Reinickendorf
Bonhoeffer-Gelände

Berlin sucht einen Platz für ein neues Gefängniskrankenhaus

| Lesedauer: 4 Minuten
Dirk Krampitz
Im Maßregelvollzug in Berlin Reinickendorf kam es am Nachmittag zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Insassen.

Im Maßregelvollzug in Berlin Reinickendorf kam es am Nachmittag zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Insassen.

Foto: Peise

Weiterhin investiert die Verwaltung in das bisherige Krankenhaus auf dem Bonhoeffer-Gelände, obwohl dort Wohnungen entstehen.

Berlin.  Berlin hat ein Problem mit dem Maßregelvollzug. Das Krankenhaus auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik ist seit Jahren überlastet und überbelegt. Und auch in Brandenburger Einrichtungen sieht es nicht anders aus. Derzeit sind nach Angaben der Senatsgesundheitsverwaltung in der Reinickendorfer Einrichtung 600 Patienten untergebracht, genehmigt sind aber nur 541 Betten. Wegen des Platzmangels mussten immer wieder verurteilte Straftäter vorzeitig aus der Haft entlassen werden.

„Von einer dauerhaften Überbelegung kann hier jedoch nicht die Rede sein. Diese hatte sich zeitlich entwickelt und wird vom Senat mit mehreren Maßnahmen und dem Ziel des Abbaus selbiger angegangen“, schreibt die Senatsgesundheitsverwaltung. Das antwortete sie auf eine Anfrage des Abgeordnete Martin Pätzold. Der CDU-Politiker wurde von Menschen, die mit dem Maßregelvollzug zu tun haben, angesprochen und auf die Zustände aufmerksam gemacht.

72 neue Vollzugsplätze auf dem Bonhoeffer-Gelände

Umso entsetzter ist der Abgeordnete wegen der in seinen Ohren ignoranten Antwort. „Es ist die Aufgabe des Maßregelvollzugs, Menschen in Verwahrung zu nehmen und zu therapieren, die für die Allgemeinheit gefährlich sind. Wenn das nicht mehr gewährleistet ist, ist das ein Problem für diese Menschen selbst und auch für alle anderen“, so Pätzold.

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Außerdem schreibt die Gesundheitsverwaltung weiter unten in der Antwort dann selbst: „Die Ertüchtigung eines weiteren Gebäudes auf dem Gelände ist als mittelfristige Maßnahme in Planung.“ Bis 2025 sollen auf dem Gelände der bestehenden Einrichtung in Reinickendorf 60 neue Vollzugsplätze geschaffen werden. Schon in etwa drei Monaten soll dort ein erneuertes Gebäude mit etwa zwölf klinischen Plätzen zur Verfügung stehen. Das soll rund 53 Millionen Euro kosten. Insgesamt will die zuständige Gesundheitsverwaltung rund 68 Millionen Euro investieren.

Rückschlag für die Hoffnungen der Anwohner

Für die Wittenauer Anwohner ist das ein Rückschlag, viele hoffen seit Jahren, dass das Krankenhaus mit den Straftätern aus der Wohngegend verlagert wird. Bei Gebietsspaziergängen zur Bebauung des Geländes taucht diese Frage regelmäßig auf. Aber erneut wird von Senatsseite auf die finanziell angespannte Lage verwiesen. Und nun setzt die Sozialverwaltung nicht nur weiterhin auf den angestammten Standort Bonhoeffer-Nervenklinik, sondern baut ihn auch noch weiter aus. Und das, obwohl die Gesobau noch in diesem Jahr mit dem Neubau von 600 Wohnungen beginnen will, nur wenige dutzend Meter von Zaun und durchsichtiger Wand entfernt, die die Insassen von der Freiheit trennt.

Die gute Nachricht für die Mitarbeiter ist, dass der Personalmangel erkannt wurde. „Weitere Maßnahmen, zum Beispiel zur Personalgewinnung und -bindung sind in Prüfung“, antwortet die Sozialverwaltung. „Um darüber hinaus Anreize für die Tätigkeit im KMV zu setzen, wird eine Zulagenregelung geprüft, die in die Tarifgemeinschaft der Länder eingebracht werden soll.“ Außerdem könnte Pflegepersonal bei nicht-pflegerischen Tätigkeiten durch mobile und stationäre Sicherheitskräfte und einzustellende Pflegeassistenzkräfte unterstützt werden. „Auch das Konzept eines vorübergehenden Personalleasings wird geprüft.“

Masterplan soll bis Mitte des Jahres fertig sein

Insgesamt scheint das Krankenhaus des Maßregelvollzugs trotz aller Beschwichtigungen als dringende Baustelle erkannt. Darum wird derzeit der Masterplan „KMV 2040“ erarbeitet von einer ressortübergreifenden Facharbeitsgruppe erarbeitet. Bis zum 30. Juni soll er vorliegen. Bereits beschlossen wurde allerdings im Rahmen eines Austausches zwischen der Senatsverwaltung für Finanzen und der Senatsgesundheitsverwaltung, dass weitere Grundstücke und/oder Gebäude zur Unterbringung von weiteren Maßregelvollzugspatientinnen und -patienten beschafft werden sollen.

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„Es wird daher landesweit – im Austausch mit der BIM – nach entsprechenden Liegenschaften/Räumlichkeiten gesucht.“ Allerdings wohl nach den Investitionen in den Standort in Reinickendorf nur als Ergänzung, nicht als Ersatz.

Ob und welche Liegenschaften schon gefunden wurden, dazu hat die Senatsgesundheitsverwaltung bis Redaktionsschluss keine Antwort gegeben.