Film

Jan Josef Liefers: „Es geht nicht immer nur um Kohle“

| Lesedauer: 7 Minuten
Peter Zander
Eigentlich wollte er immer Musiker werden, das Schauspiel war nur zweite Wahl: Inzwischen betreibt  Jan Josef Liefers das eine wie das andere.

Eigentlich wollte er immer Musiker werden, das Schauspiel war nur zweite Wahl: Inzwischen betreibt Jan Josef Liefers das eine wie das andere.

Foto: Reto Klar

Der Schauspieler lebt zwei große Träume. In „So viel Zeit“ bringt er sie nun zusammen. Auch wenn das gar nicht so einfach für ihn war.

Berlin. Jan Josef Liefers kann nicht nur Schauspiel. Er macht auch Musik. Und das sehr erfolgreich mit seiner Band Radio Doria. Selten aber bringt er beide Professionen zusammen. In seinem neuen Film „So viel Zeit“, der nächsten Donnerstag ins Kino kommt, spielt er nun einen Mann, dem nicht mehr viel Zeit beschieden ist und der deshalb noch mal einen Jugendtraum wahr werden lassen will: mit seiner alten Band, die er aus einer Laune heraus einst um ihren größten Auftritt gebracht hat, noch einmal auftreten. Vor den Scorpions. Wir haben den 54-jährigen Schauspieler im Hotel Sofitel getroffen.

Nach „Knockin’ On Heaven’s Door“ spielen Sie zum zweiten Mal einen Todkranken. Wieso kommt man bei solchen Rollen immer auf Sie?

Jan Josef Liefers: Das wüsste ich auch gern. Ich bin schon recht häufig in Filmen gestorben. Sehe ich aus, als würde es mit mir bald zu Ende gehen? Vielleicht haben die Produzenten gedacht, dass es höchste Eisenbahn wird? Interessant ist, dass wir uns schon damals bei „Knockin’“ die Frage gestellt haben, was würde man tun, wenn man wüsste, man hätte nur noch eine Woche. Die Wahrheit ist aber, es gibt keine Antwort. Würde man kurz vor der OP vom Tisch springen, weil man lieber ein Rockkonzert spielen will? Das ist rein hypothetisch, egal, was man sagen würde, man wüsste nicht, ob es im Ernstfall das wäre, was man täte.

Ihre Filmfigur will noch mal etwas tun, was sie 30 Jahre lang nicht getan hat. Gibt es in Ihrem Leben etwas Ähnliches, was Sie sich versagt haben, wo es aber eine große Sehnsucht gibt, das noch zu machen?

Das gab es. Bis zu dem Tag, an dem ich wieder angefangen habe, selber Musik zu machen. Musik zu machen war das, was mir gefehlt hat. Ich wollte lange Zeit gar nicht Schauspieler, sondern Musiker werden, wollte eine Band haben. Das ging aufgrund der Umstände nicht, damals in der DDR gab es keinen Weg hinein, der für mich gut gewesen wäre. Den Traum habe ich in den Schrank gehängt, wo schon ein paar andere Träume eingemottet waren. Es muss ja auch nicht jeder Traum wahr werden. Musik habe ich dann immer nur mal für mich alleine gemacht. Bis ich Anfang der 2000er-Jahre den Traum entmotten konnte. Heute sehe ich mich in der glücklichen Situation, genau das machen zu können, was ich mir gewünscht habe, und damit auch noch meine Brötchen zu verdienen. Wenn es zwei Träume gab, die ich hatte, dann lebe ich die. Ich weiß, dass ist nicht vielen Leuten vergönnt ist.

In einer hübschen Szene ist Ihr Filmsohn bei Ihren Musikproben dabei und erst mal nicht sehr begeistert, was der Papa da tut. Wie haben Ihre eigenen Kinder darauf reagiert, dass der Vater auch Musik macht? Und die Mutter dann auch noch?

Eltern haben es ja im Allgemeinen schwer, bei ihren Kindern zu punkten. Eine Zeit lang hat unsere Kleine am Aufregendsten an unserem Beruf gefunden, dass wir schon mal in einer Talkshow zusammen mit den Lochis saßen. Auf der Ebene läuft das. Schwer zu sagen, was meine Kinder denken. Sie werden halt damit groß und akzeptieren das. Man muss seine Kinder aber auch nicht zwingen, einem zu huldigen. Sie sollen ihr eigenes Leben leben. Ich glaube sowieso nicht an Erziehung in dem Sinne. Ich glaube, dass man Kindern ein paar Grenzen setzen, aber vor allem dafür sorgen muss, dass sie das Leben als etwas Wertvolles betrachten und nicht als Last. Wenn man das einigermaßen hinkriegt und das eigene Beispiel nicht so weit davon weg ist, hat man schon was richtig gemacht.

Versuchen Sie, das auch vorzuleben?

Das versuche ich hinzukriegen, ja. Ich scheitere aber auch immer wieder daran. Als Vater hat man aber, glaube ich, sowieso ein eingebautes schlechtes Gewissen, weil man glaubt, man müsste alles viel besser machen.

Was überrascht an dem Film: Am Ende singen nicht Sie, sondern Jürgen Vogel. Das ist eine große Geste. Sie singen deutlich öfter. Und besser.

Aber auch Jürgen Vogel kann das, er war der Sänger der Hansen-Band. Die gibt es nicht mehr, aber ich fand die gut. Ich finde es ganz in Ordnung, dass ich im Film der Gitarrist bin. Es war schon so gar nicht so leicht für mich, diese beiden Welten, in denen ich mich wohlfühle, so unter einen Hut zu bringen. Ich unterscheide sonst ganz gut zwischen Schauspiel und Musik. Aber wenn Sie bei dem Film ganz bis zum Ende des Abspanns bleiben, hören Sie den Titelsong „So viel Zeit“, und den habe ich gesungen, mit meiner Band Radio Doria. Die Frage ist nur, wer bleibt schon so lange sitzen im Kino.

Wie war es, mit den Scorpions zu spielen?

Wie außergewöhnlich es ist, dass Film- und Musikwelt sich mal so stark berühren, merkt man daran, wie alle Beteiligten darauf reagiert haben. Dass auch noch die Scorpions mitgemacht haben, fand ich irre. Die haben ja auch anderes zu tun, sind aber extra von überall her angereist und waren sich nicht zu schade. Das zeigt, dass alle gerochen haben, was in dieser Geschichte steckt. Dass ist das Tolle an diesen beiden Welten, in denen ich mich bewege, dass es da nicht immer nur um Kohle geht.

Sie haben schon oft mit Ihrer Frau Anna Loos zusammen gespielt, aber musizieren nicht miteinander. Warum eigentlich nicht?

Haben wir doch gemacht, in einer der letzten „Wetten, dass…?“-Sendungen. Manchmal besuchen wir uns auf unseren Konzerten und singen was zusammen. Es ist aber eher die Ausnahme. Das hat nichts damit zu tun, dass wir womöglich blöd fänden, was der andere musikalisch macht. Aber nicht alles auf der Welt gehorcht Marketinggesetzen. Die Experten sagen natürlich: Du musst unbedingt mal was zusammen machen a) mit deiner Frau und b) mit Axel Prahl. Das würde sich sicher prima verkaufen. Aber das ist nicht der erste Grund, aus dem wir Musik machen.