Erstmals hat deshalb das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg trotz einiger methodischer Schwierigkeiten Daten über Berliner Migranten zusammengestellt.
Demnach kommen zu den rund 470 000 registrierten Ausländern noch einmal etwa 393 000 Deutsche mit Migrationshintergrund. Addiert man beide Zahlen, ergibt sich, dass jeder vierte Hauptstädter seine Wurzeln außerhalb Deutschlands hat.
Im Bundesdurchschnitt liegt der Anteil mit 18,4 Prozent deutlich niedriger.
Viele Migranten in Ost-Bezirken
Fast 43 Prozent der Berliner Kinder bis 15 Jahre stammen aus Einwandererfamilien, wobei in der ganz jungen Altersgruppe die deutschen Staatsbürger stärker vertreten sind als die Ausländer. Das ist eine Folge des seit 2000 reformierten Staatsangehörigkeitsrechts, das die Einbürgerung für hierzulande geborene Kinder erheblich erleichtert hat.
In den westlichen Bezirken hat jeder dritte Bewohner einen Migrationshintergrund. In Mitte stellen sie 44,5 Prozent der Menschen, in Neukölln 38,7 und in Friedrichshain-Kreuzberg 36,6 Prozent.
Berlins Integrationsbeauftragter Günter Piening sagte, es werde in den vier großen Innenstadtbezirken normal sein, dass an den weiterführenden Schulen zwei Drittel der Schüler aus Einwandererfamilien stammten.
Aber auch die östlichen Bezirke der Stadt werden stärker durch Zuwanderung aus dem Ausland geprägt, als sich aufgrund der bisherigen, an der Staatsbürgerschaft ausgerichteten Erhebungen erwarten ließ. Lichtenberg kommt auf fast 16 Prozent Zuwanderer, auch in Pankow und Marzahn-Hellersdorf liegt der Anteil deutlich über zehn Prozent. Nur Treptow-Köpenick unterschreitet knapp diese Marke. Völlig unabhängig von einer weiteren Zuwanderung nach Berlin wird der Anteil der Migranten an der Gesamtbevölkerung steigen. Denn das Durchschnittsalter der Ur-Deutschen liegt mit 42 Jahren fünf Jahre über dem der Zugewanderten. Entsprechend jung sind die Bezirke mit hohem Migrantenanteil.
Aber die Stadt muss sich auch auf eingewanderte Bürger im Seniorenalter einstellen. Schon ist in einigen Bezirken jeder dritte Bürger über 55 ein Migrant. Krankenhäuser und Senioreneinrichtungen müssten sich für Menschen aus anderen Kulturen stärker öffnen, forderte Piening.
In einzelnen Kiezen weisen mehr als zwei Drittel der Einwohner einen Migrationshintergrund auf. Am höchsten liegt der Anteil mit 68,1 Prozent rund um den Askanischen Platz nahe dem Anhalter Bahnhof in Kreuzberg, gefolgt von der Reinickendorfer Straße in Wedding und dem Rollberg-Viertel in Neukölln. Vor allem mit Blick auf die relativ gepflegten Neubauten am Anhalter Bahnhof sagte Piening, ein hoher Anteil von Einwanderern sei eben nicht gleichbedeutend mit "Problemkiez". Aber nicht nur in den klassischen Einwandererkiezen spielen die Neu-Berliner eine dominante Rolle. Auch in Teilen Spandaus, Wilmersdorfs oder Reinickendorfs ist jeder dritte Bürger nicht deutscher Herkunft.
Chancengleichheit gefordert
Die Statistiker verschweigen methodische Probleme ihrer Erhebung nicht. So zählen sie anders als die Integrationsbeauftragte des Bundes Kinder nicht mit, wenn nur ein Elternteil Migrationsmerkmale aufweist. Außerdem stellt sich die Frage, wie lange man Migrationshintergründe nachverfolgt.
Aus Sicht der Politik bieten die neuen Daten dennoch eine Grundlage für eine künftige Integrationspolitik. "Berlins Zukunft hängt wesentlich davon ab, wie Politik, Gesellschaft und Wirtschaft mit den Zuwanderern umgehen", sagte die Abgeordnete Susanne Kitschun (SPD). Bilkay Öney (Grüne) forderte vom Senat mehr Engagement, um Chancengleichheit zu schaffen.