Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid ist in Brandenburg auf weitgehende Ablehnung gestoßen. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett den lange angekündigten Entwurf, um ihn Bundestag und Bundesrat vorzulegen, wie Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) in Berlin mitteilten.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kritisierte das geplante Gesetz. Die Bundesregierung wolle sich des Themas entledigen, „ohne eine Lösung vorzuschlagen“, sagte er. Die Grünen forderten Platzeck auf, eine im Gesetz verankerte Ausstiegsklausel für die Länder zu nutzen.
Die Bundesregierung will die umstrittene CCS-Technologie bis 2017 erproben lassen. Brüderle und Röttgen warben aus Technologie-, Klimaschutz- und exportwirtschaftlichen Gründen für die CO2-Speicherung. Bedenken gegen Testanlagen in Bundesländern will der Bund nun mit der Möglichkeit entgegenkommen, dass die Länder nach bestimmten Kriterien über die Zulassung solcher Anlagen entscheiden können.
Platzeck: Mit Ausstiegsklausel „ist das Thema tot“
Dies kritisierte Platzeck. Wenn Bundesländer mit Speicherkapazität sich somit der CO2-Verpressung entziehen könnten, „dann ist das Thema tot“, sagte der Regierungschef. Dieser Ansicht schloss sich auch SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher an.
Platzeck sagte, dies wisse auch die Bundesregierung, die sich offenbar eine weiße Weste gegenüber der EU verschaffen wolle. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf er „schlechten Stil“ vor. Es sei „politisch inakzeptabel“, jetzt einen solchen Entwurf zu beschließen und erst am Freitag zu einem Energiegipfel ins Kanzleramt einzuladen.
Platzeck ergänzte, in Brandenburg gebe es keine nennenswerte Speicherkapazität für CO2. Hier könne die Verpressung höchstens erprobt werden.
Die Grünen forderten von der Landesregierung, ein Landesgesetz zu erarbeiten, das die Verpressung in Brandenburg verbietet. Der Grünen-Energieexperte Michael Jungclaus sagte, die Landesregierung stehe „mit ihrer CCS-Euphorie ziemlich allein da“. Statt die Stromerzeugung in Kohlekraftwerken durch Technologien wie CCS weiter „künstlich am Leben zu halten“, solle sie konsequenter auf erneuerbare Energien setzen, forderte Jungclaus.
Mit der Länderklausel könne Brandenburg als „Versuchskaninchen“ übrig bleiben, fürchtete der Bauernbund Brandenburg. Er ermögliche Niedersachsen und Schleswig-Holstein den Ausstieg, so dass nur noch die Mark als „Endlager-Standort“ bleibe, sagte Vorstandsmitglied Manfred Wercham.
Der Cottbuser Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic (Linke) wies auf Risiken für die Umwelt hin. Er kritisierte, dass Energiekonzerne nur 30 Jahre für Schäden durch CCS haften müssten.
Bürgerinitiativen wollen wieder auf die Straße gehen
CCS-Gegner aus Ostbrandenburg kündigten weitere Proteste an. Am 23. April solle in Neutrebbin (Märkisch-Oderland) ein Ostermarsch stattfinden.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen aus der Uckermark begrüßte allerdings den Beschluss des Gesetzentwurfes. Er biete Brandenburg die Chance, die Technologieführerschaft in Sachen CCS zu übernehmen. Dabei verwies er auf das vom Energiekonzern Vattenfall geplante Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde nahe Cottbus.
Bislang wird die Abscheidung von Kohlendioxid in einer Pilotanlage in Schwarze Pumpe erprobt. Für die unterirdische Speicherung fehlt aber bislang die Genehmigung. Nahe Müllrose und bei Beeskow will der schwedische Energiekonzern Vattenfall ein CO2-Lager erkunden. Dort soll Kohlendioxid verpresst werden, das bei der Verbrennung von Braunkohle zur Stromerzeugung entsteht.
Auch im weiter nördlich gelegenen Neutrebbin (Märkisch-Oderland) regt sich Widerstand gegen Pläne für ein CO2-Lager. CCS steht für „Carbon Capture and Storage“, zu deutsch „Kohlendioxid-Abscheidung und -Lagerung“.