Die Industrie- und Handelskammer Potsdam macht reinen Tisch: Nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten Victor Stimming ist nun klar, dass er auch alle umstrittenen Privilegien verliert.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam macht zügig reinen Tisch. Am Mittwoch ist ihr langjähriger Präsident Victor Stimming zurückgetreten, nun verliert er bereits seine umstrittenen Privilegien.
Wie aus der IHK verlautet, sei die Rückgabe seines Dienstwagens, ein knapp 80.000 Euro teurer Mercedes, bereits in die Wege geleitet, ebenso die Rückkehr einer Sekretärin in die Potsdamer Zentrale der Kammer. Sie hatte ihren Arbeitsplatz bisher in Stimmings Firma in Brandenburg/Havel, wurde aber von der IHK, also aus Mitgliedsbeiträgen, bezahlt.
Offiziell trat Stimming aus gesundheitlichen Gründen und wegen der großen zeitlichen Belastung in diesem Ehrenamt zurück. Tatsächlich stand er spätestens seit Ende Oktober unter großem Druck. Zu diesem Zeitpunkt machte das RBB-Magazin „Klartext“ erstmals seine eigenwillige Amtsführung öffentlich. Dazu gehörte nicht nur der reichlich teure Dienstwagen und die Bereitstellung einer Sekretärin.
Mehrere Vorgänge wurden nach und nach publik
Auf Kritik stießen auch die fünf Millionen Euro teure Sanierung der Villa Carlsgarten, die Sitz der IHK-Stiftung werden soll, sowie zwei Vorgänge im Zusammenhang mit dem Bau der IHK-Zentrale. Zum einen ging ein Bauauftrag an die Firma des Stimming-Sohnes, zum anderen bekam Victor Stimming ein Honorar von 31.000 Euro für Dienstleistungen. Nun wurden dem Präsidenten „Vetternwirtschaft“, Verschwendung und die Nutzung von Privilegien vorgeworfen.
In den Tagen vor seinem Rücktritt wurden dann weitere Vorgänge publik: Auch bei der Sanierung der Villa Carlsgarten bekam eine Firma der Stimming-Familie einen Bauauftrag. Der Präsident erhielt zudem für seine ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung, dem Vernehmen nach rund 20.000 Euro pro Jahr.
Und obendrein gibt es einen Beschluss des ehemaligen, bis 2012 amtierenden IHK-Präsidiums, ihm eine Altersversorgung zu zahlen. Dafür sollen 500.000 Euro Rückstellungen gebildet worden sein. Das verhinderte allerdings die Rechnungsprüfungsstelle der IHK Potsdam.
Transparenzregeln entwickeln
Nun wird die IHK von der bisherigen Vizepräsidenten Beate Fernengel kommissarisch geführt. Sie will im Schulterschluss mit den 80 Mitgliedern der IHK-Vollversammlung die Vorgänge aufarbeiten und Transparenzregeln für die Zukunft entwickeln.
„Die Vollversammlung hat rasch einen Prozess eingeleitet, um die Vorwürfe aufzuklären. Diese Vorgehensweise begrüßen wir“, sagte Thomas Renner, Sprecher des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dem Dachverband der Kammern. Dort war Victor Stimming Vorstandsmitglied, auch dieses Amt hat er verloren – laut Satzung eine automatische Folge seines Rücktritts.
Auch die Berliner Industrie- und Handelskammer hat die Vorgänge in Potsdam beobachtet. „Es scheint sich um ein individuelles Fehlverhalten gehandelt zu haben, das es in einem vergleichbaren Ausmaß bisher nicht gegeben hat“, sagte Leif Erichsen, Sprecher der Berliner IHK. „Um so beruhigter sind wir, dass die Sicherungsmaßnahmen funktioniert haben.“
Juristische Folgen für Stimming noch unklar
Zum einen sei der Wille zur Aufklärung aus der IHK Potsdam selbst gekommen, zum anderen habe die unabhängige Rechnungsprüfungsstelle eingegriffen. Erichsen betonte, dem Berliner IHK-Chef werde von der Kammer weder ein Dienstwagen gestellt noch eine Sekretärin. Eric Schweitzer bekomme auch keine Aufwandsentschädigung, lediglich Dienstreisekosten würden erstattet. Der Präsident könne ein Büro im IHK-Haus an der Fasanenstraße nutzen.
Ob Victor Stimming auch juristische Folgen seiner Amtsführung befürchten muss, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüfe, ob ein Anfangsverdacht vorliege, sagte Sprecher Christoph Lange. Dies seien noch keine Ermittlungen.
Die Vollversammlung der IHK Potsdam tagt wieder am 11. Dezember. Dann sollen weitere Schritte eingeleitet werden, um die fragwürdigen Vorgänge aus der Ära Stimming aufzudecken. IHK-Mitglieder fordern bereits, dabei auch die Rolle des hauptamtlichen Hauptgeschäftsführers René Kohl zu betrachten Er soll einige der umstrittenen Entscheidungen mitgetragen haben.