Neubauten

Berlins Wohnungen sollen kleiner werden

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Isabell Jürgens und Joachim Fahrun

Foto: Laurin Schmid / dpa

In Berlin wird der Wohnraum knapp. Deshalb sollen landeseigene Neubauten entstehen, Senator Müller will aber deutlich kleinere Wohnungen.

Neubauwohnungen in der Hauptstadt müssen deutlich kleiner werden. Das fordert Berlins Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) im Interview mit der Berliner Morgenpost. Der Wunsch nach viel Wohnfläche, möglichst im Zentrum der Stadt, sei zwar verständlich, sagte der Senator. Jedoch sei es erforderlich, künftig wieder platzsparender zu bauen: „Dann erhalten einfach mehr Menschen das Privileg, in einer guten Lage der Stadt zu wohnen“, sagte Müller.

Der neuen Bevölkerungsprognose des Senats zufolge sollen in der Hauptstadt im Jahr 2030 rund 3,75 Millionen Menschen leben – rund 254.000 oder 7,2 Prozent mehr als heute. Die Hauptstadt-SPD hat deshalb ein Papier vorgelegt, wonach bis 2020 in Berlin 70.000 kommunale Wohnungen errichtet werden sollen. Das allein werde aber nicht reichen, um den Bedarf zu decken, räumte Müller ein. Immerhin sei aber die Anzahl der Baugenehmigungen im vergangenen Jahr auf rund 9000 gestiegen – nach 6000 im Jahr 2011. Außerdem seien Großprojekte von privaten Bauherren in der Umsetzung: Etwa in Lichterfelde mit 2000 Einheiten, an der Heidestraße in Mitte mit 2000 und in Adlershof mit 1000.

Allerdings werden die meisten dieser Gebäude außerhalb des S-Bahn-Ringes entstehen. Bauland in der Innenstadt ist zwei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer knapp geworden. „In keiner anderen Großstadt steht pro Einwohner so viel Wohnfläche zur Verfügung wie in Berlin, 40 Quadratmeter Wohnfläche pro Kopf“, sagte Müller. Noch vor zwei Jahren hatte der Wohnflächenverbrauch bei 38,7 Prozent gelegen.

Senator will Trend zu größeren Wohnungen stoppen

Während die durchschnittliche Berliner Wohnung nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg 71 Quadratmeter groß ist, werden insbesondere die neu gebauten Wohneinheiten immer größer. Während im Jahr 2003 eine neu errichtete Wohnung durchschnittlich über 108 Quadratmeter verfügte, waren es 2007 bereits 114 Quadratmeter. Im Jahr 2011 stieg die Zahl erneut auf nunmehr 115 Quadratmeter – und das, obwohl darin durchschnittlich nur knapp zwei Personen(1,82) leben.

Doch nicht nur die Wohnungen selbst müssten kleiner werden, so der Senator weiter, sondern es müsste angesichts der immer knapper werdenden innerstädtischen Bauflächen auch über Freiflächen und Bebauungsdichten neu nachgedacht werden. Nach dem aktuellen Flächennutzungsplan seien Baugrundstücke für bis zu 90.000 Wohnungen ausgewiesen. Es sei aber absehbar, dass dies nicht reichen werde. „Wir schauen weiter, ob wir Gewerbegrundstücke haben, die wir für Wohnungsbau umwidmen können“, sagte Müller.

Auch Zehngeschosser sollen kein Tabu mehr sein

Als Beispiel nannte der Senator etwa die Flächenreserven rund um das Tempelhofer Feld. Nach bisherigen Planungen können dort bis zu 4500 Wohnungen entstehen. „Ich könnte mir dort auch mehr vorstellen“, so Müller. Areale, die dort bislang als Gewerbefläche ausgewiesen seien, etwa entlang der Stadtautobahn, könne man auch in Wohnflächen umwandeln. Zudem müsse überprüft werden, ob es nicht möglich sei, an vielen Ecken mehr und auch höher zu bauen, als das nach den bisherigen Flächennutzungsplänen möglich sei. „Jedes Grundstück kann schließlich nur ein Mal bebaut werden“, sagte der Senator.

Auch Sieben- und sogar Zehngeschosser sollen kein Tabu mehr sein. Es gebe in der Stadt zahlreiche geeignete Orte, in denen eine höhere Bebauung als die in Berlin übliche Traufhöhe von rund 22 Metern vorstellbar sei. „Sicher passen Hochhäuser nicht in jeden Kiez, aber gerade in der Innenstadt haben wir noch viele Flächen, die Wohntürme gut vertragen könnten“, so der SPD-Politiker. Als Beispiele nannte Müller etwa das Areal am Osthafen in Friedrichshain oder den Alexanderplatz in Mitte.

Zudem lobte der Senator die Wohnungspolitik der großen Koalition. „Wir sind jetzt seit 14 Monaten an der Regierung, und in der Zeit ist eine ganze Menge passiert“, sagte Müller. „Es hat einen grundlegenden Wandel in der Wohnungspolitik gegeben, ich glaube, dies ist in der Stadt auch schon sehr spürbar.“