance des Gartens stecke mehr als nur ein kurzlebiger Lifestyle-Trend, meint Wagner. „Weil immer mehr junge Familien sich ein eigenes Heim nicht mehr leisten können oder wollen, wächst das Interesse am Kleingarten.“ Hauptursache dafür sei die gestiegene Anforderung an die Mobilität der Arbeitnehmer. Wagner: „Wer nicht weiß, in welcher Stadt er in drei Jahren arbeitet, wohnt zur Miete und pachtet sich über seinen Garten ein Stück Natur.“
Zudem sind die Pachtkosten gering. Nach den Vorgaben im Bundeskleingartengesetz darf die Pacht der bis zu 400 Quadratmeter großen Parzellen maximal 40 Cent pro Quadratmeter und Jahr betragen. Die höchstmögliche Pacht beträgt damit 160 Euro pro Jahr. Auch die Abstandszahlungen bei der Übernahme sind mit Kosten zwischen 1000 und 5000 Euro vergleichsweise gering. Die Summe wird nicht frei ausgehandelt, sondern von den Wertgutachtern der Kleingartenvereine ermittelt. „Luxusausstattungen in der Laube werden dabei nicht erfasst“, sagt Wagner. Wird der Garten gut gepflegt, könne der Pächter damit rechnen, die Ablösesumme in vollem Umfang zurückzuerhalten, wenn er die Parzelle einmal abtritt. rhai
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