Theater

Jochen Busse überzeugt als US-Staatsoberhaupt

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Katrin Pauly

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Jochen Busse steht zurzeit in der Komödie am Kurfürstendamm als US-Präsident auf der Bühne. Der Schauspieler sorgt in der Polit-Satire „November“ für zahlreiche komische Momente.

Es läuft nicht gut für Charles „Chucky“ Smith. Gar nicht gut. Er bräuchte dringend Geld, um sein Ding durchzuziehen. Viel Geld. Nun ist er kein Mafiaboss, sondern Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, was an seinen Motiven wenig ändert, bei den Methoden jedoch hält er sich an die in seinen Kreisen üblichen Mittel: Korruption, Bestechung und gezielte Instrumentalisierung der Presse. Ohne Rücksicht auf Verluste, weshalb als Kollateralschaden in diesem wahnwitzigen Wahlkampf zwei tote Truthähne hinzunehmen sind.

Ein armes Würstchen

Oh ja, der amerikanische Dramatiker David Mamet hatte ganz offensichtlich eine ordentliche Wut im Bauch, als er 2008, gegen Ende der Bush-Ära, seine Polit-Satire „November“ schrieb. Nun ist Amerika nicht Deutschland. Oder doch? Martin Woelffer, Direktor der Kudammbühnen, hatte natürlich den deutschen Wahl-September im Sinn als er den amerikanischen „November“ auf seinen Sommerspielplan setzte. Am Sonntag feierte die Koproduktion mit dem Düsseldorfer Theater an der Kö auf dem Kudamm Berlin-Premiere.

Gespielt wird dieser amerikanische Präsident, dessen Umfrageergebnisse kurz vor den Wahlen im Keller und dessen Kassen leer sind, von Kabarett-Urgestein Jochen Busse. Dem 72-Jährigen ist keine politische Phrase fremd und wie er auch diesem Präsidenten die Worte im Mund zerkaut, wie er in seinem gepressten Tonfall die Pointen zielgerichtet zündet, dabei puterrot anläuft und dann so ehrlich überrascht schaut, als hätte er es gar nicht komisch gemeint, das ist wahrlich Busse at his best.

Bauernschlau und unbedarft

Zusätzliche Komik gewinnt die Figur dadurch, dass diese US-Number-One im Grunde ein ganz armes Würstchen in der Krise seines Lebens ist. Dabei bei Busse bauernschlau wie ein rheinischer Kartoffelzüchter und gleichzeitig unbedarft wie Pippi Langstrumpf, dessen Credo „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ bei einem US-Präsidenten freilich ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt.

Vor allem braucht es Leute, die da mitspielen. Tun sie aber nicht. Der Vorsitzende des Verbandes der Truthahnzüchter (Aykut Kayacik als Cowboy-Sensibelchen) will für die traditionelle Truthahn-Begnadigungs-Zeremonie vor Thanksgiving durch den Präsidenten nicht mehr zahlen als in den Vorjahren. Auch die Schweinezüchter-Lobby und die Thunfischfreunde lassen ihn abblitzen. Stattdessen hat er einen aufgebrachten Indianerhäuptling (André Beyer) am Hals und bekommt selbst aus den eigenen Reihen Gegenwind.

Etwas in die Jahre gekommen

Seine Redenschreiberin Clarice Bernstein (Ute Willing) verweigert ihm die passenden Worte, so lange er nicht bereit ist, sie öffentlich im TV zu trauen. Mit ihrer Lebensgefährtin. Zusammen haben sie gerade ein Baby aus China adoptiert. Was wiederum der Truthahn-Typ gar nicht lustig findet. Wegen der Vogelgrippe. Der einzige, der hier noch halbwegs den Überblick hat, ist Chuckys Staatssekretär Archer Brown, gespielt von René Heinersdorff, der bei diesem politisch völlig inkorrekten Abend auch Regie führte.

Keine Frage, Busse rockt das (als Bühnenbild nachgestellte) Oval Office, was mehr als darüber hinweghilft, dass „November“ schon etwas in die Jahre gekommen ist, weil doch sehr deutlich auf die Bush-Präsidentschaft zugeschnitten. Da tun ein paar geschickt eingestreute Aktualisierungen not, weshalb auch von einem in Schieflage geratenen Fußballvereinspräsidenten die Rede ist, von geheimen Kreditkartendaten und davon, dass der diplomatische Dienst in Moskau auch so seine Vorteile habe, es solle dort sehr schöne Transit-Räume geben.

Am Ende wird, zumindest im Stück, noch alles gut: Das lesbische Paar darf heiraten, der Präsident wird mit dem Indianer ein Spielcasino im Naturschutzreservat gründen und Staatssekretär Archie? Telefoniert mit Deutschland. Er sei ein super Wahlhelfer, versichert er: „Das schafft deine Frau nicht alleine, Peer.“

Bis zum 25. August in der Komödie am Kurfürstendamm, Kurfürstendamm 206/209 Kartentel. 88 59 11 88