Im neuen Teil der Saurier-Saga wird der Monsterfilm mit dem Katastrophenfilm gekreuzt. Das hat Schauwert, geht aber auch mal daneben.
Tote wiederauferstehen zu lassen, das schafft nur das Kino. Selbst wenn es sich dabei um Tote aus der Ur-Zeit und im XXL-Format handelt. Aber das reine Faszinosum, Dinosaurier in unserer Zeit durch die Pampa stapfen zu lassen, erschöpfte sich schon im ersten „Jurassic Park“-Film vor einem Vierteljahrhundert. Seither hat man viel mit den Dinos angestellt, um die Leute wieder ins Kino zu locken, hat sie von Großwildjägern jagen lassen oder auf San Diego losgelassen.
In „Jurassic World“, dem Reboot der Serie vor drei Jahren, war endlich der Park eröffnet, von dem immer wieder die Rede gewesen war. Die Dinos machten jetzt nicht nur Jagd auf eine Hand voll Menschen, sondern auf 20.000 Touristen. Eine Massenpanik.
Für viele freilich war Teil 4 schon Verrat an der Serie. Weil die Raptoren, von denen es immer hieß, sie seien die gefährlichsten Dinos, sich plötzlich dressieren ließen und Empathie zeigten. Und eine neue Saurier-Art genmanipuliert wurde, von der man noch nie gehört hat. Das hat immerhin den Vorteil, das naseweise Kinder den Kinozuschauer nicht mehr mit ihrem viel größeren Wissen über die Ur-Echsen belehren können. Gleichwohl: Gute Dinos, schlechte Dinos, das blieb ein seltsames Konstrukt.

Wie kann man das noch toppen? Im nunmehr fünften Teil „Jurassic World: Das gefallene Königreich“ lässt man die Riesenechsen nicht nur auf Menschen los, man entfesselt eine Naturgewalt, vor der auch die nicht gefeit sind. Auf der Insel mit dem verwüsteten Park, auf dem man die Dinos einfach weiter vegetieren ließ, wird ein Vulkan aktiv und wird früher oder später ausbrechen. Das wirft die ethische Frage auf, ob man die Saurier retten oder gemäß den Naturgesetzen untergehen lassen soll.
Jeff Goldblum, der Star der ersten beiden Teile, wird hier noch mal als Experte angehört. Und rät: Sterben lassen. Natürlich versucht ein Trupp, sie trotzdem zu retten. Nicht mit staatlichen, aber privaten Geldern. Dafür werden auch wieder Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) und Owen Grady (Chris Pratt) rekrutiert, die sich schon im vierten Teil Dino-Meriten erworben haben. Klar, dass der Vulkan mitten während der Rettungsaktion ausbricht. So dass Menschen wie Saurier gemeinsam vor Lavageschossen und Ascheregen davon laufen müssen.

Monsterfilm meets Katastrophenfilm: Das hat großen Schauwert. Und treibt den Adrenalinspiegel wieder ganz schön hoch. Sind ein paar Exemplare der Ur-Echsen aber erst mal auf ein Schiff verladen, brechen alte Konflikte auf, die die Saga wieder in gewohnte Bahnen verlegen. Da gibt es lauter Déjà-Vus: Ein alter Herr, der um seine Schöpfung betrogen wird, ein junger Schurke, der nur Geld damit machen will. Ein Saurier, der in ein Kinderzimmer eindringt. Und leider wird wieder eine ganz neue Hybrid-Spezies aus dem Hut gezaubert. Alles ein bisschen wie gehabt.
Am Ende tummeln sich die armen Echsen ächzend im Anwesen des alten Herrn. Und sollen an superreiche Finsterlinge regelrecht versteigert werden: zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten. Im letzten Teil fand ein Showdown in einem Souvenier-Shop zwischen lauter Dino-Artikeln statt. Das große Geschäft mit den Sauriern, es wird immer mitreflektiert in den „Jurassic-Park“-Filmen – die doch selber damit reichlich Kasse machen.

Das wäre eigentlich alles ganz in Ordnung und unterhaltsames Action-Kino. Gäbe es da nicht eine Szene, in der die Dinos in einem Kellerverlies gefangen sind, in dem Gas entweicht, das sie zu ersticken droht. Da stockt dem Zuschauer der Atem. Weil man dabei sofort Assoziationen zu Auschwitz hat. Holocaust-Anleihen im Popcorn-Kino? Wenn auch nur für Sekunden: Das ist schon ziemlich zynisch. Hier müssten noch ganz andere ethische Fragen diskutiert werden. Dass Steven Spielberg den Film wieder mitproduziert hat, der Mann, der „Schindlers Liste“ drehte, einen der nachhaltigsten HolocaustFilme überhaupt – man mag es nicht fassen.