Kino

Erschütterndes Drogendrama: „Ben is back“

| Lesedauer: 3 Minuten
Peter Zander
Julia Roberts mit Filmsohn Lucas Hedges in „Ben is back“.

Julia Roberts mit Filmsohn Lucas Hedges in „Ben is back“.

Foto: Mark Schafer / Tobis

In dem erschütternden Drama „Ben is back“ kämpft Julia Roberts um ihren drogenabhängigen Sohn. Ein Film, der weh tut, aber nötig ist.

Plötzlich steht er vor der Tür. Zu Weihnachten ist der Sohn aus der Entzugsklinik ausgebüxt. Jetzt steht erunvermittelt vor dem Haus seiner Familie. Die Mutter ist erst bestürzt und dann doch selig. Die Schwester aber ist nicht begeistert. Und ruft gleich den Stiefvater an. Ben ist drogensüchtig. Zu oft schon hat der 19-Jährige das Familienleben durcheinandergebracht, zu groß sind die Verheerungen, die er auch als Dealer hinterlassen hat. Von Anfang an liegt ein ungutes Gefühl über dem Geschehen. Aber dann entscheidet die Mutter: Diesmal wird es anders! Sie versteckt alle Pillen im Haushalt, die er nehmen, alle Wertgegenstände, die er verticken könnte. Und schlägt einen Pakt vor: Er darf 24 Stunden bleiben. Aber nur, wenn sie ihn rund um die Uhr bewachen darf. Auch wenn er mal aufs Klo muss. Ein Deal, der natürlich nicht halten wird.

„Ben is back“ von Peter Hedges ist ein erschütterndes Familiendrama mit brandheißem Thema. Drogensucht ist in den USA ein rasant ansteigendes Problem, längst nicht mehr nur in den Slums, auch in der Vorgarten- Mittelschicht und gerade unter Jugendlichen. Man spricht bereits von einer Opioid-Epidemie und den „betäubten Staaten von Amerika“. Um dem Thema größtmögliche Aufmerksamkeit zu sichern, spielt Julia Roberts die resolute Mutter, die um ihren Sohn und den Zusammenhalt der Familie kämpft. Natürlich entschlüpft der Junge iihrer Kontrolle. Sie muss sich auf die Suche nach ihm machen. Muss in eine Parallelwelt eintauchen. Erfährt immer hässlichere Details aus seinem Vorleben, von Prostitution bis Beschaffungskriminalität. Und besticht mit seinen Drogen andere Süchtige, um zu erfahren, wo er sich aufhält.

Roberts spielt diese Helikoptermutter, die alles für ihre Liebsten tut und dabei auch eiskalt werden kann, großartig. Überhaupt wird sie, nach wie vor America’s Sweetheart, in ihren reiferen Rollen immer besser, traut sie sich immer öfter auch dramatische Figuren zu (siehe „August in Osage County“ oder die Serie „Homecoming“), bei denen ihr berühmtes Lächeln komplett fehlt. Atemberaubend ist einmal mehr auch Lucas Hedges, der Sohn des Regisseurs, der trotz seiner erst 22 Jahre schon starke Performances in komplexen Familiendramen wie „Manchester by the Sea“ oder „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ vorweisen kann. Da waren die Erziehungsberechtigten die Problemfiguren, nun ist er es selbst. Das Zusammenspiel von Roberts und Hedges prägt sich schmerzlich tief ein.

Lucas Hedges wollte zunächst nicht in einem Film seines Vaters spielen, Roberts soll ihn schließlich überredet haben. Vater wie Sohn haben bei dem Film eigene Drogenerfahrungen von ihnen nahestehenden Menschen aufgearbeitet. „Ben is back“ ist ein Familiendrama, das sich zu einem veritablen Thriller ausweitet. Ohne sein Thema je zu verraten oder aus den Augen zu verlieren. Ein erschütternder Blick auf die dunkle Seite der USA, der weh tut, aber nötig ist.