Pannenflughafen BER

Kritik an fahrlässigem Umgang mit den BER-Finanzen

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Gudrun Mallwitz und Viktoria Solms

Foto: Marc Tirl / dpa

Unmittelbar vor der BER-Sondersitzung des Landtags gerät Ministerpräsident Patzeck in die Kritik. Opposition und Steuerzahlerbund befürchten, dass er Geld an den falschen Stellen einsetzt.

Der BER-Aufsichtsratsvorsitzende, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), muss sich im für Mittwoch geplanten BER-Sonderausschuss einige unbequeme Fragen gefallen lassen. Die Opposition im Brandenburger Landtag wirft ihm vor, für das ohnehin schon völlig aus dem Ruder gelaufene Hauptstadtflughafen-Projekt Geld an den falschen Stellen bereitstellen zu wollen. Auch die Grünen in Berlin kritisieren einen fahrlässigen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler.

Grund sind einige umstrittene Entscheidungen, die Platzeck entweder selbst zu verantworten oder zumindest unterstützt hatte. Jüngstes Beispiel war die geplante Berufung des Journalisten Klaus Schrotthofer zum neuen Kommunikationschef des BER. Schrotthofer soll für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von 200.000 Euro verlangt haben. Platzeck soll dieser Personalie zugestimmt haben. Vor allem Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) soll die Berufung Schrotthofers aber in letzter Minute verhindert haben, da sie ihm schlicht zu teuer war.

Der Präsidialausschuss stimmte der Berufung Schrotthofers nicht zu. Gründe wurden offiziell nicht genannt. Allerdings hat der BER ja bereits einen Pressesprecher und Stellvertreter, die von einem Team unterstützt werden. Sie hätten sich auch weiter mit den Anfragen von Journalisten befasst. Schrotthofer hätte sich vor allem um Veranstaltungen und die Kontakte zur Politik kümmern sollen.

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Ob solch ein Posten angesichts der eng kalkulierten Finanzlage wirklich erforderlich war, ist daher umstritten. Der Verkehrsexperte der Brandenburger CDU, Rainer Genilke, will von Platzeck bei der Sitzung des BER-Sonderausschusses des Brandenburger Landtags wissen: „Wie konnte eine solch teure Pressesprecher-Personalie überhaupt ernsthaft in Erwägung gezogen werden?“ Bei einem Jahres-Brutto-Gehalt von 200.000 Euro plus Tantiemen für einen Pressesprecher höre der Spaß auf. Zumal die beiden bisherigen Pressesprecher weiter beschäftigt werden sollen.

Genilke wirft Platzeck vor, er habe mit dem neuen Chefposten für Unternehmenskommunikation „offenbar einen SPD-nahen Mann versorgen wollen“. Der Journalist Klaus Schrotthofer war von 2002 bis 2004 als Sprecher des damaligen, 2006 verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau tätig. Genilke kritisiert: „Wir geben nur noch Geld für diesen Flughafen aus.“ In einer Situation, in der der BER jeden Monat bis zur Eröffnung Mehrkosten von 30 bis 40 Millionen Euro verschlingt, seien solche Pläne skandalös.

Senatskanzlei hielt 4000 Euro pro Tag für zu hoch

Zumal Schrotthofer nicht die einzige fragwürdige Entscheidung war. Auch der ehemalige Chef des Frankfurter Flughafens, Wilhelm Bender, hätte eigentlich an den BER kommen sollen. Dort sollte er als Chefberater den Aufsichtsrat unterstützen. Doch auch hier stellte sich Berlin quer, da man in der Senatskanzlei das vereinbarte Honorar von 4000 Euro am Tag für zu hoch hielt. Die bereits angekündigte Pressekonferenz mit Bender wurde kurzfristig abgesagt. Nach einer tagelangen Diskussion entschloss sich Bender selbst, die Aufgabe sein zu lassen.

Auch hier gab Platzeck keine gute Figur ab, da er eine Beschäftigung Bender unterstützt hätte. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass im Aufsichtsrat die linke Hand mal wieder nicht weiß, was die rechte tut“, sagt Andreas Otto, der für die Grünen im BER Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sitzt. „Mit den Geldern der Flughafengesellschaft wird aber ganz offensichtlich geradezu fahrlässig umgegangen.“


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Für Erstaunen sorgte auch die Entscheidung der Flughafengesellschaft, den Fernsehsendern RBB und ZDF Filmaufnahmen auf dem BER-Gelände zu versagen. Sie wollten zum Start der neuen Leitzentrale „Sprint“ im April auf der Baustelle Aufnahmen machen. Doch die erforderliche Genehmigung bekamen die Fernsehteams nicht. Stattdessen ließ die Flughafengesellschaft auf eigene Kosten ein Video drehen und schickte dieses per E-Mail an Journalisten. Auch die Entscheidung, führende Mitarbeiter des Büros Gerkan Marg und Partner Architekten (gmp) an den BER zurückzuholen wird, zwar grundsätzlich begrüßt. Doch eine Ausschreibung fand nicht statt, so dass auch hier keine Klarheit über die Kosten herrscht.

Angesichts all dieser undurchsichtigen Entwicklung am BER übt der Steuerzahlerbund scharfe Kritik an der Zusammensetzung des Kontrollgremiums. „Es hat einfach keinen Sinn, Politiker in Aufsichtsräte zu schicken“, sagt der Vize-Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler in Brandenburg, Thomas Lilienthal. Der Steuerzahlerbund erneuere damit seine Forderung, den BER-Aufsichtsrat stattdessen mit Fachleuten zu besetzen.

Ausschuss steuert auf einen Eklat zu

Bei der BER-Sondersitzung des Brandenburger Landtags wird es daher alles andere als ruhig zugehen. Wobei der Ausschuss schon jetzt auf einen Eklat zusteuert. Denn nach derzeitigem Stand ist noch nicht einmal sicher, ob die CDU überhaupt an der Sitzung teilnimmt. In Schreiben an die Vorsitzende Klara Geywitz (SPD) kritisiert der CDU-Abgeordnete Genilke den Ausschluss der Öffentlichkeit, den Geywitz für den ersten Teil der Sitzung an diesem Mittwoch verfügt habe. Darüber müsse abgestimmt werden. Sollte es beim jetzt geplanten Ablauf bleiben, will die CDU-Fraktion den Termin boykottieren. Denn zu Beginn ist eine Baustellenbesichtigung geplant, zu der die Presse keinen Zugang haben soll. Erst der zweite Teil wäre öffentlich.

Auch die Bündnisgrünen und die FDP kritisieren den Ablauf. Der CDU-Vekehrsexperte Genilke wie auch der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, Axel Vogel, berufen sich auf die Geschäftsordnung des Landtages, wonach die Öffentlichkeit nur auf Beschluss des Ausschusses ausgeschlossen werden könne. Der Ausschluss der Öffentlichkeit wäre ohne Zustimmung der Abgeordneten eine „Verletzung der geltenden Rechtsordnung“. An der Baustellenbesichtigung gebe es ein großes öffentliches Interesse, unterstrich CDU-Fraktionschef Dombrowski.

Die Ausschussvorsitzende Geywitz verteidigte die Entscheidung. Für die jetzt geltenden Umstände gebe es aber nachvollziehbare Gründe, sagte die SPD-Politikerin. „Die Flughafengesellschaft hat Sicherheitsbedenken.“ Bei dem Rundgang sollten bewusst auch die prekären Teile des Airports besichtigt werden, die bis jetzt die Inbetriebnahme verhindert haben. Flughafen-Sprecher Ralf Kunkel sagte: „Es ist mit dem Ausschuss besprochen, dass – genau wie im Falle des Berliner Untersuchungsausschusses – der Rundgang nicht öffentlich ist.“