Der sogenannte Islamische Staat hat sich am Dienstagnachmittag zu den verheerenden Anschlägen in der belgischen Hauptstadt Brüssel bekannt. Das meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine dem IS nahestende Agentur. IS-Kämpfer hätten "eine Bombenserie mit Sprengstoffgürteln und Sprengsätzen am Dienstag ausgeführt", meldete demnach die Agentur Amaq.
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Mehrere IS-Kämpfer hätten sich selbst in die Luft gesprengt. Belgien wird in der Nachricht als Land beschrieben, dass an der internationalen Koalition gegen den IS beteiligt sei. Die Echtheit des Bekenntnisses konnte zunächst nicht überprüft werden. Die Nachrichtenagentur Amaq hat in der Vergangenheit immer wieder Stellungnahmen des IS verbreitet. Sie gilt als eng mit der Terrormiliz verbunden.
In einem Bekennerschreiben wird den Ländern, die sich gegen den Islamischen Staat verbündet haben, "dunkle Tage als Antwort auf ihre Aggression" versprochen."Was Euch erwartet, wird hart und bitter sein", heißt es in dem üblichen martialischen und schwülstigen Ton von Verlautbarungen der Terrororganisation. In der Stellungnahme wird das Vorgehen beschrieben, ohne bisher nicht bekannte Details zu erwähnen.
Bei zwei Explosionen am Brüsseler Flughafen hatte es am Dienstagmorgen zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Die Justiz bestätigte, dass sich dabei mindestens ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt habe. Eine dritte Bombe habe erfolgreich entschärft werden können, meldete am Nachmittag derr Sender RTBF.
Rund eine Stunde später detonierte ein Sprengsatz in der Metro im EU-Viertel der belgischen Hauptstadt.In der Innenstadt war nach den Detonationen am Airport in der U-Bahn-Station Maelbeek mitten im Berufsverkehr ein weiterer Sprengsatz in einem Waggon explodiert. Der Bahnhof liegt nur eine Station von mehreren wichtigen EU-Institutionen entfernt. Rauch drang aus dem Bahnhof, die Menschen flohen in Panik ins Freie. Der Sprengsatz in der Metro explodierte, als der Zug aus der Station Maelbeek Richtung Innenstadt abfuhr. Ein U-Bahnwaggon wurde völlig zerstört. Auf dem Gehweg vor der Metro-Station auf der Rue de la Loi kümmerten sich Sanitäter um die Verletzten.
Die Zahlen der Opfer schwankten stark. Nachdem zunächst von 34 Toten und 187 Verletzten die Rede war, sprach das belgische Krisenzentrum am Nachmittag von 30 Toten, 20 in der U-Bahn, zehn am Flughafen. Rund 230 Menschen sollen demnach verletzt worden sein, 100 am Flughafen, weitere 130 in der U-Bahn-Station Maelbeek.
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Bei allen drei Attentaten seien selbstgebaute Rohrbomben zum Einsatz gekommen, die auch mit Nägeln gefüllt gewesen seien. Darauf wiesen die Verletzungen der Opfer hin, meldete der TV-Sender VRT. Später stellte sich jedoch heraus, dass zumindest am Flughafen Sprengstoffwesten zum Einsatz kamen. Das Rote Kreuz rief zu Blutspenden auf.
Alle U-Bahn-Stationen in Brüssel wurden daraufhin geschlossen, Zug- und Flugverkehr eingestellt. Die Staatsanwaltschaft nahm Antiterror-Ermittlungen auf. In Belgien gilt jetzt die höchste Terrorwarnstufe.
Die Explosionen am Flughafen ereigneten sich kurz nach 8 Uhr in der Abflughalle in der dritten Etage des Gebäudes. Das bestätigte der Flughafen. Eine soll sich in der Nähe des Schalters der Fluglinie "American Airlines" im Terminal A ereignet haben, die zweite am Schalter der Linie "Brussels Airlines", berichtete der Sender BBC. Rauchsäulen stiegen auf. Offenbar wurde ein weiteres verdächtiges Paket am Flughafen entdeckt, wie die belgische Zeitung "De Morgen" schrieb. Es wurde später gesprengt. Der Sender RTBF berichtete, in der Abflughalle sei eine Kalaschnikow gefunden worden.
Auch aus der Innenstadt schreckten weitere Meldungen über Explosionen die Menschen auf. Auch hier soll es sich aber um die Sprengung von verdächtigen Gegenständen gehandelt haben.
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Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter waren Bilder von Trümmern und Splittern zu sehen. In einer der Hallen stürzte durch die Wucht der Explosionen die Deckenverkleidung herab. Eine riesige Glasfront wurde völlig zerstört. Unter den Menschen brach Panik aus, viele ließen ihr Gepäck einfach liegen und rannten ziellos davon, berichtete die belgische Zeitung "Derniere Heure".
Augenzeugenberichte, dass vor den Explosionen am Airport Schüsse gefallen seien und arabische Rufe ausgestoßen wurden, wurden bisher nicht bestätigt.
Rettungskräfte waren innerhalb kurzer Zeit vor Ort. Der Flughafen wurde gesperrt und evakuiert, der Bahnverkehr zum Airport unterbrochen. Auch der Flugverkehr kam zum Erliegen, Flüge wurden zum Flughafen Lüttich und Straßburg umgeleitet. Das berichtete der Sender La Première unter Berufung auf die belgische Flugaufsichtsbehörde Belgocontrol. Passagiere, die bereits in Brüssel in den Maschinen saßen, mussten diese wieder verlassen und versammelten sich auf dem Rollfeld. Sicherheitskräfte untersuchten auch Flugzeuge, ob dort Sprengsätze deponiert wurden. Erst Stunden später wurden die verängstigten Menschen in Bussen vom Flughafen in Sicherheit gebracht.
„Wir haben die Explosion gespürt. Das Gebäude erzitterte, obwohl es sehr stabil gebaut ist. Wir sind alle rausgelaufen“, erzählt Rodolphe Devilez, der zum Zeitpunkt des U-Bahn-Anschlags in einer Garage neben der Metro-Station Maelbeek arbeitete. „Wir sahen Menschen aus der Metro rennen, manche mit Brandverletzungen. Haare waren versengt, Gesichter verletzt.“ Devilez ist sichtlich schockiert: „Es waren auch Kinder dabei. Ein kleines Mädchen hat weinend seine Mutter gesucht.“
Am Flughafen war die Wucht der Detonation so groß, dass die riesigen Fensterscheiben am Terminal herausgesprengt wurden. Fotos zeigen, dass die Deckenverkleidung zu Boden gestürzt ist. „Wir waren in einem Buchladen, haben eine Explosion gehört, dann einen zweiten großen Knall“, sagt eine Frau, die das geschehen am Flughafen erlebte. „Wir haben die Wucht der Explosion gespürt“, fügt sie hinzu, „dann haben wir Menschen rennen gesehen.“ Schließlich seien sie in Sicherheit gebracht worden: „Wir sind zu Fuß vom Flughafengelände gegangen.“
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Die Explosionen ereigneten sich vier Tage nach der Festnahme von Salah Abdeslam im Brüsseler Vorort Molenbeek, dem vermutlichen Haupttäter der Anschläge von Paris im November 2015. Ob es einen Zusammenhang gibt, ist aber noch unklar. Der 26 Jahre alte Abdeslam soll in einem eigenen terroristischen Netzwerk aktiv gewesen sein und dort mindestens 30 Unterstützer haben. Bei seiner Verhaftung wurde auch ein Arsenal mit schweren Waffen sichergestellt.
Belgische Medien veröffentlichten ein Foto einer Sicherheitskamera am Flughafen, auf dem angeblich Verdächtige vor dem Anschlag zu sehen sein sollen. Allerdings ist noch unklar, um wen es sich bei den Männern handeln könnte. Demnach fahnde die belgische Polizei mit diesem Foto nach dem rechten Mann.
Wie belgische Medien berichten, könnte es sich bei den beiden linken Männern um die Selbstmordattentäter vom Flughafen handeln. Sie sind vor allem verdächtig, weil sie jeder nur einen schwarzen Lederhandschuh an der linken Hand tragen. Diese könnten die Auslöser für die Sprengstoffwesten verborgen haben. Der dritte Mann könnte die dritte Bombe gelegt und geflohen sein. Ein dritter Sprengsatz war am Flughafen entschärft worden. Die Polizei bestätigte, dass sie den Mann mit dem Hut suche und veröffentlichte einen Fahndungsaufruf.
„Wir fürchteten einen Terroranschlag, und das ist eingetreten“, sagt Ministerpräsident Charles Michel in seiner ersten Reaktion nach den Anschlägen. Michel ruft die Bürger zur Ruhe auf.
Am Abend fanden Durchsuchungen an mehreren Orten in Belgien statt. Das sagte Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend. Die Ermittler gingen von zwei toten Selbstmordattentätern am Brüsseler Flughafen aus. Die Fahnder fanden eine Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), einen Sprengsatz und chemische Substanzen.
Rudi Vervoort, Präsident der belgischen Region Bruxelles-Capitale, sagte dem Sender Bel RTL, dass umgehend der Katastrophenplan aktiviert worden sei. Die Sicherheitskräfte schlossen zunächst nicht aus, dass weitere Explosionen folgen könnten. Menschen sollten sich vom Airport fernhalten. Alle Bahnhöfe in Brüssel wurden geschlossen. Die Zugverbindungen in die Nachbarländer wurden eingestellt. Belgiens Innenminister Jan Jambon kündigte an, 1600 zusätzliche Polizisten an den Grenzen und in Zügen einzusetzen.
Die EU-Kommission wies alle Mitarbeiter an, die Bürogebäude nicht zu verlassen oder zu Hause zu bleiben. Das Viertel wurde komplett abgeriegelt. Die Sicherheitsvorkehrungen an den Atomkraftwerken des Landes wurden verstärkt. Die Kernkraftwerke Doel und Tihange wurden zum Teil evakuiert. Der französische Betreiber der beiden Anlagen Engie teilte am Dienstag mit, auf Ersuchen der belgischen Behörden seien Beschäftigte, die für den Betrieb der Anlagen nicht zwingend nötig sind, aufgefordert worden, das Gelände zu verlassen. Die Kernmannschaften seien aber geblieben, um den Betrieb zu überwachen.
Sodlaten patrouillieren durch Brüssel
Am Mittag wurde der Sitz der belgischen Rentenversicherung geräumt, da Sicherheitskräfte einen weiteren Anschlag nicht ausschließen konnten. Das belgische Krisenzentrum empfahl: "Bleiben Sie, wo Sie sind."
Schwer bewaffnete Soldaten patrouillieren am Dienstag wieder in Brüssels Straßen - seit den Anschlägen von Paris gehören sie in der EU-Hauptstadt an öffentlichen Orten, in Einkaufszentren, an Bahnhöfen, am Flughafen, in der Metro zum gewohnten Bild. Die jüngsten Anschläge hat das nicht verhindert.
„Wir haben Angst. So viele Tote“, klagt ein junge Frau vor einem Lebensmittelgeschäft in der Innenstadt. „Es könnte jeden von uns treffen.“
Auch an den deutschen Flughäfen wurden umgehend die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Der internationale Flughafen Zaventem bleibt noch bis mindestens Mittwoch 12.00 Uhr geschlossen. Das teilte das nationale Krisenzentrum am Dienstag in Brüssel mit. Laut der Nachrichtenagentur Belga könnten die Flugzeuge noch den gesamten Mittwoch am Boden bleiben. Die Agentur zitierte den Flughafenchef damit, dass eine Wiedereröffnung für Donnerstag geprüft werde.
Für etwa 1300 Reisende, die durch die Anschläge am Brüsseler Flughafen festsaßen, wurden derweil Massenunterkünfte mit Feldbetten organisiert, wie Belga weiter berichtete. Sie können die Nacht in einer Turnhalle im nahen Ort Zaventem verbringen, in einer Kaserne im nahen Peutie oder in einem Veranstaltungszentrum im zwanzig Kilometer entfernten Löwen.
Während die Stadt noch im Ausnahmezustand ist, breitet sich eine Welle der Hilfsbereitschaft in der geschockten Stadt aus. Unter dem Hashtag #OpenHouse bieten die Twitter-Anwender, die in der Stadt leben, den gestrandeten Menschen kostenlose Schlafmöglichkeiten an.
Angelehnt ist das Ganze an die Aktion #PorteOuverte von November. Nach der Terrornacht in Paris hatten die Bewohner der Stadt ihre Türen für Opfer und Überlebende geöffnet.Auch die Brüsseler Taxifahrer zeigen sich seht hilfsbereit. Sie fahren die Menschen bei Bedarf durch die Stadt und das kostenlos.
>>> Angehörige können sich unter der Telefonnummer Tel. 030 - 5000 3000 informieren. <<<
Facebook aktivierte seinen Safety-Check, auf dem sich Menschen als "sicher" markieren können. Zudem können Menschen nachsehen, ob sich jemand ihrer Freunde in dem Gebiet aufgehalten hat.
Das Auswärtige Amt in Berlin appelliert via Twitter:
Unter dem Hashtag #prayforbrussels äußerten sich Twitternutzer betroffen über die Anschläge in Belgien.
Video - die Anschläge in Brüssel:

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ordnete die Trauerbeflaggung für die obersten Bundesbehörden, deren Geschäftsbereiche sowie für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Bundesbehörden unterstehen, an, wie das Bundesinnenministerium am Dienstag in Berlin mitteilte. Dies geschehe als Zeichen der Anteilnahme und Solidarität mit den Belgiern.
"Euch wird der Zorn Gottes treffen"
Der Zentralrat der Muslime verurteilte die Terroranschläge von Brüssel scharf. „Wie bereits bei den Terrorattentaten in Istanbul und Ankara wollen die Verbrecher und Massenmörder Angst und Schrecken verbreiten und die Gesellschaft spalten“, erklärte sein Vorsitzender Aiman Mazyek am Dienstag laut Mitteilung in Köln. Allen Terroristen, „egal welcher Couleur“, müsse entgegnet werden: „Euch wird der Zorn Gottes und der gesamten Menschheit treffen. Diese Schandtaten werden niemals Erfolg haben.“hatte