Potsdam

IHK-Präsident Victor Stimming tritt zurück

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Andreas Abel

Foto: Massimo Rodari

Nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft ist der Präsident der Potsdamer IHK, Victor Stimming, zurückgetreten. Allerdings gab er andere Gründe für seine Entscheidung an.

Am Ende war der Druck offenbar doch zu groß: Victor Stimming, seit 1995 Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, ist am Mittwoch zurückgetreten. Er gab seinen Schritt auf einer vorgezogenen Vollversammlung der Kammer bekannt, die Sitzung war eigentlich erst für Mitte Dezember vorgesehen.

Stimming habe gesundheitliche Probleme als Grund genannt, sagte IHK-Vizepräsidentin Beate Fernengel. „Seine gesundheitlichen Probleme sind massiv. Deshalb hat er sein Amt niedergelegt“, so Fernengel. Stimming stand seit Wochen in der Kritik. Vorwürfe wegen Vetternwirtschaft, fragwürdiger Amtsführung und angeblicher „Protzbauten“ gegen ihn wurden öffentlich diskutiert, vor allem nach der Ausstrahlung eines Beitrags des RBB-Magazins „Klartext“.

Die Vollversammlung tagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Hinter verschlossenen Türen habe sich Stimming vor den Mitgliedern erklärt, sagte Fernengel weiter. Öffentlich bezog der 62-Jährige aber nicht Stellung. Die Vorwürfe der Vetternwirtschaft habe Stimming ebenfalls zum Anlass genommen, um sein Amt aufzugeben, hieß es aus Kreisen der IHK. Bis ein Nachfolger für Stimming gefunden ist, übernimmt Beate Fernengel kommissarisch die Leitung der Kammer, der mehr als 77.000 Mitgliedsbetriebe angehören.

Fernengel kündigte eine Untersuchung und Aufklärung der Vorwürfe an. Unter anderem solle eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingesetzt werden. Wichtig sei jetzt Transparenz. Es gehe darum, „Schaden für die IHK Potsdam weiter fernzuhalten“. Offenbar auch aus diesem Grund haben die IHK-Mitglieder ihre turnusgemäße Versammlung vorgezogen. „Wir sind wegen der in der Presse geäußerten Vorwürfe gegen Victor Stimming drei Wochen früher als geplant zusammengetreten“, hieß es. Die nächste Vollversammlung ist am 11. Dezember geplant. Dort soll mit der Aufarbeitung der Vorwürfe begonnen werden.

Vorwurf: Stimming wolle sich „ein Denkmal setzen“

Der Präsident der IHK Potsdam ist ehrenamtlich tätig. Am Mittwoch wurden neue Hinweise auf mögliche Vorteile für Stimming sowie Vorwürfe wegen der Verquickung von beruflicher Tätigkeit und Präsidentenamt bekannt. So bestätigte die IHK, dass eine Firma der Familie Stimming einen Auftrag der Kammer bei der Sanierung der Villa Carlshagen erhalten habe. Die Villa auf einem 13.000 Quadratmeter großen Parkgrundstück soll für fünf Millionen Euro zum Sitz der IHK-Stiftung ausgebaut werden, um dort Führungskräfte der brandenburgischen Wirtschaft fortzubilden.

Nach Informationen der IHK wurde das „Baubüro Dr. Stimming & Partner“ beauftragt, Aufgaben bei der Projektsteuerung und der „Aufwandsreduzierung“ in der Vorbereitungsphase für die Bauarbeiten zu übernehmen. Zum Volumen des Auftrags machte die IHK keine Angaben, es soll sich um eine fünfstellige Summe handeln. Der Plan, die Villa für die Stiftung auszubauen, wurde von Mitgliedsfirmen der IHK als Verschwendung gerügt. Stimming wolle sich damit „ein Denkmal setzen“, wurde moniert.

Nach Informationen der IHK hat Stimming zudem eine Aufwandsentschädigung für seine ehrenamtliche Präsidententätigkeit erhalten. Zur Höhe wurden keine Angaben gemacht, laut „Potsdamer Neueste Nachrichten“ könnten es mehr als 20.000 Euro pro Jahr sein. Die IHK bestätigte auch, dass es einen Beschluss ihres Präsidiums zu einer „möglichen Altersversorgung für Präsidenten“ gibt. Eine konkrete Zusage für Victor Stimming sei aber bisher „nicht wirksam zustande gekommen“.

Nach Informationen der Berliner Morgenpost sollten für diese Altersversorgung, von der vor allem Stimming profitiert hätte, Rückstellungen von insgesamt 500.000 Euro gebildet werden. Offenbar erst auf Betreiben der Rechnungsprüfungsstelle der Kammer wurde das Vorhaben gestoppt. Dem Präsidium gehören auch die Vizepräsidenten der IHK an. Die IHK bestätigte am Mittwoch ebenfalls, dass das Präsidium der Kammer unter Stimmings Leitung im Jahr 2012 auf Malta tagte.

Ministerium fordert Bericht an

Das Brandenburger Wirtschaftsministerium hat unterdessen als Aufsichtsbehörde zu den Vorgängen eine Stellungnahme von der IHK angefordert. „Bis zum 30. November erwarten wir eine Antwort“, sagte Ministeriumssprecher Steffen Streu am Mittwoch. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt nach Angaben eines Sprechers bisher nicht, ob die geplante Altersversorgung für den Präsidenten den möglichen Tatbestand der Untreue erfüllt.

Es liege keine entsprechende Anzeige vor. Die bisher bekannt gewordenen Informationen reichten zudem der Staatsanwaltschaft nicht aus, von sich aus tätig zu werden. Dabei spiele eine große Rolle, dass die Verwendung der Mittel im Einvernehmen mit dem Präsidium erfolgt war.

Victor Stimming, Geschäftsführer der HIB Hoch- und Ingenieurbaugesellschaft mbH Brandenburg in Brandenburg/Havel, stand als Präsident 18 Jahre lang an der Spitze der IHK Potsdam. Er war erst im September 2012 einstimmig für fünf Jahre wiedergewählt worden.

( (mit dpa) )