Häufig sind Anregungen unserer Leser Wege zum echten Genuss, wie zuletzt beim „Büdnerhaus“ in Berlin-Spandau. Diesmal konnte ich aus einer Empfehlung vor allem das attraktive Ambiente und den Service nachvollziehen, die Küche hat noch einen langen Weg vor sich, bis die ungewöhnliche Qualität des Gourmetladens mit Restaurant erreicht wird.
Ich berichte Ihnen vom Restaurant „Tafelfürst“ in Frohnau und gebe Ihnen Empfehlungen, was bereits gut aus der Küche kommt. Auf den ersten Blick findet man das Restaurant nur, wenn man weiß, dass es behutsam in das Geschäft mit gehobener Tafelkultur eingebettet ist. So wird das Ambiente von Regalen mit Olivenöl, Gewürzmischungen, Brotaufstrich und ebenso mit dem Angebot von Gläsern, Geschirr und Kerzen geprägt.
In einem Raum steht eine lange Tafel, ein Holztisch ohne Deko und im Nebenraum ein paar Einzeltische, ebenfalls ohne Tischwäsche. Für sonnengeprägte Tage hat der Inhaber die Terrasse ausbauen lassen und für eine kleine Auszeit vom Arbeitstag unter freiem Himmel mit 40 Plätzen gesorgt.
Mittagstafel ist populär
In Frohnau am nördlichen Rand des Bezirks Reinickendorf ist vor allem die Mittagstafel populär. Stets unter zehn Euro wird eine Suppe oder ein kleiner Salat, dann ein einfacher Hauptgang wie Kassler mit Kraut-Kartoffelstampf, Hähnchenbrust oder Bandnudeln mit Walnuss-Pesto und Traubenkernöl serviert.
Einfach, schnell, unkompliziert, Tafelwasser und knuspriges Brot sind im Preis inbegriffen. Unabhängig davon können die Gäste auch aus der Frischtheke Käsespezialitäten mit Trauben-Ingwer-Gelee, Wurst- und Schinken-Spezialitäten ordern.
Ein sehr angenehmer Bordeaux
Das abendliche Küchen-Angebot hat noch mächtig Luft nach oben. Das gilt sowohl für die Qualität wie für die Breite der Genuss-Palette. So richtig zufrieden war ich mit dem Weinangebot: Zehn ordentliche offene Weine gibt’s und sehr preiswert kalkulierte Mittelklasselagen aus allen Anbaugebieten, die mit gutem Weinservice kredenzt werden. Ich wählte einen sehr angenehmen Bordeaux Chateau de Pressac, der kundenfreundlich mit 35 Euro auf der Rechnung stand.
Mein Blattsalat mit luftgetrockneten San Daniele Schinken war durch gutes Dressing mit feiner Säure durchaus empfehlenswert. Dagegen lag der, so steht es auf der Karte, „gratinierte Ziegenkäse“ nahezu unbehandelt und kalt auf dem Teller. Schade. Nichts falsch machen kann der Gast, wenn er ganz einfach Kleinigkeiten bestellt wie die angenehm aromatisierte Möhrensuppe mit Ingwer beispielsweise, die leicht indisch abgeschmeckte Linsensuppe mit Curry oder die Currywurst vom Havelländer Apfelschwein, wahlweise mit Brot oder Kartoffelsalat.
Nicht konkurrenzfähig im Vergleich zum Ambiente und Weinservice sind dagegen die Hauptspeisen. Wir probierten das Hähnchenragout mit Petersilienwurzeln, tatsächlich war es der Aufmarsch der Dosenerbsen in breiter Front. Nach intensiver Suchaktion fanden wir zwei Stückchen Fleisch. Der Rinderschmorbraten schmeckte wie x-mal aufgewärmt. Nur die intensive, reduzierte Sauce war ein Geschmackserlebnis.
Dessert wärmestens zu empfehlen
Es ist nun einmal so, Perfektion bleibt ein immerwährendes Streben und zumeist gibt es in den Restaurants, die ich besuche, positive und weniger gelungene Elemente. Zu den Positiven zählt im Tafelfürst ganz gewiss das Dessert, „Nachtafeln“ wie es witzig auf der Tageskarte heißt. Der lauwarme Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern war geschmacklich und handwerklich gelungen und das gilt auch für die kleine gebrannte Creme von weißer Schokolade, mit Rosmarin parfümiert und ebenso für die Sorbets.
Wer die großen kreativen Menüs sucht, findet gewiss andere Möglichkeiten als den Tafelfürst, der aber mit kleinen (und sehr preiswerten) Gerichten überzeugt – wie Quiche mit Blattsalat oder gefüllte Teigtaschen, die ihre Füllung nach dem Tagesangebot bekommen. Vegetarische Gerichte sind mein Ding nur, wenn mir dazu ein getrüffelter Fasan oder ein gefülltes Kalbskotelett serviert wird.
Andere mögen das aber durchaus anders sehen, was ich selbstverständlich akzeptiere. Denen kommt man hier im Frohnauer Laden der gehobenen Tafelkultur ebenfalls entgegen. Bei der wöchentlich wechselnden Mittagstafel bringt die Küche unter anderem ein Rote-Bete-Risotto, Pastinaken-Lasagne mit Birne und Gorgonzola oder Kürbis-Kartoffelgratin auf den Tisch, um nur einige Beispiele zu nennen. Das ist durchaus positiv zu bewerten.
Fröhlicher Kellner, küchentechnisch Nachbesserungsbedarf
In der Sammlung der goldenen Pluspunkte möchte ich den Service nennen. Der fröhliche Kellner hatte immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, beobachtete aber sehr genau, wann Wein und Wasser nachzuschenken war. In diesem rein küchentechnisch noch zu verbessernden, aber sehr originellen Lokal ist für den Norden Berlins im gutbürgerlichen Frohnau eine echte Bereicherung zu sehen. Randnotiz: Wer zu Hause kein Frühstück anrichten möchte, kann hier die erste Mahlzeit des Tages genießen.
Übrigens: Mehrmals im Monat lädt der Sommelier an der großen Tafel zu Degustationen aus den unterschiedlichen Anbaugebieten ein, mit passendem Menü, die er schlicht „Weinreise“ nennt. Für Freunde edler Kreszenzen sind das gewiss Genussabende.
Delikatessen und Restaurant Tafelfürst, Fürstendamm 1a, Frohnau, Tel.: 53 79 49 65, Laden Mo-Sa 10 bis 22 Uhr, Frühstück 10-12 Uhr, Küche 12-21 Uhr, Ruhetag Sonn- und Feiertags, www.tafelfuerst.de