Die Woche im Rathaus

Müllers willkommener Ausflug in die Bundespolitik

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Gilbert Schomaker

Gilbert Schomaker

Foto: Frank Lehmann

Berlins Regierender Bürgermeister ist nun auch ein Jahr lang Präsident der Länderkammer. Ein angenehmer Job, sagt Gilbert Schomaker.

Es war ein Moment, der im Leben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) nicht wiederkommen wird. Der Staatsminister der Bundesregierung, Professor Helge Braun, überbrachte die Glückwünsche der Bundeskanzlerin. Und die Gesundheitssenatorin von Berlin, Dilek Kolat, sprach Müller korrekt mit seinem neuen Titel an: „Sehr geehrter Herr Präsident.“

Seit dem 1. November ist Müller nicht nur Regierender Bürgermeister von Berlin, sondern auch noch Präsident des Bundesrats. Turnusgemäß. Das heißt: Nach Rheinland-Pfalz war Berlin wieder einmal an der Reihe, das hohe Staatsamt des Bundesratspräsidenten zu besetzen.

Müller hat sich seit Wochen darauf vorbereitet. Es ist für ihn ein Aufstieg in die bundespolitisch erste Reihe, für die er nichts kann, die er aber nutzen will. Mit seinem Vorschlag eines solidarischen Grundeinkommens will Müller politisch punkten. In der Berliner Senatskanzlei hofft man, dass übergeordnete Themen wie die Digitalisierung der Gesellschaft Müller aus dem Umfragetief hieven können. Seine Präsidentschaft gipfelt dann in der Ausrichtung des Festes zur Deutschen Einheit am 3. Oktober nächsten Jahres. Müller bleibt also ein Jahr, um Vorzeigbares aus dem eigentlich eher repräsentativen Amt zu machen.

In den Tagen vor seiner ersten Sitzung als Bundesratspräsident erinnerte Müller im kleinen Kreis seiner Machtzentrale im Roten Rathaus an einen denkwürdigen Auftritt seines Vorgängers. Klaus Wowereit, 2002 kaum im Amt als Regierender Bürgermeister, leitete eine Sitzung des Bundesrats, die in die Geschichte des föderalen Gremiums eingehen sollte. Thema war damals das Zuwanderungsgesetz. In Brandenburg hatte sich die regierende Koalition aus SPD und CDU bei dem Thema völlig verhakt. Eigentlich hätte sich Brandenburg dann in der Abstimmung des Gesetzes enthalten müssen. Aber die Stimme der rot-schwarzen Landesregierung war entscheidend.

Was also passierte dann? Der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) stimmte für das Gesetz, sein Stellvertreter, Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), sagte Nein. Also eigentlich Patt. Doch Wowereit verlangte ein einheitliches Votum aus Brandenburg – und interpretierte die Stimme des Ministerpräsidenten als Ja. Alles war abgesprochen. Roland Koch, damals Ministerpräsident von Hessen, sprach von Rechtsbruch. Es gab tumultartige Szenen. So etwas hatte das ehrwürdige und sonst eher im fast Verborgenen tagende Gremium noch nicht erlebt. Mittendrin in der Aufregung: Berlins rauflustiger Regierender Bürgermeister.

Dagegen folgte Müllers erste Sitzung als Bundesratspräsident dem routinemäßigem Ablauf. Müller hielt eine Antrittsrede, der Staatsminister der Bundesregierung wünschte Erfolg und die ersten Anträge in der Amtszeit des neuen Präsidenten wurden eingebracht. Für Müller ein angenehmer Termin, weit weg von den Niederungen der Berliner Landespolitik. Diese Woche wird es wieder unangenehmer – und wieder spielt Brandenburg eine Rolle.

Berlin und sein Nachbarland müssen sich abstimmen. Es geht um die Frage, ob – wie es der Berliner Volksentscheid fordert – der Flughafen Tegel offen gehalten werden kann. Dazu tagen beide Landesregierungen zusammen. Am Montag treffen sie sich im Innenministerium in Potsdam, um das prekäre Thema zu erörtern. Der Senat lehnt die Offenhaltung ab. Auch Brandenburg ist für die Schließung, hat aber zuletzt seine Haltung damit verknüpft, dass man dann auch noch mal bitte schön über eine Ausweitung des Nachtflugverbots am BER reden müsse. Es werden also keine ganz einfachen Gespräche.

Auch die Anreise ist übrigens nicht ganz einfach. Wie es aus Senatskreisen hieß, müssen zumindest einige Teilnehmer einen Dienstreise-Antrag stellen. Sie überqueren ja die Landesgrenze. Und da muss diese Formalie eingehalten werden, auch wenn das Ziel nur 30 Kilometer entfernt ist.

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