Wahl in Berlin

Michael Müller überschätzt seine Stärke

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Joachim Fahrun
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD)

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD)

Foto: Jörg Carstensen / dpa

Michael Müller ist mit seiner schwächelnden SPD kaum in der Lage, sich als mächtiger Anführer zu gebärden, meint Joachim Fahrun.

Es ist normal, dass in den Wochen vor der Wahl über die möglichen Regierungskoalitionen danach spekuliert wird. Ungewöhnlich hingegen ist es, wenn nicht Journalisten oder Politiker aus der zweiten Reihe solche Debatten anheizen, sondern der Spitzenkandidat der SPD. Nach Rot-Rot-Grün am Wochenende schwingt Michael Müller die Stadt auf Rot-Grün als seine Wunschoption ein. Damit zielt er auf seine Sozialdemokraten, die kaum etwas sehnlicher wünschen als ein Ende der Koalition mit der ungeliebten CDU. Und Müller möchte verdeutlichen, dass der verbreitete Wunsch in der Stadt nach Rot-Grün am besten mit einer Stimme für die SPD Realität werden könne.

Die Skepsis ist berechtigt

Aber womöglich unterschätzt Müller das Gedächtnis der Berliner – und die Kampagnenfähigkeit der Grünen. Die Grünen werden stets daran erinnern, wie Klaus Wowereit 2011 vor einem Bündnis der Grünen mit der CDU warnte, nur um dann seinerseits die Grünen zurückzustoßen und das Bündnis mit Frank Henkels CDU zu schmieden. Auch 2006 hatte die SPD die Linke als Koalitionspartner vorgezogen, obwohl es auch für Rot-Grün gereicht hätte. Müller war stets an führender Position dabei. Insofern ist die Skepsis berechtigt, wenn er jetzt seine Zuneigung zu den Grünen beschwört.

Der Regierende Bürgermeister überschätzt womöglich auch die eigene Stärke. Mit mageren 21 Prozent wie im aktuellen Berlin Trend ist Müller kaum in der Position, sich als mächtiger Anführer einer Regierung zu gebärden. Aber die SPD hat Schwierigkeiten, das Verhalten einer 40-Prozent-Volkspartei abzulegen und mögliche Partner auf Augenhöhe zu behandeln, wie das für ein sich abzeichnendes Dreierbündnis nötig sein wird. Und eine andere Frage steht im Raum: Wird es eigentlich Müller sein, der für die SPD verhandelt? Wenn er weit unterhalb seines Wahlziels von 30 Prozent einläuft, steht Müllers Führungsrolle in der Berliner SPD infrage.