Unerwarteter Fund: Bei der nun abgeschlossenen Sanierung des Spandauer Juliusturms haben Bauarbeiter eine Nachricht aus dem Jahre 1932 entdeckt - in einer Flasche im Mauerwerk.

Es ist ein unerwarteter Fund. Mehrere Seiten zerknittertes Butterbrotpapier aus dem Jahr 1932, dicht und regelmäßig beschrieben. In Sütterlinschrift. Maurer, die damals Reparaturen am Juliusturm ausführten, haben die Zeilen verfasst und die damalige Lebenssituation geschildert. „Anlässlich der Ausbesserungsarbeiten an diesem alten Spandauer Wahrzeichen wollen wir nicht versäumen, eine Nachricht an unsere nachfolgenden Generationen zu hinterlassen“, steht auf einer Seite.

„Wir hoffen und wünschen, wenn diese Zeilen in Eure Hände gelangen, dass die Zeiten besser und aussichtsreicher seien mögen als es jetzt der Fall ist.“ Es waren Handwerker der Firma Paul Florian, die diese Seiten beschrieben und auch mitteilten, dass die Firma zur gleichen Zeit auch die Nikolaikirche in Spandau erneuere.

Gefunden haben diese Dokumente ebenfalls Maurer – diejenigen, die in den vergangenen Monaten den Juliusturm auf der Zitadelle Spandau saniert haben. „Die Papiere waren zusammengerollt in einer Flasche, die sich im Mauerwerk des Turms befand“, erzählt Andrea Theissen, Leiterin des Museums. „Wir haben die Seiten ein bisschen gebügelt, weil sie so zerknittert waren.“

Das älteste Gebäude der Stadt

Die Sanierung ist nun abgeschlossen. Am Donnerstag hat Fachbereichsleiterin Theissen über die Einzelheiten der Arbeiten informiert. Der Turm sei das älteste Gebäude der Stadt, so Andrea Theissen. Die Bauarbeiten seien um 1230 begonnen worden. „Der Sockel stammt noch aus dieser Zeit.“ In den vergangenen drei Jahren stand ein Gerüst um den Turm. „Zum Leidwesen unseres Marketingexperten“, so Theissen. „Denn dadurch waren unsere Locations schlecht zu vermieten.“ 245.000 Euro haben die Arbeiten gekostet. Sie dauerten etwa eineinhalb Jahre.

Der Turm sei im Laufe der Jahrhunderte immer wieder restauriert, verändert und ergänzt worden. „Zuletzt in den 70er-Jahren“, erzählt die Museumsleiterin. „Da hat man alles neu gemacht, aber mit Materialien, die man heute nicht mehr in die Hand nehmen würde.“ Beton sei verwendet worden und habe neue Probleme geschaffen. Die Fugen waren nicht mehr elastisch. „Dadurch sind Teile der Fugen und der Ziegelsteine abgeplatzt. Es war nicht ganz ungefährlich, sich in die Nähe des Turmes zu begeben, denn man konnte leicht etwas auf den Kopf bekommen.“

Jetzt ist der Beton aus allen Fugen entfernt und durch ein elastisches Material ersetzt. Ersetzt sind auch rund 2000 Ziegelsteine. Ein Teil dieser Steine stammt aus alten, abgerissen Gebäuden, ein Teil ist neu gebrannt. Es sind Ziegel mit unterschiedlichen Formen und Farben, die sich in die jeweilige Stelle der Turmmauer einfügen. Das Bauwerk ist außerdem von außen gereinigt worden. Und es hat ein Fallrohr bekommen, durch das Regenwasser ablaufen kann. Bislang tropfte es von den Zinnen herunter.

Von großer Bedeutung für ganz Berlin

Die Sanierung hat zum größten Teil das Bezirksamt bezahlt. Zur Finanzierung hat auch eine private Spende des Spandauer Alt-Bürgermeister Werner Salomon aus dem Jahr 2011 beigetragen. Der SPD-Politiker starb im Juni 2014. „Er hat klar erkannt, dass der Juliusturm nicht nur für Spandau von großer Bedeutung ist, sondern für ganz Berlin“, sagt Andrea Theissen.

Der Juliusturm wurde als Wach- und Verteidigungsturm gebaut. Er diente auch als Zuflucht für den Markgrafen und seinen Hof. „Es gibt eine Verbindung zum Obergeschoss des Palas, dem ehemaligen Repräsentationsgebäude der Markgrafen. Wenn der Feind schon in die Burg eingedrungen war, gab es so immer noch einen Weg in den sichersten Teil der Festung, den Juliusturm.“ Die Wohnetage im Turm enthält einen Kamin in der Wand und Nischen, in denen Leuchter aufgestellt werden können. Im Untergeschoss gab es ein Verlies, in dem zum Beispiel der zu seiner Zeit gefürchtete Raubritter Dietrich von Quitzow (1366-1417) gefangen war. Der Juliusturm erlangte nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 eine besondere Bedeutung. „Die Reparationszahlungen aus Frankreich wurden hier aufbewahrt.“ Man habe die Goldmünzen als „Reichskriegsschatz“ bezeichnet. Nach dem Ersten Weltkrieg sei alles Geld wieder zurückgegangen, was noch da war. „Wir haben noch eine Münze davon“, sagt Theissen. „Die ist aber nicht etwa in einer Ritze zurückgeblieben. Wir haben sie auf dem Antiquitätenmarkt gekauft, um wenigstens ein Belegexemplar zu haben.“

Situationsbericht von August 1932

Das Butterbrotpapier vom August 1932 fasst Andrea Theissen respektvoll mit weißen Handschuhen an, als sie es vorstellt. „Die Seiten sind ein interessantes Dokument“, erzählt sie. „Die Maurer haben darin sehr viel über die damalige Situation mitgeteilt.“ 1932 sei ein schlechtes Jahr für Handwerker gewesen, ist zum Beispiel zu lesen. Es gebe sechseinhalb Millionen Arbeitslose. Der Lohn sei schlecht. 1,08 Mark pro Stunde gebe es für Maurer, 90 Pfennig für Arbeiter. Bei Reparaturen auf der Zitadelle sei es oft so, erzählt die Museumsleiterin, „dass wir etwas finden, was für die allgemeine Geschichte typisch ist“.

Der Juliusturm ist 35 Meter hoch. Er habe eine leichte Neigung, berichtet Andrea Theissen. Diese Neigung bestehe vermutlich schon seit Jahrhunderten und habe sich bei Bauarbeiten immer mehr ausgeprägt. Vom Turm aus sieht man auch die zwei Gebäude auf der Zitadelle, in denen die Ausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ einziehen soll. Das ehemalige Proviantmagazin stammt aus dem 16. Jahrhundert. Dort, in neun Meter hohen Räumen, werden die Skulpturen aufgestellt. Das Gebäude ist äußerlich fertig, das Dach mit roten Ziegeln erneuert und durch Gauben ergänzt. Die alte Steinfassade wurde freigelegt. Die Kaserne daneben wird eine temporäre Schau zeigen. Die Sanierung beider Bauten soll in diesem Sommer beendet werden.