Morgenpost-Ratgeber

Familienrecht: Dürfen wir unseren Sohn rauswerfen?

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Lisa Frühbeis Illustration "Nesthocker"

Lisa Frühbeis Illustration "Nesthocker"

Foto: Lisa Frühbeis

Eltern müssen ihre erwachsenen Kinder nicht bei sich wohnen lassen. Ihnen einfach den Stuhl vor die Tür stellen dürfen sie aber nicht.

Werner C., Berlin: Wir kümmern uns um unseren 27 Jahre alten Sohn. Meine Frau und ich sind zu 100 Prozent schwerbehindert (gehörlos) und bekommen Depressionen. Seit drei Jahren geht unser Sohn, der nicht behindert ist, nicht zum Arbeitsamt, um sich dort anzumelden. Er sitzt nur in seinem Zimmer , raucht Cannabis und verpestet damit unsere Wohnung. Wir hatten uns früher schon einmal an das Sozialamt und an die Polizei gewandt, dort allerdings nichts erreicht. Können wir den Sohn aus unserer Wohnung rauswerfen? Und wie können wir da vorgehen?

Familienrechtsexperte Dr. Max Braeuer erklärt die Rechtslage: Sie waren trotz Ihrer Behinderung früher, als Ihr Sohn noch klein war, verpflichtet, ihn zu versorgen und ihm dazu auch ein Zimmer in Ihrer Wohnung zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung ist beendet, seit Ihr Sohn erwachsen ist. Volljährig geworden ist er mit 18 Jahren. Jetzt ist er 27. Er kann von Ihnen, seinen Eltern als Erwachsener keine Unterstützung und keinen Unterhalt mehr verlangen, sondern muss seinen Lebensunterhalt selbst verdienen.

Er hat deshalb auch keinen Anspruch darauf, weiterhin in dem Zimmer in Ihrer Wohnung zu leben. Diesen Anspruch hätte er nicht einmal dann, wenn seine Eltern ohne Behinderung wären, und auch dann nicht, wenn er seinen Lebensunterhalt selbst verdienen würde. Es gilt generell: Kinder können keinen Anspruch darauf erheben, auch als Erwachsene noch in der Wohnung ihrer Eltern zu bleiben, wenn die Eltern das nicht möchten.

Rauswurf nur mit Hilfe des Familiengerichts

Hinauswerfen im wörtlichen Sinne können Sie ihn trotzdem nicht. Sie können ihm nicht einfach den Stuhl vor die Tür setzen. Sie dürfen ihm auch nicht, wenn er mal ausgegangen ist, den Zutritt zur Wohnung verwehren oder gar das Schloss austauschen. Um ihn aus der Wohnung zu drängen, müssen Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Zuständig dafür ist das Familiengericht. Den entsprechenden Antrag können Sie allerdings nicht selbst stellen, sondern müssen dafür einen Rechtsanwalt beauftragen. Allerdings ist anzunehmen, dass es ihr Sohn soweit nicht kommen lassen wird. Wenn Sie ihm deutlich vor Augen führen, dass Sie vorhaben, ihn notfalls mit Gerichtshilfe aus der Wohnung zu setzen, wird er sich vermutlich doch um eine eigene Bleibe kümmern.

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