Tegel

Mehdorn will Nachtflugverbot für Air Berlin lockern

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Eva Lindner

Die Anwohner sind empört über Hartmut Mehdorns Antrag und wehren sich. Berlins CDU-Fraktion zeigt Verständnis für den Vorstoß.

Eigentlich hatte Werner Weber sich so auf den Sommer gefreut. Er wollte endlich die Fenster in der Spandauer Wohnung aufreißen und das hören, worauf er sich seit zwei Jahren freut: nichts. Doch nun kommt alles anders, der Flughafen in Tegel, in dessen Einflugschneise der 57-Jährige wohnt, bleibt erst einmal bestehen. Die Nachricht allein würde Weber schon reichen, aber nun will auch noch Hartmut Mehdorn das Nachtflugverbot für seine Air Berlin lockern. Bisher herrscht in Tegel zwischen 23 Uhr und sechs Uhr Ruhe, Mehdorn findet, von Mitternacht bis fünf Uhr morgens reicht auch. Diese Zeiten sollen künftig auch für den Großflughafen gelten.

Seine schriftliche Anfrage, die Öffnungszeiten für die Übergangsphase um zwei Stunden zu verlängern, liegt dem Geschäftsführer der Berliner Flughafenbetreiber FBB, Rainer Schwarz, nun vor. So könne, schreibt Mehdorn, die geplante Drehkreuzstruktur ordnungsgemäß abgewickelt werden. Air Berlin und Lufthansa bieten ab dem Sommer zahlreiche neue Flugverbindungen ab Berlin an, die bis zur Inbetriebnahme des neuen Flughafens nun in Tegel abgewickelt werden müssen. Verkehrssenator Michael Müller (SPD) geht davon aus, dass alle Flüge in Tegel zu den bisher geltenden Flugzeiten durchgeführt werden können. „Tegel platzt aus allen Nähten“, sagt er.

Zwei Möglichkeiten

In seinem Brief verspricht Mehdorn, die Nachtstunden nicht „exzessiv zu nutzen, sondern auf die notwendigen Flugbewegungen zu beschränken“. Werner Weber glaubt nicht daran. Schon jetzt spricht der Anwohner von Stoßzeiten jeweils kurz vor und kurz nach der Nachtruhe. Mehdorn kündigt in dem Schreiben auch einen „notwendigen Dialog“ über Mehrkosten an, die Air Berlin durch die Verschiebung des Eröffnungstermins entstehen.

Bevor sich in Tegel aber irgendetwas an den Flugzeiten ändert, muss Mehdorns Antrag erst einmal offiziell geprüft werden. Dann gäbe es zwei Möglichkeiten erklärt Petra Roland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Erstens: ein Verfahren zur generellen Aufhebung der Betriebsbeschränkungen. Das sei aber viel zu zeitaufwendig und in diesem Fall nicht machbar.

Die zweite Option für Air Berlin besteht in Einzelgenehmigungen, die die Airline zusammen mit einer Begründung bei der Luftfahrtbehörde für jeden Flug beantragen müsste, der außerhalb der bisher gültigen Zeiten liegt. Man warte nun ab, wie viele solcher Anträge eingingen und für welchen Zeitraum. Berlins CDU-Fraktion zeigt Verständnis für Mehdorns Antrag. „Die Drehkreuzstruktur muss aufrechterhalten werden“, sagt der parlamentarische Geschäftsführer Oliver Friederici. Allerdings müsse die Anzahl der zusätzlichen Flüge in den Abend- und Morgenstunden maßvoll sei, denn die Anwohner dürften nicht die Leidtragenden der Verzögerung werden. Wenn es sich aber um die etwa acht Flüge handele, die später in Schönefeld innerhalb der zusätzlichen zwei Stunden (23 bis 24 Uhr und fünf bis sechs Uhr) stattfinden würden, sei das ein erträgliches Maß.

Doppelte Belastung

Fluglärmgegner Matthias Schubert vom Aktionsbündnis für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg dagegen hat kein Verständnis für Mehdorns Antrag. „Wir verurteilen, dass den Anwohnern in Tegel, die schon so viel Lärm ertragen haben, nun noch mehr Belästigung zugemutet wird“, sagt er. Es reiche doch, dass die Tegeler den Flughafen nun noch länger ertragen müssten, ihnen jetzt auch noch die Nachtruhe zu stehlen, sei eine doppelte Belastung. Außerdem gäbe es in Schönefeld doch noch genug freie Startzeiten, hier seien die so genannten Slots ja nicht ausgebucht. Aber ein Umzug auf den alten Flughafen sei ja nicht wirtschaftlich, also belästige man lieber Tegel mit mehr Lärm. „Nachts muss Ruhe sein“, sagt Schubert, „egal ob im Süden oder im Norden Berlins.“