Rund 210.000 Menschen haben am Samstag bei vier Großdemonstrationen für einen Ausstieg aus der Kernkraft demonstriert. Die Veranstalter sprachen von den bisher größten Anti-Atom-Protesten in Deutschland. Nach ihren Angaben beteiligten sich allein in Berlin rund 90.000 Menschen an der Demonstration. In Hamburg seien rund 50.000 Menschen und in Köln 40.000 Menschen auf die Straße gegangen. Rund 30.000 Teilnehmer zählten die Veranstalter in München.
Die Demonstrationen standen unter dem Motto "Fukushima mahnt: alle AKWs abschalten“. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus Anti-Atom-Initiativen, Umweltverbänden, Friedensorganisationen und Gewerkschaften. Auch Politiker der Oppositionsparteien im Bundestag reihten sich in die Demonstrationszüge ein.
"Die Antwort der Bundesregierung muss jetzt das Abschalten der Atomkraftwerke sein“, erklärten die Veranstalter. Die AKW müssten sofort vom Netz gehen. Die Katastrophe von Fukushima habe gezeigt, dass die Atomkraft unbeherrschbar und gefährlich sei. Die Bundesregierung werde sich täuschen, wenn sie hoffe, mit einem Moratorium für die Laufzeitverlängerungen und dem Einsetzen von Kommissionen die Bevölkerung beruhigen zu können.
Die Anti-Atom-Bewegung werde auch weiter für die Abschaltung jedes einzelnen Reaktors kämpfen und dafür auch demonstrieren. "Wer werden nicht zusehen, dass nach Ende des Moratoriums jetzt abgeschaltete AKW wieder ans Netz gehen“, unterstrichen die Veranstalter.
Spitzenpolitiker von Rot-Grün mischen sich unter die Demonstranten
In Berlin hatten auch SPD-Chef Sigmar Gabriel und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sowie die Fraktionschefs der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin und Renate Künast, an der Demonstration teilgenommen. Die Route führte auch an der CDU-Parteizentrale vorbei. In Köln beteiligte sich Grünen-Parteichefin an den Protesten.
Gabriel sagte am Rand der Berliner Demonstration, die große Beteiligung vor allem junger Leute zeige, dass die Menschen in Deutschland den Atomausstieg und eine beschleunigte Energiewende wollten. Sie hätten die Nase voll von den wahltaktischen Spielchen von Union und FDP.
Es gehe jetzt nicht, ein paar Atomkraftwerke kurz vor den Landtagswahlen vorübergehend stillzulegen, mahnte Gabriel. Die ältesten Atomkraftwerke müssten sofort und endgültig vom Netz. Alle anderen müssten anhand moderner Sicherheitsanforderungen überprüft und dann nach und nach abgeschaltet werden. Deutschland habe die Chance, neue Jobs im Bereich der erneuerbaren Energien zu schaffen. Das gehe aber nur bei einer sofortigen Rückkehr zum Atomausstieg.
DGB-Chef Michael Sommer bezeichnete die Atomkraft als nicht beherrschbar für den Menschen. Die Atomenergie sei keine Brückentechnologie. "Diese Brücke ist in Fukushima endgültig eingestürzt“, sagte Sommer mit Blick auf die Reaktorkatastrophe in Japan.
"Ich will lachen, nicht strahlen"
Um 14.15 Uhr gedachten die Demonstrationsteilnehmer an den vier Standorten mit einer Schweigeminute den Opfern in Japan. Ansonsten machten die Teilnehmer der Kundgebungen ihre Nein zur Atomkraft lautstark und mit fantasievollen Plakate deutlich. "Sympathie für Atom endet wie das alte Rom“, war auf einem zu lesen. "Deutschland sucht den Super-GAU“ stand auf einem anderen Transparent. "Ich will lachen, nicht strahlen“, "Sonne, Wind, Wasser – alle da, keine Gefahr“ oder "Lieber einen Kollektor auf dem Dach als ein Atommülllager im Keller“, war in Köln auf Plakaten zu lesen. "Klarmachen zum Abschalten“ forderte die Piratenpartei. "Fukushima ist überall“, warnten Atomkraftgegner auf Transparenten in Hamburg.