Klimaschonend, grün, nachhaltig: Die Pläne für das Museum des 20. Jahrhunderts wurden massiv überarbeitet.

Das Museum des 20. Jahrhunderts, das derzeit am Kulturforum auf der Freifläche zwischen Neuer Nationalgalerie, Philharmonie und St.-Matthäus-Kirche entsteht, hatte wirklich keinen leichten Start. Als im Herbst 2016 ein Entwurf der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron den ersten Platz der Bauausschreibung errang, waren aus den Reihen der Architekturkritik kollektive Stoßseufzer zu vernehmen. Die äußere Form, zwischen den Gebäude-Solitären von Mies van der Rohe und Hans Scharoun bewusst zurückhaltend gestaltet, erinnerte etwa den Deutschlandfunk an einen „langgezogenen Pferdestall mit der Anmutung einer überdimensionierten Wellblechhütte“, andere schlicht an eine x-beliebige Aldi-Filiale. Schnell machte der verächtlich gemeinte Begriff der „Kulturscheune“ die Runde.

Die Anlage spart 10 Prozent des Energiebedarfs

Im März 2021, anderthalb Jahre nach dem Spatenstich und dem Beginn der Bauarbeiten, meldete sich dann der Bundesrechnungshof mit Kritik an den in der Zwischenzeit enorm gestiegenen Kosten zu Wort. Beanstandet wurde außerdem der Energieverbrauch der geplanten Anlagen, die Nichtverwendung von Recyclingmaterialien und die Abwesenheit von photovoltaischen Anlagen auf dem Dach. Der Bund komme seiner Vorbildfunktion beim Bauen nicht nach, lautete das Fazit.

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Mehr Grün am Scharoun-Platz – und Kunst von Katharina Sieverding an der Fassade.
Mehr Grün am Scharoun-Platz – und Kunst von Katharina Sieverding an der Fassade. © Katharina Sieverding | © Herzog & de Meuron

Mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und dem seit Januar 2022 amtierenden Direktor der Neuen Nationalgalerie Klaus Biesenbach sind inzwischen neue Akteure am Ruder, und mit Blick auf die Energiebilanz des Neubaus ist nun, nach ausführlichen Beratungen mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, noch einmal ordentlich nachjustiert worden. So sieht der überarbeitete und am Dienstag präsentierte Entwurf des Hauses, das nun unter dem Titel „berlin modern“ firmiert, auf dessen Dach eine 4000 Quadratmeter große Photovoltaikanlage vor, mit der 10 Prozent des Energiebedarfs gedeckt werden können. Vorgesehen sind darüber hinaus zahlreiche Einsparungen zur Verbesserung der CO2-Bilanz des Museums.

Die Fassade soll nun aus sandgrauen Klinkern gefertigt werden, die keinen klimaschädlichen Beton mehr enthalten. Daraus ergibt sich eine neue Farbpalette des Gebäudes, das nach Ansicht der Beteiligten aber dennoch weiterhin gut zum Areal passt. „Während das Material weiterhin einen Bezug zur St. Matthäus-Kirche herstellt, bezieht sich die sandgraue Färbung des Klinkers auf den Sockel der Neuen Nationalgalerie. Gemeinsam mit der dunklen Farbe des Photovoltaik-Daches entsteht so eine optische Verbindung zum Mies-van-der-Rohe-Bau“, heißt es in einer Mitteilung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

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Die Fassaden sollen aus betonfreien Backsteinklinkern gefertigt werden.
Die Fassaden sollen aus betonfreien Backsteinklinkern gefertigt werden. © Olafur Eliassaon | Herzog & De Meuron

Zugleich wurden der Anteil von Recyclingbeton erhöht und die Haustechnik optimiert, woraus sich eine Reduzierung des Energiebedarfs für die Klimatisierung um rund 20 Prozent ergeben soll. Die Zahl der ticketfreien Ausstellungsbereiche, die nicht aufwendig klimatisiert werden müssen, wurde im neuen Entwurf nach oben gesetzt. Verzichtet wurde außerdem auf die Idee, das Museum durch einen unterirdischen Tunnel mit der Neuen Nationalgalerie zu verbinden – was eine besonders teure Verlegung der unter der Sigismundstraße verlaufenden 380kV-Starkstromtrasse erforderlich gemacht hätte.

Die optisch vielleicht markanteste Neuerung ergibt sich an der zur vielbefahrenen Potsdamer Straße hin gelegenen Gebäudeseite. Von den riesigen, zudem mit großformatigen LED-Bildschirmen ausgestatteten Toren sind nun nur noch diskrete und vergleichsweise niedrige Einschnitte in die Fassade geblieben, vor der eine lange Sitzbank und umfassende Bepflanzung die Aufenthaltsqualität steigern sollen. Auf der gegenüber gelegenen Seite ist für den Platanenhof ein Biergarten geplant, wie überhaupt die Gastronomie erweitert wurde. Die Mehrkosten liegen nach Angaben der Stiftung derzeit 9,9 Millionen Euro.. Damit liegt das Gesamtbudget inklusive Risikokosten bei etwa 450 Millionen Euro.

Das Kulturforum als grüne Verlängerung des Tiergartens

Eine Vision hatten Biesenbach, Roth und Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, freilich auch noch im Gepäck – die sich allerdings ohne Mitwirkung des Landes Berlin nicht umsetzen lassen wird. Demnach soll die Sigismundstraße vollständig begrünt werden und ein neu zu errichtender Grüngürtel vom Landwehrkanal bis zum Südrand des Tiergartens reichen, eine vollständig begrünte Piazzetta vor der Gemäldegalerie inklusive. Entstehen würde ein Museumsquartier als Parkanlage. Wie attraktiv das sein könnte, bewies Klaus Biesenbach bereits im September vergangenen Jahres, als er die Sigismundstraße sperrte, eine lange Tafel aufstellen ließ – und am sonst gern verwaisten Kulturforum plötzlich 7000 Gäste anzutreffen waren. Ein offensichtlich guter Plan also – wenn der neue Berliner Senat ihm denn auch zustimmt.

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