„Peer, du lügst!“ – „Ich lüge nie!“ Dieser Dialog zieht sich ebenso leitmotivisch durch die „Peer Gynt“-Inszenierung von Ivan Panteleev wie die Frage: „Wer bist du?“ und die unausgesprochene, gleichwohl damit verbundene nach der eigenen Identität. Das klingt etwas spröde, aber genauso war die knapp zweistündige Premiere am Mittwochabend in den Kammerspielen des Deutschen Theaters. Keine Trolle, kein Budenzauber – alles, was den „nordischen Faust“, wie Ibsens opulenter, abendfüllender „Peer Gynt“ (1867) auch gern bezeichnet wird, gemeinhin ausmacht, sucht man bei Panteleev vergebens.
Bei ihm suchen zwei Personen Ibsen, ggefühlt besteht der Abend aus Monologen. Margit Bendokat übernimmt neben Peers Mutter auch die Rollen der Geliebten, Samuel Finzi verkörpert die Titelfigur. Beide halten sich mit dem gemeinsamen Spiel zurück. Es gibt ein paar nette Samuel-Finzi-Solo-Nummern wie das Zwiegespräch mit Gott und eine an das Säbelzahn-Eichhörnchen Scrat aus dem Animationsfilm „Ice Age“ erinnende Performance, wobei Finzi keine Eicheln, sondern Goldstücke verzücken.
Es fehlt ein Mit- und Gegenspieler wie Wolfram Koch
Die Fallhöhe war hoch: Panteleev hatte zuletzt am Deutschen Theater einen gefeierten, auch zum Berliner Theatertreffen 2015 eingeladenen „Warten auf Godot“ inszeniert. Und Samuel Finzi wurde im August bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ zum Schauspieler des Jahres gekürt. Seinem Peer Gynt fehlt ein Mit- und Gegenspieler wie Wolfram Koch.
Regisseur Panteleev knüpft geistig an seine Beckett-Inszenierung an. Aber auch wenn Ibsen als einer der Wegbereiter der Moderne und damit durchaus als Vorläufer des absurden Theaters gilt, die beiden Autoren könnten unterschiedlicher kaum sein. In existenziellen Fragen gibt es Parallelen, aber Becketts Stück ist im Kern eine sehr unterhaltsame, witzige Reflexion über die Möglichkeiten des Spiels.
Wenn man „Peer Gynt“ so auseinandernimmt wie Panteleev, dann bleibt nur ein Skelett übrig. Bühnen- und Kostümbildner Johannes Schütz hat dazu den passenden Raum gestaltet: Sand, der auch Schnee sein könnte, bedeckt den Boden der Kammerspiele, eine aus dicken Ästen zusammengezimmerte, mit Papier verkleidete und schnell wieder davon befreite Hütte steht am Rand. Sie wird einmal hin- und wieder zurückgezogen. Der kurze Weg. Peer Gynt nimmt den langen. Den Umweg.
Deutsches Theater/Kammerspiele,
Schumannstr. 13a, Mitte. Wieder am: 6., 7. und 15. Oktober. Karten: 030/284 41-225