Erst hatte der verschwundene Laptop Rainer Speer sein Amt als Brandenburgs Innenminister gekostet, jetzt bringt er Frank-Walter Steinmeier in Bedrängnis. Er soll laut einer E-Mail unzulässig Spenden eingeworben haben.
Offenbar sind erneut E-Mails im Umlauf, die aus dem verschwundenen privaten Laptop des wegen einer Unterhaltsaffäre zurückgetretenen Brandenburger Innenministers Rainer Speer (SPD) stammen könnten. Deren Inhalt bringt dieses Mal nicht nur erneut die SPD unter Matthias Platzeck in Erklärungsnöte – sondern auch den heutigen SPD-Fraktionschef im Bundestag und früheren Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
In seiner aktuellen Ausgabe berichtet das Magazin „Stern“ über ein Spendenessen in Potsdam, zu dem die märkische SPD Anfang 2009 mehrere Unternehmer eingeladen hatte, die im Russlandgeschäft tätig sind. Dass Parteien solvente Personen zu sogenannten Spendenessen bitten, ist durchaus üblich. Es sind aber die Begleitumstände um das Dinner beim Italiener „Il Theatro“ in der noblen Berliner Vorstadt, die nun für Schlagzeilen sorgen.
Laut „Stern“ nähren interne Dokumente den Verdacht, SPD-Bundesfraktionschef Frank-Walter Steinmeier könnte seine frühere Tätigkeit als Außenminister und das Einwerben von Parteispenden für die SPD vermischt haben. Außerdem soll aus den dem Magazin vorliegenden internen Mails zudem hervorgehen, dass der SPD-Generalsekretär Klaus Ness und Ex-Minister Rainer Speer offenbar an einem Versuch beteiligt waren, auf unzulässige Weise eine Spende einzuwerben. Die SPD weist beides als „haltlos“ zurück.
Die eingeladenen Wirtschaftsvertreter sollen bereits vor dem Abendessen am 2. Februar 2009 um Spenden gebeten worden sein, wie aus internen Unterlagen hervorgeht. Der Generalsekretär der Landes-SPD, Klaus Ness, bedankte sich in fünf der sieben Einladungen bereits für die „Bereitschaft, Steinmeier in diesem politisch hochinteressanten Jahr darüber hinaus unterstützen zu wollen“.
Für das Abendessen konnte die Brandenburger SPD außerdem zum Teil offenbar eigens erstellte interne Vermerke aus dem Auswärtigen Amt nutzen. Damit sei „eindeutig eine Grenze überschritten“ worden, zitiert das Magazin den Speyerer Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim. Als Minister dürfe Steinmeier nicht um Parteispenden werben. Überdies dürften Parteien nicht Ministerialpapiere für Parteizwecke instrumentalisieren. Sonst werde der Grundsatz der Chancengleichheit zwischen den Parteien verletzt, so von Arnim. Auf Anfrage von Morgenpost Online sagte ein Steinmeier-Sprecher, der SPD-Politiker würde sich regelmäßig mit Regierungschef Matthias Platzeck über die Entwicklung in Osteuropa und Russland austauschen. „Deshalb sagte er gern zu, als der Landesverband der SPD ihn zusammen mit Matthias Platzeck zu einem Unternehmergespräch einlud, in dem es um die deutsch-russischen Beziehungen und die von ihm initiierte Modernisierungspartnerschaft mit Russland gehen sollte.“ Dem Ex-Minister „lagen und liegen keine Hinweise darauf vor, dass die Zahlung einer Spende oder die Bereitschaft dazu Bedingung für die Teilnahme an diesem Treffen war“. In einer Erklärung heißt es: „Hätte es eine solche Bedingung gegeben, hätte Herr Steinmeier an diesem Treffen nicht teilgenommen.“ Der Sprecher wies auch den Vorwurf zurück, hier seien Ministerialpapiere für Parteizwecke instrumentalisiert worden. „Es ist gängige Praxis, dass das Auswärtige Amt Ministerpräsidenten und Landesministern auf deren Bitte hin Sachstände zur Verfügung stellt.“
Wahlkreis in Brandenburg/Havel
Eigentlich sollte auch Regierungschef Platzeck an dem Essen teilnehmen, er war aber krank geworden und wurde von seinem Vertrauten Rainer Speer, damals Finanzminister, vertreten. Vor der Brandenburger SPD lag ein harter Wahlkampf. Sie wollte ihre führende Rolle verteidigen – was ihr im Herbst im Gegensatz zur Bundespartei unter Steinmeier auch erneut gelang. Der Außenminister trat damals erstmals für den Bundestag an und erhielt dafür von Platzecks SPD einen Wahlkreis in Brandenburg/Havel.
Zu dem Dinner waren nur Unternehmer außerhalb Brandenburgs geladen. Ein Mann der Beratungsfirma Roland Berger war laut „Stern“ dabei, ein hoher Vertreter der Supermarktkette Rewe, ein Manager aus dem Gasgeschäft und der Chef eines großen Anbieters von Transportbeton.
Essen nicht an Spende geknüpft
Die SPD weist den Vorwurf zurück, aus Steinmeiers Ministeramt unzulässig Kapital geschlagen zu haben. Auch in der Brandenburger CDU seien Essen mit potenziellen Sponsoren üblich. Ex-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm hatte so für seine Partei erfolgreich Unterstützungsgelder eingeworben. Die Teilnahme an dem Essen mit Steinmeier „war zu keinem Zeitpunkt mit der Bedingung an eine Spende geknüpft“, so Ness. Auch habe es eine veröffentlichungspflichtige Spende (ab 10.000 Euro) in dem Zusammenhang nicht gegeben.
Ein Vergleich mit der Affäre um den damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) ist nach Ansicht der SPD nicht statthaft. Die NRW-CDU hatte gegen Zahlungen an die Partei Gespräche mit dem Amtsträger angeboten, was die SPD unter Steinmeier scharf kritisiert hatte.
Speer äußert sich nicht zu den Vorwürfen
Brisant allerdings: Der „Stern“ zitiert aus einer E-Mail des SPD-Funktionärs Matthias Beigel vom 4. Mai 2009, in der dieser aufgelistet habe, „wer noch nicht bezahlt“ habe. SPD-Generalsekretär Ness wehrt sich auch gegen die Anschuldigung, es sei versucht worden, bei einer der teilnehmenden Firmen eine Spende auf unzulässige Weise einzuwerben. In einer Mail an Ex-Minister Speer soll Ness nach dem Essen über das vertretene Beratungsunternehmen Roland Berger geschrieben haben, dieses wolle, „dass wir das Geld bekommen“, es „ will aber nicht direkt spenden“. Speer „soll dazu ja die Idee mit dem K. gehabt haben“. Nach Recherchen des „Sterns“ meinte Ness damit offenkundig den Potsdamer Architekten Moritz K.
Speer soll den befreundeten Architekten gefragt haben, ob er mit Roland Bergers Marketingchef Torsten Oltmanns „Kontakt aufnehmen“ könne. Nach Aussagen Oltmanns erhielt das Unternehmen tatsächlich eine Rechnung des Architekten. „Wir konnten die gar nicht zuordnen und haben sie darum auch nicht bezahlt“, sagte Oltmanns. Und Ness sagte gegenüber Morgenpost Online, er wisse nichts von einer solchen Rechnung. Die SPD Brandenburg habe „zu keinem Zeitpunkt Spenden oder andere Zuwendungen von Roland Berger, Oltmanns oder Moritz K. erhalten“. Ex-Minister Speer wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Architekt Moritz K. ist im Juni 2009 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.