Leserforum

Kein Aufschub für Hundeverbot am Schlachtensee

| Lesedauer: 7 Minuten
Katrin Lange

Auch beim Leserforum der Berliner Morgenpost zu Hunden in Berlin gab es keinen Kompromiss zwischen Tierfreunden und Bezirk. Die Stadträtin bleibt hart, das Verbot wird ab Freitag durchgesetzt.

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Am Ende des Abends, nach einer zweistündigen Debatte voll von Unverständnis, Resignation und Sturheit, unterhalten sich noch zwei junge Männer auf der Straße. Der Regen hat die Luft erfrischt. Sie sind ganz offensichtlich Hundeausführer, auch Dogwalker genannt. In der abendlichen Kühle reden sie noch ein Moment leise miteinander. „Wir müssen aufpassen, dass sie die Schlinge nicht noch enger ziehen“, sagt der eine. „Ja, aber wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, dann kann ich damit leben“, erwidert der andere. „Hast recht“, stimmt sein Kollege zu, und dann machen sie sich auf den Heimweg. Zufrieden darüber, dass es nicht schlimmer gekommen ist.

Das kann sich bald ändern: Die Dogwalker sind die nächsten, die Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) im Blick hat. Soviel verrät er kurz vor Schluss der Debatte. Dennoch geben die jungen Männer in etwa das Gefühl wieder, dass wohl einige Gäste nach dem Leserforum der Berliner Morgenpost am Dienstagabend im Steglitzer Paulsen-Gymnasium mit nach Hause genommen haben. „Hunde in Berlin“ war das Thema der Gesprächsreihe „Morgenpost vor Ort“.

Das neue Hundegesetz und das Hundeverbot am Schlachtensee und an der Krummen Lanke standen auf dem Programm. Der große Eklat blieb aus, aber auch die große Überraschung. Das wäre ein Kompromiss gewesen. Fest steht: Ab diesen Freitag an gilt das Hundeverbot an den Ufern der beiden Seen.

Immer wieder das Zauberwort Kompromiss

Fast 100 Gäste waren zu der Podiumsdiskussion mit Justizsenator Thomas Heilman, der den Bello-Dialog initiiert hat, Christa Markl-Vieto (Grüne), Umweltstadträtin in Steglitz-Zehendorf und verantwortlich für das Hundeverbot, Norbert Buchta, SPD-Fraktionschef in der Bezirksverordnetenversammlung, und Christine Richter, Mitglied der Chefredaktion der Berliner Morgenpost, gekommen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Autor und Journalist Hajo Schumacher.

Er versuchte gleich zu Beginn mit Humor, die aufgeheizte Stimmung zu entladen. Selten koche das Blut so sehr wie beim Thema Hunde, sagte Schumacher. Ein kleiner Grundkurs in Basisdemokratie – keine Verallgemeinerungen, keine Beschimpfungen, keine Beleidigungen – sollte helfen, die Gemüter im Zaum zu halten. Es half.

Gleich zu Beginn nannte er das „Zauberwort“ des Abends: Kompromiss. Doch da ließ sich Christa Markl-Vieto nicht beirren. „Wir werden das Verbot jetzt zwei Sommer und einen Winter lang durchsetzen, um nach der Testphase zu sehen, was es gebracht hat“, sagte die Bezirksstadträtin. Das sei schon ein Kompromiss. Sie müsse dafür sorgen, dass auch Badegäste, die von den Hunden vertrieben wurden, wieder an die Seen könnten.

Die Geschichte des Hundeverbotes

Seit 1992 seien die Probleme zwischen Mensch und Hund an den beiden Seen ein Thema, sagte die Grünen-Politikerin. Mehrere Anträge und Debatten später gab es dann 2010 einen Prüfauftrag aller Fraktionen an das Bezirksamt, wie die Badestellen an Schlachtensee und Krummer Lanke von Hunden freigehalten werden könnten. Fünf Jahre später wird ein Beschluss zur Kenntnisnahme präsentiert: das bereits vom Bezirksamt beschlossene Hundeverbot.

An dieser Stelle setzt die Kritik von SPD-Fraktionschef Norbert Buchta und die vieler Besucher an. An den Seen gäbe es nicht nur Hunde, sondern auch Jogger, Fahrradfahrer, Spaziergänger und feiernde Jugendliche, die viel Müll hinterlassen, sagen sie. Alle Nutzergruppen hätten in die Debatte einbezogen werden müssen. Außerdem habe er noch kein stichhaltiges Argument gehört, warum Hunde jetzt verboten werden müssten, so Buchta. Die Wasserqualität könne es nicht sein, die sei in beiden Seen hervorragend.

„Hunde gehören nicht an Badestellen“

Da konnte auch Markl-Vieto nicht widersprechen, allerdings betonte sie, dass die Seen dafür regelmäßig mit frischem Wasser aus dem Wannsee gespeist werden. Hunde gehören nicht an Badestellen, wiederholte sie immer wieder. Worauf ungeklärt blieb, ob EU-Badegewässer mit öffentlichen Badestellen gleichzusetzen sind, und wie viele Schilder aufgestellt werden müssen, damit Hunde dort laut Gesetz nicht ans Ufer dürfen.

Warum sie sich gegen einen Kompromiss sperre, wollte Christine Richter von der Berliner Morgenpost wissen. Vorschläge lagen genug auf dem Tisch, zum Beispiel, das Verbot im Winter auszusetzen. Da badet keiner. Hundebesitzer seien resistent gegen Kritik („Buh-Rufe“ trotz Basisdemokratiekurs), sagte die Umweltstadträtin, man habe zehn Jahre lang diskutiert, deshalb wolle sie keinen Kompromiss. Doch sie muss sich immer wieder die Frage gefallen lassen, warum sie nicht den üblichen Weg eingehalten habe: Befragung, Mehrheit, Verbot. Irgendwann am Ende der Debatte lenkte Markl-Vieto ein winziges Stück ein. Es sei kein Thema für eine Befragung, so etwas müsse entschieden werden, sagte sie. Aber nach zwei Sommern oder auch schon am Ende dieses Sommers sei sie bereit für Gespräche.

Ein anderes Verfahren hatte Thomas Heilmann mit dem von ihm initiierten „Bello-Dialog“ gewählt. Er hatte sich in mehreren Diskussionen mit Betroffenen zusammengesetzt, um ein neues Hundegesetz auf den Weg zu bringen. „Ich möchte, dass die Menschen die Regeln von allein einsehen“, erklärte der Politiker dazu. Das Gesetz sieht in einer ersten Fassung den Leinenzwang für Hunde vor – außer in den Auslaufgebieten – und die Pflicht, einen Kotbeutel mitzuführen.

Hundetourismus begrenzen

Heilmann sieht noch aber noch weiteren Handlungsbedarf. Er will den Hundetourismus in die Berliner Auslaufgebiete begrenzen. Damit brachte er das Thema Dogwalker ins Spiel. In Kleinmachnow zum Beispiel dürften höchstens vier Hunde pro Person mitgeführt werden, sagte der Politiker. In Berlin seien die Ausführdienste oft mit sechs bis acht Hunden unterwegs. Deshalb kämen viele aus Brandenburg nach Berlin. Aus diesem Grund wolle er die Anzahl der Tiere auch in Berlin begrenzen. Was das Problem am Schlachtensee und der Krummen Lanke angeht, will die CDU-Fraktion Klarheit: Torsten Hippe, Fraktionschef im Bezirk, führt derzeit eine Befragung der Anwohner rund um den Schlachtensee durch. Er will wissen, was sie von dem Verbot halten und davon die weitere Position seiner Fraktion abhängig machen.

Zu einem kleinen Eklat kam es am Ende doch noch: Während im Flyer mit den neuen Regeln für Schlachtensee und Krumme Lanke auf dem südlichen und auf dem nördlichen Waldwegen ein Leinenzwang eingezeichnet ist, behauptete Christa Markl-Vieto, dass Hunde auf den nördlichen Wegen freilaufen könnten. Damit wollte sie eigentlich punkten. Hundebesitzer hatten aber die Pfähle mit den Verbotsschildern gesehen, auch Zäune wurden bereits gezogen. Was stimmt und gilt, war nicht herauszufinden. Moderator Hajo Schumacher gab der Stadträtin mit auf den Weg, nachzusehen „ob oben im Norden alles richtig ist“, und nach der Testphase dafür zu sorgen, „dass es so etwas wie einen Bürgerdialog gibt“. Ein neuer Flyer wäre auch eine gute Idee.