Berlin. Manja Schreiner eröffnete am Freitag eine Spielstraße in Reinickendorf. Zu Fuß spazierte sie nur in die Straße hinein.
Es war ein symbolischer Akt: Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hatte sich eine Straße im Außen- und Autofahrerbezirk Reinickendorf ausgesucht, um am internationalen Autofreien Tag den Spielstraßennachmittag zu eröffnen.
Und so stand sie auf einmal mitten in der abgesperrten Kamekestraße, zwischen Herbst- und Hoppestraße im Hausotterkiez, niemand hatte sie kommen sehen. „Wir wollen ja auch mehr die Außenbezirke in den Blick nehmen“, sagte Schreiner zur Morgenpost.
Berlinweit gab es am Freitag 40 temporäre Spielstraßen, verteilt über alle zwölf Bezirke. Insgesamt waren es rund 4600 Meter Straße, die von 15-19 Uhr gesperrt wurden. In der nach einem pommerschen Adelsgeschlecht benannten Kamekestraße standen unter anderem ein Kickertisch, Kinderfahrzeuge und Strandstühle und wurden trotz des Regens genutzt.

Von der Anwesenheit der Senatorin ließ sich auch niemand in seiner Entspanntheit stören: Starker Cannabis-Geruch waberte direkt in Richtung von Schreiner, Reinickendorfs Verkehrsstadträtin Julia Schrod-Thiel, sowie Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (beide auch CDU). Letztere schwärmte angesichts der über den Asphalt tobenden Kinder: „Diese Spielstraße hat mich in meine Kindheit zurückgebracht.“ Sie habe viel draußen gespielt. Wenn Kinder auf beruhigten Straßen spielten, sei das für sie „Abenteuer“ und für die Eltern „Sicherheit“.
Einige U-Bahnstationen weiter hatten die drei CDU-Damen vor einigen Monaten für Unruhe in der Verkehrspolitik gesorgt, als der Radweg an der Ollenhauerstraße nicht eröffnet, sondern in Frage gestellt wurde. Er soll nun aber ab Ende September eröffnet werden.
Etat für Spielstraßen gekürzt
Wie es mit dem Projekt Spielstraßen weitergeht, schien zuletzt fraglich. Im aktuellen Entwurf für den Doppelhaushalt 2024/2025 sind im entsprechenden Haushaltstitel nur 50.000 Euro vermerkt. Zuvor waren 180.000 Euro für Spielstraßen vorgesehen. Darum gab es Irritationen. Aber Schreiner versicherte vor Ort nachdrücklich, dass sie keine Kürzungen beim „Erfolgsmodell Spielstraßen“ beachsichtige, die Gesamtsumme setze sich aus verschiedenen Haushaltstiteln zusammen, das sei der Grund für die Irritationen. „Die Finanzierung ist sicher. Das Schönste ist zu sehen, wie die Kleinsten davon profitieren“, so die Senatorin mit Blick auf die belebte Straße. Das Abgeordnetenhaus muss noch über den Haushalt abstimmen.
Was ist so teuer an Spielstraßen?
Im September 2022 erschien der „Leitfaden zur Einrichtung temporärer Spielstraßen in Berlin“. Seitdem konnten insgesamt 24 regelmäßige temporäre Spielstraßen eingerichtet werden. Aber wofür braucht es Geld eigentlich knapp 200.000 Euro, damit man auf Straßen spielen kann? „Vor allem die Schilder sind sehr teuer“, erklärt Gabi Jung vom Umweltverband BUND Berlin und Sprecherin des Bündnis Temporäre Spielstraßen.
Dazu summieren sich auch die Kosten für die Absperrungen. Kleinere Summen gehen für Koordination und zum Beispiel den Flyerdruck drauf, um die Nachbarschaft zu informieren oder für den Kauf von Straßenmalkreide. Aber es sei zum einen eine Frage der Flächengerechtigkeit, dass die Straße von allen genutzt werden könne, so Jung, zum anderen fehlten aber Kindern auch Flächen, wo sie beispielsweise Radfahren lernen und trainieren könnten.

Eine Ausweitung des Spielstraßen-Konzepts wünscht sich Jung sehr, an Zahlen will sie es allerdings nicht festmachen. „Wenn Leute das irgendwo machen wollen, sollen sie es machen machen können, ich wünsche mir, dass die bürokratischen Hürden in allen Bezirken niedrig gehalten werden.“ Die meisten Bezirke würden zum Beispiel auch die Haftung übernehmen, in Reinickendorf aber liege die Haftung bei den Initiativen, die die Straße beantragen, so Jung.
So kam die Senatorin zum Autofreien Tag
2020 hatte das Abgeordnetenhaus übrigens beschlossen, dass am Autofreien Tag im Tarifgebiet AB der öffentliche Personennahverkehr gratis genutzt werden darf. Die Mehrkosten hierfür sind im Haushalt der Verkehrsverwaltung vorgesehen. Die Grünen-Abgeordnete Antje Kapek hat bemängelt, dass Senatorin Manja Schreiner „dieses Angebot ohne Ankündigung gestrichen“ hat. Schreiner selbst kam übrigens auch nicht mit der Bahn und schummelte ein bisschen als Verkehrs-Vorbild: Ihren Elektro-Dienstwagen parkte sie vor der abgesperrten Straße. Sie kam aus einer Klausur, das Pensum sei sonst einfach nicht zu schaffen, sagte ihre Sprecherin.