Den Berliner Schulen steht ein einwöchiger Streik der angestellten Lehrer bevor. Dies trifft auch einen Prüfungstag. Die Bildungsverwaltung will einen Notdienst, die GEW hält dies nicht für möglich.

Den Berliner Schülern steht eine ganze Woche Lehrerstreik bevor. Bereits am 23. April hatte der Berliner Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Laut GEW waren rund 3000 angestellte Lehrer dem Aufruf gefolgt – doch bewegt hat sich seither nichts. Die Senatsverwaltung für Finanzen lehnt weiterhin Verhandlungen mit der Lehrergewerkschaft ab. Die GEW kündigt daher für die kommende Woche erneute Streiks an.

Wie am letzten Streiktag sind auch dieses Mal neben dem regulären Unterricht Prüfungen betroffen. In der kommenden Woche finden mündliche Abiturprüfungen, Nachprüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA) und der Vergleichstest VERA an den Grundschulen statt. Die Bildungsverwaltung beabsichtigte deswegen, kurzfristig eine sogenannte Notdienstvereinbarung abzuschließen. Die GEW hat eine solche Vereinbarung für Montag jedoch abgelehnt. Begründet wurde dies am Freitagnachmittag damit, dass ein Notdienst nicht kurzfristig organisiert werden könne.

Durch eine entsprechende Vereinbarung kann bei einem übergeordneten öffentlichen Interesse vom jeweiligen Schulleiter ein Notdienst angeordnet werden. Der Bildungssenat sieht in den Abiturprüfungen ein solches Interesse. Das höchste Ziel müsse es sein, eine Prüfungsverschiebung zu verhindern, hieß es bei der Bildungsverwaltung. In diesem Fall wären einzelne Lehrer, die an einer Prüfung teilnehmen, verpflichtet, diese abzuhalten, und könnten sich nicht an dem Streik beteiligen. Eventuell könnten auch andere Lehrer verpflichtet werden einzuspringen.

Die GEW fordert die Einkommensangleichung von angestellten und verbeamteten Lehrern. Darüber hinaus will die Gewerkschaft Regelungen zu altersgerechten Arbeitsbedingungen durchsetzen.

Senat will rechtliche Klarheit

Bei der Finanzverwaltung stößt die GEW damit auf wenig Resonanz. Dort hatte man bereits den letzten Streik gerichtlich untersagen wollen. Der rot-schwarze Senat hielt den Warnstreik für unverhältnismäßig. Das Arbeitsgericht folgte dieser Ansicht jedoch nicht und erklärte den Streikaufruf für rechtmäßig. Im Zuge des erneuten Streiks möchte der Finanzsenat nun zunächst einmal rechtlich prüfen lassen, ob die Forderungen der GEW überhaupt auf Landesebene verhandelt werden können oder die Tarifgemeinschaft der Länder Verhandlungspartner ist. Zur Not wolle man dies auch gerichtlich feststellen lassen, sagte ein Sprecher am Freitag. Bevor dazu Klarheit geschafft worden sei, solle es nicht zu Verhandlungen kommen.

„Wir stehen weiter zu unseren Forderungen und bleiben dran“, sagte dagegen Sigrid Baumgardt, Landesvorsitzende der GEW. „Ohne eine Verbesserung der Situation für die angestellten Lehrer ist Berlin nicht konkurrenzfähig. Gerade im benachbarten Brandenburg tut sich viel – unser hiesiger Lehrermangel ist nicht unverschuldet“, sagte sie. Die betroffenen Schüler sollen laut Baumgardt nicht unter der Arbeitsniederlegung leiden. „Maximal kann es zu Verschiebungen von Prüfungen innerhalb des festgelegten Abiturzeitraums kommen. Da freuen sich doch die meisten Schüler“, sagte Baumgardt. Die Gewerkschafterin zeigte sich bereit, für die Streiktage ab Dienstag über eine Notdienstvereinbarung mit dem Senat zu sprechen.

„Auf dem Rücken der Schüler“

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht das nicht so locker. „Dieser Streik wird auf dem Rücken der Schülerschaft ausgetragen; denn es ist doch ein erheblicher Unterschied, ob ich meinen Prüfer in der mündlichen Abiturprüfung kenne oder nicht“, sagte Scheeres am Freitag. Die GEW habe ihren Streikplan spät vorgelegt und damit die Schulleitungen unter Organisationsdruck gesetzt, der bei frühzeitiger Vorlage hätte vermieden werden können, so die Senatorin weiter. „Das Abitur ist wichtig für die zukünftige Bildungsbiografie. Die Schüler erleben ihre wichtigsten Schultage und sollten nicht von anderen Unwägbarkeiten abgelenkt werden.“

Die Vorsitzende des Landeselternverbands, Lieselotte Stockhausen-Döring, zeigt Verständnis für die von den Lehrern gestellten Forderungen. „Wir brauchen gute, motivierte Lehrer für unsere Kinder. Dazu müssen wir auch Anreize setzen. Wie der Senat das hinbekommt, ist uns egal“, sagte sie. Stockhausen-Döring ist durchaus bereit, dafür vereinzelten Unterrichtsausfall hinzunehmen, wenn man nur so eine Verbesserung der Lage erreicht. „Lässt man seine Schützlinge aber in einer Prüfungssituation im Stich, ist das höchst unanständig“, sagte die Elternvertreterin. Sie verlässt sich aber auf die Zusicherungen, die ihr vonseiten der GEW gemacht wurden, dass es nicht zu einer Beeinträchtigung des Prüfungsablaufs kommen solle. Beim letzten Streik wurden laut GEW etwa 600 der 800 Schulen bestreikt. Auch wenn die meisten Stunden vertreten werden konnten, führte der Streik zu Ausfällen. Wie umfangreich die bevorstehende Aktion wird, lässt sich laut Gewerkschaft nicht abschätzen.