Late Night

Warum Auswanderer wieder einwandern

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Uwe Felgenhauer

Foto: VOX

Jahr für Jahr wandern mehr Deutsche aus – das Fernsehen begleitet sie dabei. Doch ebenso viele kehren auch wieder heim. „Die Rückwanderer" heißt folgerichtig ein neues TV-Format, dessen Probanden wie aus einer aktuellen Studie entsprungen scheinen.

155.000 Deutsche wanderten 2006 aus. So viele wie noch nie seit der 1954 eingeführten Erfassung der Landesflüchtigen. Sollten also die seit einigen Jahren so beliebten Auswanderer-TV-Formate wie ”Mein neues Leben“, ”Deutschland ade“ oder ”Goodbye Deutschland“ tatsächlich die Realität widerspiegeln? Zieht es also immer mehr Germanen in die Fremde, weil hier das Wetter mies ist, die Menschen schlecht gelaunt sind, die Perspektiven fehlen und überhaupt anderswo alles besser zu sein scheint?

Mitnichten. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) setzt den 155.000 Auswanderern 2006 ”ähnlich viele“ Menschen entgegen, die zurückgekehrt sind – und konstatiert einen neuen Trend: das Hin- und Herwandern. Längere Auslandsaufenthalte sind demnach heute nichts Besonderes mehr, doch die Rückkehr wird in vielen Fällen von Anfang an mitgedacht.


Wie zum Beweis für die Richtigkeit dieser Ergebnisse hat der Kölner Sender Vox bei seinem neuen Format ”Die Rückwanderer“ die Probanden ausgesucht. Für zwei von drei gestern porträtierten Familien war das Leben in der Fremde lediglich als längeres Intermezzo geplant, und auch die dritte Familie hatte sich keinesfalls vorgenommen, nie mehr nach Deutschland zurückzukehren.

Zwischen den vielen Schilderungen des Alltags fernab der Heimat wurde in der ersten von zwölf Folgen auch schon das Feld potenzieller Reintegrationsprobleme abgesteckt. Für Marie Kessler etwa, die in Spanien geborene und aufgewachsene 14-jährige Tochter von Koch Markus und Köchin Conny, wird die Schule in Deutschland gewiss noch schwieriger, als sie es auf Teneriffa ohnehin schon war. Und auch auf die drei Kinder des Lehrers Jens Krejci – die sich „null deutsch“ fühlende und gewiss bald von Liebeskummer geplagte 14-jährige Lilith, ihren siebenjährigen Bruder Ari und die 13-jährige Zoe – könnte nach fünfeinhalb Jahren Landleben mit Mini-Schulklassen in Südafrika ein Leben zwischen den Kulturen in München warten. Kinder mit einem Migrationshintergrund der etwas anderen Art sozusagen.

Doch von solchen komplikationsträchtigen Konstellationen war gestern noch nicht die Rede. Erst einmal standen die Erfahrungen und das Leben im Ausland im Mittelpunkt. Positiv dabei: Neben den ausführlichen Berichten von Eltern und Kindern wurden auch Fakten geliefert. Etwa, dass es in Kanada, wo der nun wegen eines Karrieresprungs ebenfalls heimkehrende Pastor Stefan Wolf sechseinhalb Jahre mit Frau und drei Söhnen in Toronto lebte, nur für 13 Prozent der Kinder einen Kindergartenplatz gibt. Bestimmt interessant für potenzielle Auswanderer.

Störend hingegen wirkten mitunter die schnellen Schauplatzwechsel. Gerade ritten Jens Krejcis Kinder noch durch die südafrikanische Landschaft, da befand man sich schon wieder in einem kanadischen Highschool-Fußballspiel der Wolf-Söhne. Und dass Kommentare wie ”Da helfen Mutter Conny nur noch Nerven aus Stahl“ (bei fehlendem Prüfungseifer der Kessler-Tochter Marie) redundant sind, sollte eigentlich auch längst bis zu den Vox-Redakteuren durchgedrungen sein.

Noch nicht abschätzen lässt sich nach der Auftaktfolge, ob die Reporter-Teams die drei Rückwanderer-Familien in den nächsten Wochen intensiv genug begleiten, um ein wirklich realistisches Bild von ihrer Wiedereingliederung zu zeichnen. Angemessen wäre dafür eigentlich einzig und allein eine Langzeitbeobachtung.