Berlin. In Berlin entsteht eine Haftanstalt ausschließlich für Gefährder, die bald abgeschoben werden sollen. In direkter Nachbarschaft zu einem Seniorenwohnheim und einem Kindergarten werden bald unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen Islamisten inhaftiert. Die Pläne sollen am Montag bei einem Bürgerdialog vom Bezirksamt Schöneberg vorgestellt werden.
Die neue Gefährderhaftanstalt soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Aufgrund der relativ hohen Sicherheitsstandards sind an dem Gebäude am Kirchhainer Damm nur wenige Bauarbeiten notwendig. Bislang ist in dem Gebäude in Lichtenrade die Jugendarrestanstalt untergebracht.
Die soll jetzt an ihren alten Standort an die Lützowstraße in Lichtenrade zurückziehen. Das Haus in Lichtenrade soll für etwa 2,2 Millionen saniert werden. Dort sollen 31 Arrestplätze für Jugendliche entstehen. Am alten Standort waren es 60. Derzeit sitzen zwölf Jugendliche in der Lichtenrader Jugendarrestanstalt ein. „Mit dem Umzug in den früheren Standort an der Lützowstraße schaffen wir eine Win-win-Situation: Wegen rückläufiger Jugendarrest-Taten hat sich die bisherige Jugendarrestanstalt in den letzten Jahren als zu groß erwiesen. Deshalb wird der frühere, etwas kleinere Standort an der Lützowstraße jetzt wiederbelebt“, sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) der Berliner Morgenpost.
Haftanstalt untersteht Senatsverwaltung für Inneres
Die neue Gefährder-Haftanstalt befindet sich aber nicht mehr in der Zuständigkeit der Justizverwaltung, sondern liegt dann bei der Innenverwaltung. Juristisch ist das spannend: Denn es gibt keine feste Gefährder-Definition, hier geht es um Gefahrenabwehr. In der neuen Anstalt sitzen dann jene Islamisten ein, denen man einen Anschlag zutraut, die also als hochgefährlich gelten und abgeschoben werden sollen.
Laut Innenverwaltung leben in Berlin derzeit Gefährder im oberen zweistelligen Bereich. Ungefähr die Hälfte besitzt einen deutschen Pass und kann nicht abgeschoben werden. Die nicht deutschen Gefährder sollen jedoch das Land verlassen. Hier laufe aktuell die Prüfung. Näheres könne man aus „Sicherheitsgründen“ nicht sagen, heißt es aus der Innenverwaltung auf Anfrage der Morgenpost.
Schwieriges Prozedere
In Sicherheitskreisen gab es unterdessen auch Überlegungen, ob in der Anstalt kurzfristig Gefährder untergebracht werden könnten, die aus anderen Bundesländern über Berlin abgeschoben werden.
Wie schwierig dieses ganze Prozedere ist, zeigte kürzlich der Fall Mohamed A., der in einem Hochsicherheitsbereich der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel in Haft saß. Der von Mithäftlingen und Justizmitarbeitern als hoch aggressiv beschriebene Islamist hatte trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen aus seiner Zelle mit einem Handy Terrorpropaganda verbreiten können. Er stand, wie berichtet, sogar im Kontakt mit einem Zwölfjährigen, der im Dezember 2016 einen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen vorbereitet hatte. Monatelang hatte Berlin mit dem Libanon über die Abschiebung verhandelt. Anfang Januar dieses Jahres wurde Mohamed A. schließlich von Elite-Polizisten der GSG 9 aus seiner Zelle geholt und von den vermummten Spezialeinheiten zum Flugzeug gebracht.
Stadt verfügt über kein eigenes Abschiebegefängnis
Generell verfügt Berlin über keine eigene Einrichtung zum Vollzug der Abschiebehaft mehr. Die Abschiebehaftanstalt in Berlin-Grünau wurde im Jahr 2015 auch wegen Kostengründen vom damaligen CDU-Innensenator Frank Henkel geschlossen. Zwischen Berlin und Brandenburg besteht jedoch eine Kooperation zur Nutzung der Abschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt. Die kann derzeit jedoch wegen Sanierungsmaßnahmen nicht genutzt werden und ist für eine Unterbringung von islamistischen Gefährdern auch nicht geeignet. Die Sicherheitsstandards wären dort, im Gegensatz zu der neuen Anstalt am Kirchhainer Damm, auch nach der Sanierung zu gering.
Anmerkung der Redaktion:
In einer früheren Version des Textes hatten wir geschrieben, dass die Jugendarrestanstalt in die Lützowstraße in Tiergarten zieht. Dies ist nicht zutreffend. Die Anstalt zieht in die Lützowstraße in Lichtenrade.

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