Berlin. Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin hat einen wegweisenden Beschluss gefasst. Diese Woche brachten die Regierungsfraktionen von SPD, Linken und Grünen im Abgeordnetenhaus den Antrag ein, dass ein Beauftragter für das Urban Gardening, das Stadtgärtnern, geschaffen werden soll. Sozusagen ein Spaßbeauftragter für Erdarbeiten auf dem Flugfeld Tempelhof. Das ist ja auch wichtig, gerade weil der Bewohner der Innenstadt – nicht der, der am Rand wohnt im Grünen mit Garten, sondern der, der hilflos vor Hochbeeten steht – nun endlich Unterstützung vom Senat bekommt.
Das Schöne an einem Senatsbeauftragten ist ja, dass der Senat dann einen Auftrag abgeben kann. Er muss sich nicht mehr selbst kümmern. Das macht ja nun der Beauftragte. Insofern würde sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) einen Stadtbeauftragten wünschen, der endlich den Neubau von Wohnungen in Gang bringt. Und zwar in einer Größenordnung, dass die Mieten nicht mehr so schnell steigen. Eigentlich gibt es dafür ja eine Beauftragte. Das ist Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher. Die Politikerin der Linkspartei umgibt sich selbst aber lieber mit Beratern, die sich Gedanken darüber machen, wie man Wohnungen und Häuser dem Markt entziehen kann. Privater Neubau ist da eher eine lästige Randerscheinung.
Beim BER sollte es auch vorangehen. Dort gibt es ja auch schon einen Senatsbeauftragten, das ist der Flughafenchef. Ein ehemaliger Staatssekretär, der geschickt wurde, den Flughafen fertigzustellen. Der wiederum wollte einen Beauftragten für das (ja ich weiß, Sie müssen jetzt lachen) Bauen installieren. Doch der Experte, der aus München kommen sollte, durfte nicht den Titel Geschäftsführer erhalten. Also sagte der angefragte Beauftragte des Beauftragten des BER diese Woche wieder ab.
Der Innensenator könnte ja eigentlich auch so einen Senatsbeauftragten gebrauchen. Einen für die Polizeiakademie, der den ganzen Tag auf Beschwerden wartet, anonyme Audiodateien abhört oder – falls er sich mal langweilt – Deutsch-Unterricht gibt.
Hilfreich wäre auch ein Beauftragten für die Bürger- und Standesämter. Damit diese unsäglichen ummelde- und heiratswilligen Berliner zeitnah einen Termin bekommen. Allerdings gibt es dabei das kleine Problem, dass die Bezirke sich weder durch den Senat noch durch einen Senatsbeauftragten in ihre Freiheit hereinreden lassen werden, das Chaos selbst zu organisieren. Wenn es hart auf hart kommt, werden sie einen Beauftragten für die Belange der Bezirke benennen. Da bin ich mir sicher.
Apropos Bezirke. Das grün regierte Friedrichshain-Kreuzberg will – unbestätigten Quellen nach – einen eigenen Drogenbeauftragten bestellen. Nicht einen, wie die Landes- oder gar die Bundesdrogenbeauftragte, die vor Drogen warnen. Nein, Friedrichshain-Kreuzberg, braucht einen eigenen Beauftragten für die Legalisierung der Drogen, zumindest der weichen, die die Birne nur so ein bisschen benebeln. Entsprechende Gutachten wurden ja schon in Auftrag gegeben. Mit dem Geld der Steuerzahler, aber bisher ohne Erfolg. Grünen-Justizsenator Dirk Behrendt ist quasi sein eigener Beauftragter. Er selbst hat sich an die Spitze der Bewegung für eine bessere Schweinehaltung in Deutschland gesetzt. Jetzt gibt es nicht so viele Schweine in Berlin. Aber den eigenen Auftrag muss man halt erfüllen. Berlins Justizsenator kämpft vor dem Bundesverfassungsgericht für deutschlandweit bessere Mastbedingungen.
Bleibt die SPD. Die hätte diese Woche gut einen Beauftragten für Schlichtung gebrauchen können. Bei dem Streit in der Fraktion. Darauf verzichtet man aber, und will nun die Auseinandersetzung weiterführen bis zur Januar-Klausur in Hamburg. Und wenn es nicht zum Frieden kommt, dann wird der Regierende Bürgermeister, der ja eh unzufrieden ist mit seinem Widersacher an der Fraktionsspitze, einen Senatsbeauftragten schicken: für eine regierungstreue Führung der SPD-Fraktion.
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