Berlin. Es ist die erste gemeinsame Probe des Vokalensembles und der Band zusammen mit dem Rapper Kelvyn Colt. Die Energie schwingt im Proberaum. Die Band beginnt zu spielen, der Beat setzt ein, hallt zwischen den Wänden des alten Industriegebäudes wider.
„A Song“ ruft Noah Slee, der Leiter des Vokalensembles, „for you” antworten die 40 Sängerinnen und Sänger. „A Song“ – „for you“ und ein drittes Mal: „A Song“ – „for you“. Der Chor beginnt zu singen, Colt rappt die erste Strophe von „Memories“, beim Refrain setzen alle ein, singen zusammen. Es ist die erste gemeinsame Probe für die Performance „Expressions: In the Garden“, die am Freitagabend im Rahmen des Kultursommerfestivals in den Gärten der Welt stattfinden wird.
Eine Plattform für Talente der Berliner Neo-Soul, RnB und Hip-Hop Szene
„Expressions: In The Garden“ ist ein von Dhanesh Jayaselan kuratiertes Live-Musik- und Performance Event. Zusammen mit dem Vokalensemble „A Song for You“ und dem „The Expressions Orchestra“ werden Künstlerinnen und Künstler wie eben der Rapper Kelvyn Colt, aber auch LARY, Lyra Pramuk, Moses Yoofee Trio und Noah Slee selbst performen. Und auch ein Tanzensemble, „Movement Seven“, wird auftreten.
Geburtsstunde des Projekts war im Mai vergangenen Jahres, als Jayaselan und Slee gemeinsam die Idee von „A Song for You“ entwickelten. Jayaselan erzählt, dass er zusammen mit Slee eine Theaterproduktion besuchte, die sich selbst als „diverse Produktion“ vermarktete. „Wir waren etwas enttäuscht von dem, was wir bei dem Event sahen, fühlten.“
Die beiden beschlossen, einen Rahmen zu kreieren, Talente zusammenzuführen und ihnen eine Plattform zu bieten. Und sie wollten eine größere internationale Wahrnehmung der Berliner Neo-Soul, RnB und Hip-Hop Szene schaffen: „Wir sind von so vielen Talenten umgeben, die nicht das Rampenlicht, nicht die Bühne in dieser Musikszene in Berlin bekommen, die ihnen zusteht“, sagt Jayaselan.
Ein geschützter Raum für alle Beteiligten
Wo genau die Reise hingehen sollte, war damals noch offen. Welche Größe das Projekt annehmen würde, nicht absehbar. Wichtig war und ist die Gemeinschaft, betont Jayaselan, und die Musik: „Wir kreieren Musik in dem Moment aus dem Moment heraus.“ Dabei ist „A Song for You” mehr als ein herkömmlicher Chor: „A Song for You ist wie ein Baum, der viele verschiedene Äste getrieben hat: Eventserien, Kurationen, Performance-Kunst – ob Musik, Tanzen oder Theater“, erklärt Jayaselan und fügt hinzu: „Wir spielen nicht nur Konzerte, wir integrieren jede Art der Performance-Kunst.“
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„A Song for You” ist auch ein Safer-Space, ein geschützter Raum, für die gut 50 beteiligten, zum Großteil nicht-weißen Künstlerinnen und Künstler. „Wir wollten einen Raum schaffen für Menschen wie uns, für Menschen, die aus Cultures of Color kommen. Einen Raum, in dem wir frei sein können von all den Dingen, die passieren, wenn wir draußen unterwegs sind, auf der Straße, im Bus, am Arbeitsplatz“, so Jayaselan und fügt hinzu: „Wir wollen uns nicht erklären, unser Ziel ist es zusammenzukommen, zu feiern und zu teilen.“
Kelvyn Colt: „Ich fühle mich geehrt, Teil davon sein zu dürfen“
Mittlerweile hat das Projekt schon ein halbes Dutzend großer Auftritte gehabt, unter anderem eine Show in der Berliner Volksbühne. Auch hat „A Song for You“ bereits mit einigen erfolgreichen nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern zusammengearbeitet. Vor allem ihr Social Media Auftritt hat sie bekannt gemacht. So ist auch der Rapper Kelyn Colt bereits letztes Jahr auf das Projekt aufmerksam geworden.
Colt erzählt, dass das Projekt ihn von Anfang an in Bann gezogen hätte. Mitbegründer Slee, der ein Freund des international erfolgreichen Rappers ist, hätte ihm von der anstehenden „Expressions: In the Garden“-Show erzählt. Und Colt war sofort begeistert. „Ich fühle mich geehrt, Teil davon sein zu dürfen.“ Das Projekt sei eine Bereicherung für die Berliner Musik- und Kulturszene. „Es fühlt sich wie ein Safe-Space an. Es sind sehr viele People of Color dabei. Und gerade war das Catering da und es gab westafrikanisches Essen. Das ist toll,“ schwärmt Colt, der in Wiesbaden aufgewachsen ist und mittlerweile in den USA lebt.
Ohne das Kultursommer Festival wäre die Umsetzung so nicht möglich
„Expressions: In the Garden“ sei mit Abstand das größte Event, das er verantworte, so Jayaselan, der seit vier Jahren in Berlin lebt und hier Fuß in der Kreativindustrie gefasst hat. Ohne das Kultursommerfestival wäre eine Umsetzung von „Expressions“ in dieser Größenordnung nicht möglich gewesen, betont der Kreativdirektor. Neben den 40 Sängerinnen und Sängern im Vokalensemble, der vierköpfigen Band, dem achtköpfigen Orchester, den fünf Tänzern und den vier Gastkünstlern seien noch viele Menschen im Hintergrund beteiligt.
Und die Nachfrage ist riesig: „Die 2000 Tickets waren innerhalb von 12 Stunden weg“, freut sich Jayaselan. All die, die ein Ticket ergattern konnten, dürfen sich auf einen außergewöhnlichen Musikabend in den Gärten der Welt freuen. Für alle anderen wird es sicher nicht die letzte Performance von „A Song for You“ gewesen sein. Außerdem soll Anfang nächsten Jahres das erste Album des Vokalensembles erscheinen.