Bernd von Kostka ist der neue Chef des Alliiertenmuseums. Es sollte nach Tempelhof ziehen. Doch daraus wird vorläufig nichts.

Bernd von Kostkas Welt ist die von Doppelagenten wie George Blake, Tunnelsystemen zwischen Ost- und West-Berlin und die Kinderluftbrücke. Der 53-Jährige Historiker hat darüber spannende Bücher geschrieben mit den Titeln „Hauptstadt der Spione“ und „Ferien vom Kalten Krieg“. Manchmal wird er auch als historischer Berater für Produktionen wie „Die Luftbrücke – Nur der Himmel war frei“ angefragt. Ein TV-Drama mit Heino Ferch, um die sowjetische Blockade West-Berlins 1948. Seit seinem Studium befasst er sich mit Besatzungspolitik. In rund zwei Wochen wird Kostka die kommissarische Leitung des Alliiertenmuseums in Zehlendorf übernehmen. Die bisherige Chefin Gundula Bavendamm wird Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung.

Bessere Anbindung, jüngeres Publikum, neues Konzept

Gut ist, er kennt das Haus von der Pike auf. Seit Beginn des Projektes 1994 ist er an Bord, angefangen hat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kurator, Ende der 90er-Jahre wurde er zum Stellvertretenden Leiter berufen. Er weiß, wie lange Gundula Bavendamm für den neuen Standort Flughafen Tempelhof gekämpft hat. Im November vergangenen Jahres kam endlich grünes Licht – der Bundestag bewilligte 27,1 Millionen Euro für den Umzug und Umbau des Hangars 7, er liegt nahe an der U6-Bahn, unweit des Bergmannkiezes. Doch nur wenige Wochen später ist die Realität eine andere, Tempelhof dient als große Flüchtlingsunterkunft.

Für Kostka heißt das: Umzugspläne drosseln und ab in die „Warteschlange“, das gleiche gilt auch für die Pläne der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und die Nationalgalerie, die in einem der Hangars ein temporäres Museum für die Zeit ihrer Sanierung einrichten wollte. Derzeit sieht es so aus, als wird der ehemalige Flughafen noch weiter als Notunterkunft ausgebaut. „Es kann nicht im Interesse Berlins sein, dass aus dem Gelände in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine eigene Kleinstadt für Flüchtlinge wird“, glaubt von Kostka, „das steht einer Integration diametral entgegen“.

Er spricht von einer „sichtbaren Verzögerung“. Kostka tut, was er tun muss in seiner Situation und so verbreitet er Optimismus. Was nicht passieren dürfte, sei die Verschiebung des Umzuges auf den Sankt Nimmerleinstag. Für die Erarbeitung eines „belastbaren Zeitplans“ hält er gute zwei Jahre für nötig. Im Sommer 2018, da muss klar sein, wohin der Weg des Alliiertenmuseums führt. Der Ausbau von Hangar 7 als Museum mit entsprechender Infrastruktur würde dann noch einmal fünf, sechs Jahre dauern.

Einen Plan B gibt es nicht. Was es gab, sind Berechnungen für den alten Standort in der Clayallee. Dort zu bleiben, hieße sanieren, – das alte US-Army-Kino steht unter Denkmalschutz – und neu zu bauen, das würde teurer kommen, als der geplante Umzug, erzählt von Kostka. Zumal der Umzug für mehr steht, als nur ein zentraleres, populäres Domizil und ein jüngeres Publikum, nämlich für eine komplette Neuaufstellung und inhaltliche Öffnung des Hauses. Die letzten Jahrzehnte verstand sich das Museum als Vermächtnis der Westalliierten, diente dazu, ihre Leistungen in Erinnerung zu halten. Das reicht nicht mehr, die alten Feindbilder haben ausgedient, künftig soll die Bedeutung der Alliierten deutlich stärker als bisher in die „nationale Geschichte der Teilung und die internationale Geschichte des Kalten Krieges“ eingebettet werden.

Hier geht es nicht mehr nur um ein „Stadtmuseum“ West-Berlin, zumal auch die sowjetische Seite stärker berücksichtigt werden muss, damit das „Zusammenspiel der Mächte“ deutlich wird, erzählt Bernd von Kostka. Als 1994 das Haus eröffnete, wusste fast jeder etwas mit dem Begriff der Alliierten anzufangen, das ist heute anders. Für die junge Generation müsse man die Dinge „historisch stärker einbetten und die Erzählung deutlicher formulieren“, so sagt das Kostka. Etwa 70.000 Besucher zählt das Haus im Jahr, für die Lage am Stadtrand jenseits der Touristenströme nicht ganz schlecht. Besonders im Sommer verzeichnet man regen Besuch eines älteren Publikums aus den USA und England, das eine persönliche Bindung an die Alliierten hat, Onkel, Tochter, Schwager, die hier schauen wollen, wie ihre Familienmitglieder damals in Berlin ihren Dienst taten. Mit mindestens 140.000 Gästen kalkuliert man pro Jahr im Flughafen Tempelhof.

Das Haus attraktiv halten durch Sonderausstellungen

Die Schwierigkeit der Übergangsphase bis zur endgültigen Entscheidung ist, dass Kostka das Haus attraktiv halten muss. Die Finanzierung der neuen Dauerausstellung ist an den Umzug nach Tempelhof gebunden. Und so haben Kostka und sein Team 200.000 Euro pro Jahr für eine Sonderaustellung zur Verfügung. Zurzeit läuft „Who was a Nazi?“ Bernd von Kostka steht jetzt vor einem ausgegrabenen Tunnelsegment. Jetzt sind wir mitten im Kalten Krieg.