Bis zum Schluss hatten SPD und Grüne über die Besetzung des BER-Aufsichtsrates gestritten – am Ende setzte sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) durch. Berlin wird weiter mit ihm und zusätzlich zwei Senatoren der Koalitionspartner Linke und Grüne im Kontrollgremium des Flughafens vertreten sein. Die Linke entsendet Kultur- und Europasenator Klaus Lederer, die Grünen – vollkommen überraschend – den Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Dirk Behrendt. Auch Staatssekretär und Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup (SPD) wird als viertes Berliner Mitglied im Aufsichtsrat vertreten sein.
„Im Senat wurde lange und intensiv diskutiert, welche Besetzung die beste ist“, sagte Regierungssprecherin Claudia Sünder am Dienstag. „Für Berlin scheint die Besetzung mit drei Senatoren die beste Lösung zu sein.“ Wichtig sei gewesen, ein politisches Signal zu setzen, dass alle drei Regierungsparteien Verantwortung für den Flughafen übernehmen.
Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Linken und Grünen im Oktober vergangenen Jahres ist der Umgang mit dem BER-Desaster umstritten. Die Grünen haben sich vehement dagegen gewehrt, einen ihrer Senatoren in das Kontrollgremium des Flughafens zu schicken. Stattdessen sollten Experten den Fortschritt auf der Dauerbaustelle kontrollieren.
Kommentar: Jetzt sind die Kritiker in der Pflicht
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die nach dem Wunsch des Regierenden Bürgermeisters zusammen mit Klaus Lederer in den Aufsichtsrat rücken sollte, lehnte das Amt kategorisch ab und verwies auf die zahlreichen Aufsichtsratsposten, die sie qua Amt als Wirtschaftssenatorin übernehmen müsse. Zuletzt schlug sie ausgerechnet ihren Staatssekretär Henner Bunde für das Amt vor. Bunde verfüge über ausgewiesene Verwaltungserfahrung, hieß es dazu aus der Wirtschaftsverwaltung. Das lehnte Müller jedoch mit dem Hinweis auf die CDU-Mitgliedschaft Bundes ab und forderte jemanden mit grünem Parteibuch, damit die Verantwortung für den Flughafen auf alle drei Regierungsparteien gleichmäßig verteilt werde.
Justizsenator griff „beherzt“ zu
Auch Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) zeigte kein Interesse an dem Amt, sodass am Ende Justizsenator Dirk Behrendt „beherzt zugriff“, wie ein Senatsmitglied süffisant bemerkte. Um den Streit nicht weiter zu eskalieren, habe man am Ende eingelenkt, hieß es am Dienstag bei den Grünen.
Die Linke hatte sich aus dem Streit herausgehalten. Sie hatte von Anfang an Klaus Lederer als Kandidaten vorgesehen, sollte es bei der Senatorenlösung bleiben. Lederer habe als Kultursenator zwar keinen Bezug zum Flughafen, verfüge aber als Jurist, der sich lange mit der Finanzierung von Landesunternehmen beschäftigt habe, über entsprechende Qualifikationen.
„Das Trauerspiel am Fluchhafen BER“
Bei der Opposition stieß die Personalentscheidung des Senates auf Kritik. „Die CDU hat sich seit Jahren für eine Besetzung des Aufsichtsrats mit Experten von außen ausgesprochen“, sagte Fraktionschef Florian Graf. „Wann, wenn nicht jetzt, wäre der Moment zur Einsicht und Umkehr.“ Für die FDP geht nun „das Trauerspiel am Fluchhafen BER in die nächste Runde ohne Sicht auf baldige Erfolgsaussichten“, sagte Fraktionschef Sebastian Czaja.
Die AfD spottete im Hinblick auf die Entsendung des Justizsenators, nun seien weitere Verzögerungen zu befürchten, da eine Umplanung auf Gendertoiletten anstehe. Justizsenator Behrendt hatte als eine der ersten Amtshandlungen eine Initiative zu mehr Unisex-Toiletten gestartet.
Auf seiner Sitzung am 7. Februar werde der Aufsichtsrat in seiner neuen Besetzung „auf die umfassende Aufarbeitung der neuen Probleme auf der BER-Baustelle dringen“, kündigte der Senat am Dienstag an. Wegen neuer Mängel bei der elektronischen Ansteuerung der Türen und bei der Sprinkleranlage musste die Eröffnung des Flughafens für dieses Jahr vor zwei Wochen endgültig abgesagt werden.