Berlins angestellte Lehrer wollen so behandelt werden wie ihre verbeamteten Kollegen. Deshalb streiken sie – während der Prüfungszeit. Dies ist ihr Recht, geht allerdings zulasten der Schüler.
Es rumort im öffentlichen Dienst in Berlin. Bei den Lehrern streiken die angestellten Pädagogen in dieser Woche. Nicht zum ersten und auch wohl nicht zum letzten Mal. Und auch bei den Beamten ist der Unmut groß, weil es keine Angleichung zu den Gehaltsstrukturen in anderen Bundesländern gibt. Doch es lohnt sich eine genauere Betrachtung der Situation.
Angestellte Lehrer dürfen im Gegensatz zu ihren beamteten Kollegen streiken. Auch in Prüfungswochen. Das hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sogar gerichtlich gegen den Senat erstritten. Weil die Landesregierung – insbesondere die SPD – gegen eine Verbeamtung neuer Lehrer ist, steigt die Zahl der angestellten Pädagogen in Berlin unaufhörlich. Damit wächst die Macht der Gewerkschaft.
Senat sieht bisher keinen Anlass für Verhandlungen mit Lehrern
Diese neuen Möglichkeiten nutzt die GEW nun ausgiebig aus. Sie will mit dem Ausstand Tarifverhandlungen mit dem Senat erzwingen. Der sieht bisher keinen Anlass dazu, mit der Lehrergewerkschaft über einen eigenen Tarifvertrag für angestellte Lehrer zu verhandeln. Durch ein solches Vertragswerk will die GEW eine Angleichung der Bezahlung von angestellten und beamteten Lehrern erreichen. Dabei hat der Senat in den vergangenen Jahren deutlich nachgebessert und die Eingangsgehälter auf über 4000 Euro angehoben. Nicht weil man Gutes tun wollte, sondern weil im Wettbewerb mit anderen Bundesländern Berlin wegen der schlechteren Bezahlung ins Hintertreffen gelangt war.
Außerdem fordert die Gewerkschaft eine Entlastung für ältere Lehrer. Der Senat bietet hier an, die Belastung um zwei Wochenarbeitsstunden zu reduzieren. Übrigens bei vollem Lohnausgleich. Doch der Gewerkschaft reicht das nicht. Sie will einen bundesweiten Tarifvertrag, den der Senat in dieser Form gar nicht verhandeln kann.
Der besondere Druck auf Berliner Pädagogen
Dass Pädagogen in Berlin unter einem besonderen Druck stehen und viele sich aufgrund der alltäglichen Probleme ge- oder schon überfordert fühlen, ist zweifellos richtig. Wenn Schüler kaum Deutsch sprechen, wenn verhaltensauffällige Kinder wieder an die Schulen sollen (Stichwort Inklusion), wenn die Schule als Ersatz für fehlende Erziehung im Elternhaus dienen soll, dann ist das alles im Mathematik-, Deutsch- und Geschichtsunterricht nicht zu schaffen. Hier muss der Senat mit einer Aufstockung von Erzieher- und Sozialpädagogenstellen gegensteuern.
Doch die Vorgehensweise der Gewerkschaft im aktuellen Fall ist falsch. Ein einwöchiger Warnstreik auf dem Rücken von Schülern ist unverständlich. Da hilft auch die Beteuerung der GEW-Führung in ihren Elternbriefen wenig, in denen man um Verständnis und Unterstützung bittet. Denn für viele Schüler heißt ein Warnstreik: Prüfungen werden verschoben und es fällt schon wieder Unterricht aus. In diesem Winter und Frühjahr gab es aufgrund der Grippe- und Erkältungswellen schon diverse Fehlzeiten. Sollten die Lehrer weiter streiken, wird das Unverständnis der Eltern zunehmen.