Die Sebastian-Fitzek-Verfilmung handelt zwar nicht von sozialen Netzwerken, dennoch ist es der Film der Stunde zum Facebook-Skandal.
Sie sind überall. Sie hacken sich in unsere Computer, Überwachungsmonitore und Sicherheitsanlagen. Sie können uns über unsere Smartwatches verfolgen. Und sogar unsere Autos steuern, während wir fahren. Dass die Verfilmung von „Das Joshua Profil“ gerade jetzt im Fernsehen läuft, da Facebook weltweit in der Kritik steht, ist natürlich reiner Zufall, aber auch treffliche Fügung.
In Sebastian Fitzeks Bestseller geht es zwar nicht um soziale Netzwerke, aber doch um unsere Daten, die in digitalen Zeiten gesammelt, abgeschöpft und missbraucht werden. Ohne dass wir das mitbekommen. Und immer wieder sind die Kamerabilder wie durch ein Display abgefilmt. Als ob uns jemand durch unsere Elektronik beobachtet.
Ein klaustrophobisches Spiel mit unseren Urängsten
Ein ganz normaler Familienvater gerät da plötzlich unter schrecklichen Verdacht. Max Rohde (Torben Liebrecht) ist ein eher glückloser Autor recht blutiger Bücher, dem man plötzlich selbst kriminelle Umtriebe unterstellt. Per Handy wird er gewarnt, er sei in großer Gefahr. Als er sich mit dem geheimnisvollen Anrufer treffen will, kommt der vor seinen Augen um. Als Max wieder nach Hause kommt, ist dort offenbar eingebrochen worden. Und seine Pflegetochter (Lina Hesker) liegt bewusstlos im Bett. Jemand hat ihr K.-o.-Tropfen verabreicht.

Die übereifrige Polizei durchsucht daraufhin die Wohnung nach Spuren und findet erst kompromittierende Fotos der Tochter in der Schublade des Vaters und später sogar gelöschte Kinderpornos auf dessen Computer. Der Fall scheint klar. Das Jugendamt schreitet ein. Und selbst seine Frau Kim (Franziska Weisz) kann Max nicht mehr vertrauen.
Ein Spiel mit Urängsten, dass unser Leben von einem Moment auf den anderen aus den Angeln gehoben werden könnte. Dass wir nicht mehr sind, wer wir sind, sondern wie man unsere digitalen Daten interpretiert. Max taucht schließlich unter, um seine Unschuld zu beweisen. Und kommt einer perfiden Verschwörung auf die Spur. Es geht um sogenannte Precrime-Verfahren, wie man das schon aus Steven Spielbergs Science-Fiction-Film „Minority Report“ kennt. Bei Fitzek hat eine Firma ein Softwareprogramm namens „Joshua“ entwickelt, mit dem Verbrechen vorhergesehen werden, bevor sie überhaupt begangen werden.

Im Fall des Krimi-Autors Max Rohde haben sich die Algorithmen verrechnet, der hat für seine Thriller recherchiert und nicht, weil er echte Verbrechen plante. Aber das Programm will verkauft werden. Deshalb darf es keine Fehler machen. Lieber hilft die Firma ein bisschen nach und lässt einen Unschuldigen als Verbrecher dastehen. Auch wenn das System damit verkehrt wird. Und das Programm Verbrechen evoziert, statt sie zu verhindern.
So will Fitzek auf seine Romanidee gekommen sein: Er hat für seine Thriller immer wieder Suchanfragen im Netz gestellt, von denen er sich selbst fragte, wie ein BKA die wohl interpretieren könnte. Er hat dann 2015 erst unter dem Pseudonym Max Rohde das Buch „Die Blutschule“ veröffentlicht, um kurz darauf unter dem richtigen Namen „Das Joshua Profil“ über seine Figur Max Rohde folgen zu lassen.
Obwohl er der Meinung ist, Verfilmungen zerstörten oft die Illusion der Leser, hat Fitzek selbst am Drehbuch dieses Films mitgeschrieben. Und absolviert gar einen Kurzauftritt. Als Max Rohde in einer Buchhandlung aus der „Blutschule“ liest, vor nur fünf Zuhörern, ist einer davon der Buchhändler. Den spielt Fitzek, und der rät Rohde, er möge es doch mal mit was Erotischem versuchen: „Thriller verkaufen sich nicht so in Deutschland“. Eine ironische Pointe. Mit seinen Thrillern führt Fitzek verlässlich die Buchcharts an.

Vorbei sind die Zeiten, als man im Fernsehen zu Ostern alte Bibelfilme zeigte. Beim „Joshua“-Profil hat man immerhin noch den Namen Jesu im Programm (auch wenn der für ein ziemlich teuflisches Unterfangen steht). Aber zumindest sendet RTL damit an Karfreitag eine TV-Premiere und nicht nur, wie sonst üblich an Feiertagen, alte Film-Konserven.
Oscarpreisträger Jochen Alexander Freydank hat Fitzeks Buch zu einem spannenden, mitunter klaustrophobischen Film gegossen. Mitunter wirkt er indes zu gelackt. Der glücklose Autor ist so athletisch gebaut, wie man das aus Autorenkreisen eher selten kennt. Und er lebt, trotz seines bescheidenen Erfolgs in einer Luxusdachgeschosswohnung, wie sie sich auch Fitzek selbst gern leisten können wollte. Penetrant werden ganz viele Berlin-Hotspots ins Bild gerückt, ein konspiratives Gespräch findet sogar in einem Sightseeing-Bus statt. Als müsse man für den Stadttourismus werben. Diese Hochglanzoptik verträgt sich nicht recht mit der düsteren Handlung.
Trotzdem bibbert man mit dem unschuldig Verdächtigen mit. Leidet szenenweise an Paranoia. Und wird danach wohl kritisch auf seine Smart-Gerätschaften schauen. Alle Verschwörungstheorien, die mit der Digitalisierung zusammenhängen, mag man so-fort glauben. Bleib uns vom Hals, Siri.