Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) will nicht mehr und hat seinen Rücktritt angeboten - und zwar in einem Schreiben an CSU-Chef Horst Seehofer. Die Bundeskanzlerin wurde telefonisch von Glos' Wunsch informiert. Seehofer aber lehnt die Demission von Glos ab.

CSU-Chef Horst Seehofer hat das Rücktrittsangebot von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos abgelehnt. „Michael Glos hat mein Vertrauen. Ich habe Michael Glos in einem Telefonat mitgeteilt, dass ich dieser Bitte nicht entspreche“, sagte Seehofer nach Angaben eines Sprechers in München. Zuvor hatte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums gesagt, dass Glos sein Amt zur Verfügung stelle. Der genaue Termin blieb dabei fraglich. Die Entscheidung über den genauen Zeitpunkt liege bei CSU-Parteichef Seehofer. Unklar ist, ob Glos noch vor der Bundestagswahl im September sein Amt zur Verfügung stellt. Seehofer aber hat nun "Nein" gesagt. Bayerns Ministerpräsident bestimmt über die Zusammensetzung des Kabinetts - als CSU-Chef obliegt ihm die Entscheidung, mit welchen Personen die beiden Ministerposten besetzt werden, die die CSU inne hat. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dagegen hatte sich zu Glos' Wunsch nach Demission nicht geäußert, ebensowenig wie Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Nach Angaben der Zeitung "Bild am Sonntag" hatte sich Glos schriftlich an Seehoifer gewandt und dem CSU-Vorsitzenden seinen Rücktritt angeboten. "Ich bitte dich, mich von meinen Ministerpflichten zu entbinden", heißt es demnach in dem Schreiben von Glos an den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef. Der 64-jährige Glos schreibt weiter, nach dem schwachen Abschneiden der CSU bei der bayerischen Landtagswahl sei "Erneuerung, Gestaltungskraft und Glaubwürdigkeit mehr denn je gefragt". Wegen seines Alters wolle er nach der Bundestagswahl keinem Kabinett mehr angehören. Glos habe am Samstagnachmittag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Telefongespräch von seinem Brief an Seehofer unterrichtet.

Glos überrascht selbst Parteifreunde

Der Schritt Glos’ kam auch für Parteifreunde und Vertraute völlig überraschend. Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt sagte, er nehme die Nachricht „mit Respekt zu Kenntnis“. „Er hat eine sehr, sehr gute Arbeit geleistet“, erklärte er. Schmidt war von der Nachricht überrascht, obwohl er seit Jahren mit Glos befreundet war. In CSU-Kreisen hieß es, Glos habe souverän über sein Ausscheiden aus dem Amt entscheiden und einer Diskussion über seine Person auch in der eigenen Partei vor der Bundestagswahl zuvor kommen wollen.

Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn hat das Rücktrittsangebot von Bundeswirtschaftsminister Michel Glos (CSU) als überfällig bezeichnet. „Das wäre schon lange notwendig gewesen, hier einen Schnitt zu machen“, sagte Kuhn am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. „Wir brauchen in der Wirtschaftskrise einen aktiven Wirtschaftsminister, der seinen Job wirklich machen will und nicht einen, der eigentlich keine Lust hat.“ Kuhn kritisierte, Glos habe sich nicht ausreichend um die Wirtschaft gekümmert und habe in der aktuellen Krise den Eindruck erweckt, dass er nicht führe, sondern getrieben werde. Glos sei ja schon lange amtsmüde, fügte der Grünen-Politiker hinzu. „Er hat immer die Ausstrahlung gehabt, als wäre er eigentlich aus Versehen in das Amt gekommen.“

Der Minister und der Polizistenfuß

Zuletzt hatte Glos wegen einer Auseinandersetzung mit einem Berliner Polizisten Schlagzeilen gemacht. Der Fahrer des Ministers hatte einen Polizisten an einer Straßenabsperrung angefahren und am Fuß verletzt. Glos hatte den kasachischen Staatspräsidenten Nursultan Nasarbajew empfangen wollen, sein Wagen war aber an einer Absperrung in der Charlottenstraße in Mitte von dem Beamten nicht durchgelassen worden. Im Zuge der Auseinandersetzung fuhr der Dienstwagen nach Informationen von Morgenpost Online dem Beamten über den Fuß. Das Opfer gab zu Protokoll, der Politiker habe ihm mit dem Ende seiner Karriere gedroht. Über den Inhalt des Wortwechsels gibt es jedoch nach Angaben eines Polizeisprechers "unterschiedliche Darstellungen". Ein Sprecher des Ministers dementierte, dass Glos dem Polizisten gedroht habe.

Glos wandte sich anschließend in einem Schreiben an den Polizisten und drückte sein Bedauern aus. Das Zusammentreffen habe „unter keinem guten Stern“ gestanden, heißt es in dem Brief. Er sei in Eile gewesen. „Ihre Weigerung uns passieren zu lassen“ sei „in diesem Moment nur schwer verständlich“ gewesen. Glos betonte: „Falls ich unwirsch reagiert haben sollte, bedauere ich dies.“ Sein Ärger sei „inzwischen verraucht“, fügte er hinzu.

Minister, weil Edmund Stoiber flüchtete

Michael Glos ist zwar der erste Bundeswirtschaftsminister von der CSU – ein wirklich bekannter Kopf der Bundespolitik ist er in dem Amt aber nicht geworden. Vor der Übernahme des Ministeramtes nach der Bundestagswahl 2005 war Glos als Vorsitzender der CSU- Landesgruppe im Bundestag zwölf Jahre durchaus tonangebend. Dank seiner bayerisch-polterigen Kommentare war „der Michi“ ein beliebter Gesprächspartner – vor allem in der Zeit von Rot-Grün, als er die Grünen schon mal als „Öko-Stalinisten und ehemalige Terroristen“ beschimpfte. In den Bundestag war der gelernte Müllermeister und Inhaber eines mittelständischen Getreidemühlen- und Agrarbetriebes aus Prichsenstadt bei Schweinfurt bereits 1976 eingezogen – als damals jüngster CSU-Abgeordneter.

Sein Ministeramt verdankte der Vater zweier Kinder der Wankelmütigkeit seines damaligen CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der nach der Bundestagswahl 2005 eigentlich als Wirtschaftsminister nach Berlin wechseln sollte, aber kurzfristig kniff. An seiner Stelle wurde Glos ernannt, der zuvor schon als Verteidigungsminister im Gespräch gewesen war, den Posten aber nicht bekommen hatte.

"Schlaftablette auf zwei Beinen"

Doch er tat sich schwer, dauerhaft auf sich aufmerksam zu machen. Erst nach einem Umbau seines Ministeriums gelang es Glos, in der Öffentlichkeit mit eigenen Vorschlägen etwa zur Steuerpolitik, zu Mindestlöhnen und Mitarbeiterbeteiligung wahrgenommen zu werden. Grünen-Chef Fritz Kuhn nannte ihn eine „Schlaftablette auf zwei Beinen“. In der Auseinandersetzung mit Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) suchte er sein Profil zu schärfen – etwa wenn er sich immer wieder für die Atomenergie-Nutzung stark machte.