Berlin. Neue Regierungen in Berlin – im Bund ist die Ampel seit dieser Woche im Amt, und man spürt die Aufbruchstimmung. Kopf hoch, Brust raus, Schultern zurück – und gerne ein Lächeln im Gesicht, so präsentieren sich derzeit die Ampel-Politiker. Da wollen welche was.
Ganz anders auf Landesebene, wo der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und Linken ausgehandelt ist, wo jetzt alle auf das Ergebnis der Linken-Mitgliederbefragung warten, denn bei den Linken ist der Widerstand gegen diese Vereinbarungen größer als erwartet. Von Aufbruchstimmung ist wenig zu spüren. Gerade in der SPD geht darüber hinaus die Furcht um, die Linken könnten nur ein Jahr mitmachen und die Koalition dann sprengen, wenn die geplante Experten-Kommission zu dem Ergebnis kommt, dass Enteignungen von Wohnungsunternehmen rechtlich nicht zulässig sind.
Die Linken, angetrieben von ihrer Parteichefin Katina Schubert, versuchen auch gar nicht, die Bedenken zu zerstreuen. So warb Schubert vor einer Woche auf dem Parteitag mit diesen Wochen für Rot-Grün-Rot: „Auch wenn ich weiß, dass es eine viel, viel schwierigere Koalition wird als die letzte, und dass wir immer auch bereit sein müssen, sie zu verlassen, wenn uns die Partner versuchen, über den Leisten zu ziehen.“ Manch einer bei SPD und Grünen hofft, dass Schubert nur deshalb mit einem Koalitionsbruch gedroht hat, um die Gegner des Koalitionsvertrags zu überzeugen, dass dies also ein rein innerparteiliches Signal war. Erstaunt zeigte man sich dennoch, waren schon die vergangenen fünf Jahre sehr schwierig, von viel Streit geprägt. Nun soll es „eine viel, viel schwierigere Koalition“ werden? Kein gutes Vorzeichen für eine Zusammenarbeit für die nächsten fünf Jahre.
Die SPD hat nicht vergessen, wie es Klaus Wowereit erging
„Es muss ein deutliches Votum bei den Linken geben, sonst wird das wirklich schwierig“, heißt es in der SPD-Fraktion. Die Sozialdemokraten wollen schon gar nicht riskieren, dass Franziska Giffey am 21. Dezember im Abgeordnetenhaus bei der Wahl zur Regierenden Bürgermeisterin – einer geheimen Abstimmung – durchfällt. Die SPD hat nicht vergessen, wie es Klaus Wowereit im Jahr 2006 ergangen ist. Da hatte man erneut eine rot-rote Koalition vereinbart, nichts deutete auf Probleme bei der Wahl des Regierenden Bürgermeisters hin – und dann fiel Wowereit im ersten Wahlgang durch. Und die Koalition war fast schon beendet, bevor sie begonnen wurde. Das wollen die Sozialdemokraten nicht noch einmal erleben.
Wie ernst die Lage bei den Linken ist, zeigt auch die vorzeitige Bekanntgabe, dass Lena Kreck die neue Justizsenatorin werden soll. Eigentlich wollten die Linken ihre Senatoren erst nach Abschluss des Mitgliedervotums benennen, nun versucht die Parteiführung offensichtlich mit den Personen Eindruck zu machen. Erst wurde Katja Kipping als neue Sozialsenatorin vorgestellt, nun also Lena Kreck. Mit ihrem Namen ist ein Eklat im Abgeordnetenhaus verbunden. Vor zwei Jahren war sie von den Linken als Verfassungsrichterin vorgeschlagen worden, doch bei der geheimen Wahl klar durchgefallen. Normalerweise halten sich die Abgeordneten an die Absprachen und wählen auch die Richter-Kandidaten der anderen Parteien mit. Kreck sei bei ihrer Vorstellung in den Fraktionen zu „parteiisch“ gewesen, sie habe zwar lange studiert, aber wenig als Juristin gearbeitet, hieß es anschließend bei den Oppositionsparteien.
Nun also soll die 40-Jährige in Berlin „eine linke Handschrift mit einer fortschrittlichen Rechtspolitik“ deutlich machen, wie Katina Schubert am Freitag erklärte. Schubert versucht alles, um die Skeptiker, die lieber im Parlament linke Fundamentalopposition betreiben wollen, zu überzeugen. Bis zum 17. Dezember hat sie noch Zeit.
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