Konzerte

Auf der Museumsinsel starten Mittwoch die Ufa Filmnächte

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Peter Zander
 Kristoff Becker  in seiner Wohnung zwischen den von ihm angefertigten elektronischen Celli

Kristoff Becker in seiner Wohnung zwischen den von ihm angefertigten elektronischen Celli

Foto: Jörg Krauthöfer

Die Stummfilme werden mit Live-Musik begleitet. Ein Hausbesuch bei einem der Musiker.

Berlin. Es ist ganz leer und still in der Wohnung von Kristoff Becker. An der Wand hängen lauter elektronische und elektroakustische Celli, die der Musiker, als zweites Standbein, in mühevoller Handarbeit selbst anfertigt. Sonst steht nur wenig Mobiliar herum. In der letzten Zeit aber war es wieder etwas voller in der Erdgeschosswohnung. Und auch deutlich lauter.

Da war Beckers Bruder Tobias aus Düsseldorf mal wieder hier und ihr Freund Ulrich van der Schoor aus Siegen. Zu dritt haben sie erneut lange musiziert und improvisiert. Aber die Nachbarn kennen das schon. Und die seien, versichert Kristoff Becker, äußerst verständnisvoll: „Ein Glücksfall.“

Erfolgreich in einer Nische etabliert

Denn die drei bilden das Ensemble Trioglyzerin, das seit 26 Jahren Stummfilme neu vertont. Und dann live dazu spielt. Bei den schon traditionellen Ufa Filmnächten, die am Mittwoch in der spektakulären Kulisse des Kolonnadenhofs auf der Museumsinsel beginnen, sind sie schon Stammgäste.

2012 haben sie hier Fritz Langs „Spione“ begleitet, 2015 Lotte Reinigers „Abenteuer des Prinzen Achmed“, 2016 vertonten sie mit der Jazz Combo der Deutschen Oper Berlin Ernst Lubitschs „Bergkatze“. Diesen Donnerstag, dem mittleren der drei Ufa-Nächte, werden sie nun Lubitschs Orientmärchen „Sumurun“ mit Pola Negri neu erklingen lassen.

Beim Stummfilm gibt es ja die Puristen und die Neuerer. Die einen rekonstruieren die oft verloren gegangenen Originalpartituren und spielen sie neu ein. Die anderen kombinieren die alten Klassiker lieber mit modernen Klängen. Ersteres habe durchaus seine Berechtigung, meint Kristoff Becker, sei ihm aber zu museal. Schon in den 20er-Jahren hätten Pianisten oder auch kleine Kino-Orchester zu den Filmen improvisiert.

Trioglyzerin setzt da nur eine Tradition fort. Und erweitert die alten Filme stilistisch mit modernen Klangwelten, Synthesizern und auch Toncollagen. Man darf sich das bei ihnen wie in einer Jazz-Formation vorstellen: Jeder der drei schaut die Filme erst allein überlegt sich musikalische Themen, dann kommt man zusammen, probiert die aus. Und baut sich schließlich ein Gerüst, das aber betont locker bleiben soll. Was genau zu hören ist, entsteht erst im Wechselspiel mit dem Publikum. So sieht man zwar immer denselben Film, erlebt ihn aber immer anders.

Die Idee entstand 1992, als ein Filmclub in Siegen die Freunde, die damals alle noch dort wohnten, fragte, ob sie nicht den Stummfilm „Nosferatu“ vertonen könnten. Das haben sie getan. So zündete die Idee zu Trioglyzerin. Mit Stummfilmvertonung haben sie eine Nische gefunden, in der es damals nur wenig Konkurrenz gab. Der Kreis hat inzwischen zugenommen, die Beliebtheit von Stummfilmdarbietungen aber auch. Alle drei spielen darüber hinaus auch in anderen Formationen und haben noch Zweitberufe oder Zweitleidenschaften.

Aber zehn bis 15 Mal im Jahr treten sie schon auf, gut 20 Filme haben sie im Repertoire. Nur Fritz Langs „Metropolis“, den haben sie sich irgendwann satt gespielt. Wie schön, dass immer wieder andere Stummfilme restauriert werden. Und dann neu bespielt werden können.

Ufa Filmnächte 22.-24. August, je 21.30 Uhr im Kolonnadenhof auf der Museumsinsel. Programm unter ufa-filmnaechte.de