“Das ist deutsche Geschichte pur für jeden Berlin-Besucher“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel als sie im Tränenpalast am Berliner Bahnhof Friedrichstraße eine Ausstellung zur Geschichte der deutschen Teilung eröffnet.
Im „Tränenpalast“ am Berliner Bahnhof Friedrichstraße dokumentiert künftig eine Dauerausstellung die Geschichte des einst bekanntesten Grenzübergangs zwischen Ost- und West-Berlin. Die vom Bonner Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland konzipierte Dokumentationsstätte zum „Alltag der deutschen Teilung“ wurde am Mittwoch durch einen gemeinsamen Rundgang von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (beide CDU) eröffnet.
Den im Jahr nach dem Mauerbau 1962 errichteten Glas-Stahl-Pavillon haben bis 1989 Schätzungen zufolge rund zehn Millionen Menschen passiert. Nur ein kleinerer Teil davon waren DDR-Bürger, denen ein Verwandtenbesuch im Westen oder die endgültige Ausreise gestattet wurde. Vor allem ältere Menschen litten unter den psychischen Strapazen oder den Schikanen von DDR-Grenzern, so dass allein am Bahnhof Friedrichstraße mehr als 200 Menschen während des Grenzübertritts starben.
Im Innern des „Tränenpalastes“ befand sich die von außen nicht einsehbare, rund 550 Quadratmeter große Ausreisehalle mit den Passkontroll- und Abfertigungsschaltern der DDR-Grenztruppen. Wer sie passiert hatte, gelangte durch einen Gang in den Teil des Bahnhofes Friedrichstraße, von dem die S- und U-Bahnen oder die Fernzüge nach West-Berlin und Westdeutschland abfuhren.
In einer kurzen persönlich gehaltenen Ansprache schilderte Merkel, die zu DDR-Zeiten nur wenige Schritte vom „Tränenpalast“ entfernt wohnte, ihre eigenen Erinnerungen. Oft habe sie mit ihren Eltern ihre Großmutter zu der Grenzübergangsstelle gebracht, wo es galt, Abschied zu nehmen. „Das war immer sehr traurig“, erzählte die heutige Bundeskanzlerin, weil niemand wusste, ob ein Wiedersehen noch mal möglich sein werde.
Später sei sie auf dem für DDR-Bürger zugänglichen Ost-Bahnsteig des Bahnhofs Friedrichstraße in die S-Bahn gestiegen, um zur Arbeit zu fahren. „Vom Westbahnsteig waren wir nur durch eine Stahlwand getrennt, hinzu kam das ständige Gebell von den Wachhunden“, so die heutige Bundeskanzlerin. „Auf diese Art und Weise war ich jeden Morgen mit der Inhumanität der innerdeutschen Grenze konfrontiert.“
Unter dem Motto „GrenzErfahrungen“ sind in der jetzt eröffneten Dauerausstellung Originalobjekte wie eine Abfertigungskabine, Fotos, Filmaufnahmen und Zeitzeugeninterviews, aber auch ein rund vier Quadratmeter großes Modell über das Grenzabfertigungslabyrinth am Bahnhof Friedrichstraße zu sehen. Zudem lässt die Dokumentation, die nach Angaben des Hauses der Geschichte rund 900.000 Euro gekostet hat, die wichtigsten Stationen der deutschen Teilung und des Vereinigungsprozesses Revue passieren.
Nach dem Mauerfall und der deutschen Vereinigung wurde im „Tränenpalast“ ein gleichnamiger Klub mit unterschiedlichen kulturellen Veranstaltungen eingerichtet. Da der Berliner Senat das Grundstück verkaufte, musste er 2006 schließen. Zwei Jahre später legte der Bund in seiner Gedenkstättenkonzeption die Nutzung des leerstehenden, denkmalgeschützten Gebäudes als Erinnerungsort fest. Aufgrund des Grundstücksverkaufs, der einen der größten Bauskandale Berlins einleitete, gehört der „Tränenpalast“ heute einem Investor. Für die Dauer von 20 Jahren ist das Gebäude an das Haus der Geschichte vermietet.
Die Dauerausstellung „GrenzErfahrungen – Alltag der deutschen Teilung“ ist bei freiem Eintritt dienstags bis freitags von 9 bis 19 Uhr zu sehen, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr.
dpa/nbo