Über das Kulturforum wird seit Jahren gestritten und debattiert – mit dem Zuschlag für das Museum der Moderne steht endlich der Weg offen für eine städtebauliche Lösung. Umso schöner, wenn sich jetzt gerade das hässliche Entlein unter den Museumsbauten auf der Betonschräge, das Kunstgewerbemuseum, neu erfindet.
Das Haus meldet sich nach drei Jahren Umbauzeit zurück, mit modernem Interieur und edler Ausstellungsarchitektur. Es schärft sein Profil mit einer kleinen, feinen Mode-Galerie. Die Eingangstür hat ein riesiges Bullauge, von hier sieht man die großen, roten 60er-Jahre-Schriftzüge MODE, FOYER und GARDEROBE. Retrofans wird das wohl gefallen, jedenfalls wird keiner den Weg verfehlen bei dieser klaren Wegführung.
Ein knallroter Zebrastreifen führt den Besucher zum Eingang, so als wandle er auf einem roten Teppich. Von hier steuert er direkt ins Fashion-Paradies hinein, auf der gegenüberliegenden Seite. Hinein in den schmalen Darkroom der großen Couturiers mit allerlei Korsagen, Stiefeletten und Accessoires. Vorbei an riesigen, dezent illuminierten Schaufenstern, manche 20 Quadratmeter groß, bald so als würde man direkt vorm KaDeWe flanieren. Von der Nachkriegsmode bis zum New Look und dem Sicherheitsnadel-Kleid einer Liz Hurley ist vieles auf dem Parcours vertreten.
Ein verqueres Betonmonster
Von außen freilich wirkt der Bau nach wie vor wie ein verqueres Betonmonster, da lässt sich wenig machen. Doch innen wurde kräftig ausgeräumt, wo früher alles vollgestellt war mit Exponaten. „Toll, als das Haus leer war“, sagt Sabine Thümmler, Chefin des Hauses, „da haben wir gemerkt, wie die Räume atmen. Die Reduktion entspricht heute dem Geist der Zeit.“
Die muffigen, braunen Teppiche flogen raus, die Lamellen von den Fenstern auch, sie machten das Museum zum Bunker. Da das Gebäude auf einem quadratischen Grundriss aufgebaut ist, kommt nun über den Innenhof Licht in die Räume. Und es gibt unerwartete Ausblicke hinein in den Stadtraum. Dort, wo man den Blick über eine Wiese hinweg auf die Österreichische Botschaft hat, in Richtung Tiergarten, da kann der Besucher auf einer langen, weißen Bank hocken und einfach hinausschauen. Schöner noch, vom Erdgeschoss aus gelangt der Besucher durch einen Verbindungsgang in die zentrale Halle des Kulturforums. Das wird auf jeden Fall beleben.
„Es bleibt clean!“, ruft Sabine Thümmler, so als kann sie es selbst kaum glauben, wie aufgeräumt das Museum in seiner Neugestaltung plötzlich wirkt. Weniger ist mehr, hier trifft es zu. Verantwortlich dafür ist das Architektentrio Kuehn Malvezzi, deren reduzierte architektonische Signatur an umgebauten Museen wie der Berlinischen Galerie, den Rieck-Hallen und dem Berggruen-Anbau in Berlin gleich mehrfach sichtbar ist. Ihr Motto lautet: „Größtmögliche Klarheit – mit minimalen Eingriffen“. Dazu gehören in den Ausstellungsräumen einfache Sockel, effektstark ausgeleuchtete Vitrinen und Leuchtkästen. Je schlichter, umso besser. Prunkmaterialien wie Marmor wird man bei den Berliner Architekten nicht sehen.
Ästhetik der Nachkriegsmoderne
Mit ihrer Sanierung huldigen die Architekten dem Rolf-Gutbrod-Bau, dessen Entwurf aus dem Jahr 1966 stammt. Hier dominiert die Ästhetik der Nachkriegsmoderne: der „béton brut“, also überall Sichtbeton und die offengelegten Konstruktionen des Baus, also die freien Geschosse, die Durchblicke zwischen den Etagen und vor allem die Blickachsen zwischen innen und außen. „Gutbrod wollte diese Landschaftsarchitektur, diese Verbindung zwischen Natur, Stadtraum und Museum“, sagt Sabine Thümmler. 1985 wurde der Neubau am Kulturforum eingeweiht, damals hätte „man Gutbrods Prinzip nicht mehr verstanden“, meint Thümmler. So baute man das Haus zu. Ein bisschen so war es auch beim Amerika Haus, das sich über die Jahrzehnte immer mehr nach innen verschloss, bis es nun erst im Geist der 50er-Jahre freigelegt wurde.
7000 Quadratmeter stehen zur Verfügung, um die Sammlungsbereiche Mode, Design, Jugendstil, Mittelalter, Renaissance mit den spektakulären Exponaten wie dem Welfenschatz und dem Lüneburger Ratssilber zu präsentieren. Diese beide Schätze allerdings befinden sich noch in den alten Räumlichkeiten, die noch nicht erneuert wurden. Das wird man noch peu à peu machen, wenn Geld da ist. Auch die Sonderausstellungshalle wird erst nächstes Jahr eröffnen. Allein von den Möbeln lagern 80 Prozent im Depot. So kann man nur eine kleine Auswahl der Interieurs von Richard Riemerschmid und Henry van de Velde betrachten. Im Obergeschoss wird der Jugendstil und Art déco im neuen Vitrinen-Look präsentiert, im ersten Kabinett sind Exponate der Pariser Weltausstellung zu sehen: Schmuckstücke von René Lalique, Glas von Tiffany, Engelsfiguren von Sèvres, Keramik von KPM und Meissen.
Sabine Thümmler möchte uns nun Jesper Jensens Gläser zeigen – der Berliner Glasbläser recycelt Gefäße aus alten Weinflaschen. „Made in Berlin“ ist schließlich auch eine Design-Marke. Auch junge Berliner Mode-Label sollen künftig wieder vorgestellt werden. „Wir wollen“, meint Sabine Thümmler, „mit den Ideen aus Berlin leben.“
Kunstgewerbemuseum, Matthäikirchplatz, Eröffnungswochenende ab Sonnabend, ab 11 Uhr.