Verockerung

Experten nehmen Kampf gegen die braune Spree auf

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Sabine Gundlach

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Noch immer ist die Spree streckenweise braun gefärbt, Pflanzen und Tiere leiden darunter. Experten in Brandenburg beraten nun über Lösungen für die folgenschwere Eisen- und Schwefelbelastung.

Vieles ist bereits gemacht worden, doch die Spree ist streckenweise noch immer braun. Jetzt verspricht ein Pilotprojekt einen neuen Lösungsansatz im Kampf gegen die zunehmende Belastung des Flusses und seiner Zuflüsse mit Eisenoxid und Schwefel als Folge des Abbaus von Braunkohle.

Von April an testen Bergbau-Experten im sächsischen Ruhlmühle ein neuartiges mikrobiologisches Verfahren, das langfristig der Verbesserung der Wasserqualität in der Lausitzer Bergbaufolgelandschaft dienen soll.

Bakterien greifen an

„Auf einem etwa hundert Meter breiten Grundstück werden in einer Tiefe von zwölf bis 15 Metern spezielle Infiltrationslanzen eingebracht, durch die ähnlich wie mit einer riesigen Kanüle natürliches Glycerin in den Boden eingeleitet wird“, sagt Uwe Steinbauer. Der Sprecher der Lausitzer- und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) erläutert das Verfahren: „Die in der Tiefe schlummernden Bakterien werden durch den natürlichen Nährstoff Glycerin angeregt, sich an die im Grundwasser vorbeifließenden Sulfat- und Eisenverbindungen anzuheften, um sie so quasi auszuschalten und das Wasser zu säubern.“

Das LMBV ist für die ostdeutsche Braunkohlesanierung zuständig. Schon seit Jahren bereitet die zunehmende Braunfärbung der Spree in der Lausitz den Anwohnern große Sorgen. Sie befürchten eine Gefahr für die Umwelt sowie negative Auswirkungen auf den Spreewald-Tourismus.

So wurden für ein Sofortmaßnahmenpaket von 2013 bis Anfang 2014 von Bund und den Ländern bereits insgesamt neun Millionen Euro zur Verbesserung der Wasserqualität zur Verfügung gestellt. „Auch in diesem Jahr steht uns wieder eine Summe von etwa neun Millionen Euro zur Verfügung“, sagt LMBV-Sprecher Steinbauer.

„Spreeverockerung“ ist der Titel der Tagung

Der aktuelle Stand der sogenannten Verockerung, ihre Ursachen und Wirkung sowie weitere Maßnahmen zur Vermeidung und Reduzierung dieser Prozesse sind am heutigen Dienstag Themen eines für alle Interessierten offenen Symposiums, zu dem das Forschungszentrum Landschaftsentwicklung und Bergbaulandschaften der BTU (FZLB) sowie das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR) einladen.

„Spreeverockerung“ ist denn auch Titel der Tagung, zu der unter anderem internationale Experten wie Forscher der Universität von Vancouver (Kanada) oder Wissenschaftler des Instituts für Wasser und Boden in Dresden erwartet werden

Dass die Spree und ihre südlichen Zuflüsse streckenweise zunehmend mit Eisen und Sulfat belastet sind, liegt an der Stilllegung des Tagebaus in der Lausitz. Durch den Kontakt mit Sauerstoff zerfallen in den aufgeschütteten Kippen die Minerale Pyrit und Markasit in Eisenhydroxid und Sulfat. Beides wird mit steigendem Grundwasser in die Flüsse geschwemmt. Der Anstieg des Grundwassers wurde wiederum durch die starken Hochwasser 2010 und 2013 beschleunigt.

Pflanzen und Tiere sterben

Die Folgen der Verockerung der Gewässer sind offensichtlich, aber keineswegs nur optischer Natur. „Die Eisenoxide lagern sich als feinste Partikel überall im Wasser ab, das heißt auf Pflanzen ebenso wie auf den Kiemen von Fischen – das Wasser verfärbt sich nicht nur braun, die Gewächse und die Tiere sterben auch“, sagt Werner Gerwin von der BTU Cottbus. Auch die im Wasser unsichtbare Schwefelsäure werde über einen längeren Zeitraum zum Problem. „Sulfat hat die unangenehme Eigenschaft, dass es Beton angreift“, sagt Werner Gerwin, der das Symposium organisiert.

Das Pilotprojekt in Ruhlmühle ist nur eine von mehreren möglichen Lösungen, mit denen die Wasserqualität in der Lausitzer Bergbaufolgelandschaft verbessert werden soll. Uwe Steinhuber dämpft allerdings die Erwartungen auf allzu schnelle Besserung: Die Erprobung des Verfahrens in Ruhlmühle werde dauern. „Wir sind am Anfang eines langen Weges“, so Steinbauer gegenüber der Berliner Morgenpost.

Die Auswirkungen von 160 Jahren Braunkohle-Tagebau zu stoppen, gehe nicht von heute auf morgen. Auch Werner Gerwin betont, dass noch viele Fragen erforscht werden müssen. Beispielsweise die der Grundwasserströmungen. Das bergbaubeeinflusste Spreegebiet sei schließlich immerhin etwa 85.000 Hektar groß.

Präventive Maßnahmen als wesentlicher Bestandteil

Mit dem Symposium soll die komplexe Diskussion aufgegriffen und der aktuelle Sach- und Wissensstand vorgestellt werden. Zugleich soll der Blick auf andere Regionen der Welt gerichtet werden, in denen ähnliche Probleme auftreten. Die Wissenschaftler wollen Lösungsmaßnahmen vorstellen, die in der Lausitz und in anderen Gebieten eingesetzt werden. Auch präventive Maßnahmen für die Areale mit noch aktivem Bergbau sind ein wesentlicher Themenblock der Tagung in Cottbus. Zum Abschluss des Symposiums ist eine Diskussion über den weiteren Forschungsbedarf geplant.

Symposium „Spreeverockerung“: Kostenlose Anmeldung am Dienstag, 9 Uhr, im Foyer, BTU Cottbus-Senftenberg, Zentralcampus Cottbus, Vorträge und Diskussion im Zentralen Hörsaalgebäude, Audimax 1, 10–17 Uhr. Info: www.b-tu.de