Der Machtkampf am Flughafen BER ist entschieden. Technikchef Horst Amann gibt seinen Geschäftsführerposten zum 1. November auf. Flughafenchef Hartmut Mehdorn wird alleiniger Geschäftsführer. Das teilte die Flughafengesellschaft am Mittwochabend nach der Sitzung des Aufsichtsrates mit.
Damit ist der monatelange Führungsstreit zwischen Mehdorn und Amann beendet. Mehdorn hatte mehrfach gefordert, Amann von seinem Posten zu entfernen.
Amann war im August 2012 als großer Hoffnungsträger vom Flughafen Frankfurt nach Berlin gekommen. Bereits kurz nach dem Amtsantritt des neuen Flughafenchefs Hartmut Mehdorn im März kam es dann zum Streit über die Strategie für das Milliardenprojekt.
Amann führt nun ab dem 1. November die Flughafen Energie und Wasser GmbH (FEW), eine hundertprozentige Tochter der Flughafengesellschaft. Sie betreibt das Strom-, Wasser-, Abwasser-, Wärme- und Kältenetz der bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld sowie des neuen Berliner Flughafens.
Wowereit würdigt Mängelliste
„Natürlich gab es Höhen und Tiefen“, sagte Wowereit zur Bilanz Amanns. Er würdigte die Bestandsaufnahme der mehr als 60.000 Mängel. Zugleich äußerte sich Wowereit enttäuscht, dass ein von Amann genannter Eröffnungstermin kippte – es war der vierte geplatzte Start für den BER. Der Aufsichtsrat deutete auch an, dass der öffentliche Streit mit Mehdorn zu der Entscheidung beitrug.
Mehdorn hatte Amann vorgeworfen, für ein Jahr Stillstand auf der Baustelle gesorgt zu haben. Die Bestandsaufnahme sah Mehdorn kritisch, weil er den Blick lieber in die Zukunft richten wollte. Amann wiederum hält nichts von Mehdorns Plan, schon im nächsten Jahr in einem Seitenflügel des Terminals einen Testbetrieb mit höchstens zehn Flügen am Tag zu starten.
Mehdorn wollte sich schon lange von Amann trennen, nun stimmten die Anteilseigner Berlin, Brandenburg und der Bund der unpopulären Entscheidung zu. Der Präsidialausschuss des Aufsichtsrates empfahl schließlich Amanns Ablösung.
Einen neuen Technik-Geschäftsführer wird es laut Wowereit vorerst nicht geben. Voraussichtlich werde Mehdorn einen Großteil von Amanns Aufgaben mit übernehmen. Zur Geschäftsführung gehört außerdem Finanzchefin Heike Fölster.
Neuer Eröffnungstermin nicht in Sicht
Eigentlich hätte in diesen Tagen in Schönefeld hektische Betriebsamkeit herrschen müssen. Denn am kommenden Sonntag sollte die erste Maschine am neu errichteten Hauptstadtflughafen „Willy Brandt“ abheben. Doch der Termin für die Eröffnung des BER wurde schon vor Monaten abgesagt, genauso, wie alle anderen Termine zuvor.
Am Mittwoch wollte Geschäftsführer Hartmut Mehdorn dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) eigentlich einen verbindlichen Termin nennen, an dem der BER wenigstens teilweise in Betrieb gehen soll. Doch inzwischen konnten die Verantwortlichen für das größte öffentliche Baudesaster der Republik nicht einmal mehr diese Zusage einhalten.
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Wowereit kündigte an, dass in diesem Jahr kein Starttermin für den Flughafen mehr festgelegt werde. „Wir werden erst dann einen Zeitpunkt bestimmen, wenn wirklich erkennbar ist, dass die Sache so auf dem Weg ist, dass da wirklich nichts mehr schief geht“, sagte er.
Beobachter rechnen nicht mehr mit einem Start vor 2015. „Wir sehen noch viele Hindernisse“, sagte Wowereit. In wesentlichen Bereichen seien aber Lösungen für die Probleme gefunden, etwa für die komplexe Brandschutzanlage. Nach mehr als einem Jahr Bestandsanalyse wurde auch keine Geldsumme beziffert, die für eine Fertigstellung des Airports benötigt wird.
Weitere 50 Millionen Euro genehmigt
Nach Informationen der Berliner Morgenpost genehmigte der Aufsichtsrat in seiner Sitzung aber weitere 50 Millionen Euro für Planungs- und Bauarbeiten am BER. Das Geld soll unter anderem in der Bau der Sprinkleranlage für das Nordpier des Flughafens investiert werden, für die seit vergangener Woche die Baugenehmigung vorliegt.
Auch werde damit die Planung für bauliche Anpassungen einzelner Entrauchungsanlagen im Fluggastterminal bezahlt. Erst zu Wochenbeginn hatte Brandenburgs Vertreter im Flughafen-Aufsichtsrat, der frühere Verkehrsstaatssekretär Rainer Bretschneider, bestätigt, was die Spatzen schon seit Monaten von den Dächern pfeifen: Die Baukosten für den BER werden zuletzt genannten 4,3 Milliarden Euro deutlich übersteigen. Berliner Parlamentarier rechnen inzwischen mit einer Summe von mehr als fünf Milliarden Euro, das wäre dann mehr als zweieinhalb Mal so viel Geld wie ursprünglich kalkuliert.
Wowereit hatte bereits im Vorfeld der Aufsichtratssitzung erklärt, dass es „keinen absoluten Zeitdruck in Richtung eines konkreten Termins“ gebe. „Wichtig ist, dass die Arbeiten weiter gehen und Fortschritte erkennbar sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine definitive Terminverkündung mit hohen Risiken verbunden ist“, ließ er am Mittwoch ausrichten.
Erst die Hausaufgaben machen
Die Inbetriebnahme des Flughafen-Neubaus ist seit dem ersten Spatenstich am 5. September 2006 wegen unterschiedlicher Bau- und Planungsmängel bereits vier Mal abgesagt worden. Die ursprünglich geplante Eröffnung am 30. Oktober 2011 fiel nach der Pleite eines wichtigen Planungsbüros ins Wasser.
Die dann für den 3. Juni 2012 angekündigte BER-Inbetriebnahme wurde vier Wochen vor dem Termin abgesagt, weil das Brandschutzsystem im neuen Terminal nicht funktionierte. Der im August 2012 berufene neue Technik-Geschäftsführer Amann verkündete anschließend, den neuen Flughafen am 17. März 2013 in Betrieb nehmen zu wollen. Dieser Termin platze ebenso wie der später benannte 27. Oktober 2013.
Entrauchungsanlage wird umgebaut
Noch immer sind die Probleme beim Brandschutz nicht gelöst. Wowereit hatte daher bereits im Vorfeld der Aufsichtratssitzung erklärt, dass es „keinen absoluten Zeitdruck in Richtung eines konkreten Termins“ gebe. „Wichtig ist, dass die Arbeiten weiter gehen und Fortschritte erkennbar sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine definitive Terminverkündung mit hohen Risiken verbunden ist“, sagte er am Mittwoch.
Erst vor wenigen Tagen wurde beschlossen, dass Siemens für 14 Millionen Euro die Steuerung für die Entrauchung und Frischluftzufuhr umbauen wird. 18 Monate Zeit hat das Unternehmen dafür. Siemens erklärte jedoch umgehend, dass dieser Termin nur zu halten sei, wenn es vom Bauherrn die dafür nötigen Planungsunterlagen erhalte und wenn die versprochenen baulichen Vorleistungen erbracht werden.
Im Klartext: Die Flughafengesellschaft muss erst noch ihre Hausaufgaben machen, bevor Siemens loslegen kann. Benötigt das Unternehmen die volle Zeitspanne von eineinhalb Jahren für den Umbau, könnte die Bauaufsicht das Terminal erst im Frühjahr 2015 abnehmen. Danach müsste eine mindestens halbjährige Erprobungsphase folgen, bevor der BER vollständig eröffnet werden kann. Das wäre dann frühestens im Herbst 2015.