Berlin. Bezirksamt wehrt sich vehement gegen die Annahme, man wolle Obdachlose vergrämen. Und nennt die Zielgruppe für umstrittene Bügel-Bänke
Hinlegen geht nicht mehr – aber Aufstehen umso besser! Sechs knallblaue Bänke in Berlin-Prenzlauer Berg werden zum Gegenstand eines Kiez-Eklats. Denn Anwohner vermuten, dass hier ein Umbau stattfand, der nur ein Ziel haben kann: Obdachlose vertreiben. Diese sechs knallblauen Bänke stehen neuerdings an einem kleinen Park in der Choriner Straße, wo tatsächlich öfter die Ärmsten der Stadt ausharren. Als störend empfand sie die hiesige Familiengemeinschaft keinesfalls. Wer hier saß – oder lagerte – war willkommener Teil der Berliner Stadtgesellschaft. Bis jetzt.
Denn nach einem Umbau verfügen die Bänke über etwa 40 Zentimeter hoch aufragende Stahlstreben. Zu Bügeln geformt, sind sie nun Bestandteil einer Ergonomie, die Hinlegen unmöglich macht. Sollte hier etwa eine Abwehrvorrichtung gegen ungebetene Nachtgäste entstehen? Diese Frage zu einer womöglich „obdachlosenfeindlichen Architektur“ war den Familien so wichtig, dass sie nun eine Frau in die Bezirksverordnetenversammlung trug. Und Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU), zuständig für öffentlichen Raum, antwortete mit einem entschiedenen Nein.
Bezirk Pankow: Keine Abwehr von Obdachlose – es geht um Alte

„Von Feindlichkeit kann nicht die Rede sein. Das weisen wir entschieden zurück“, erklärt sie den Anwohnern. Hier habe man in bester Absicht „Sitzbänke ihrer Bestimmung zugeführt, auf nachhaltige und kostensparende Weise“. Demnach sind die angeschweißten Metallbügel keine Obdachlosen-Schikane – sondern eine Aufsteh-Hilfe für Alte und und ein wenig mobilitätseingeschränkte Parknutzer.
Mit nur 25 Euro Kostenaufwand pro Bank habe man einem wichtigen Wunsch von Bürgern entsprochen, betont Anders-Granitzki. Aufsteh-Griffe an Bänken seien bereits mehrfach erbeten worden. Und hier hat man sie bei einer Überholung des Platzes beschafft. „Für gesunde Menschen sind die Griffe kaum spürbar, für Eingeschränkte und Kranke ein wichtiger Schritt, um am öffentlichen Leben teilzunehmen“, so die Argumentation.
Bank-Offensive in Pankow bringt weitere Sitzmöbel mit Griffen
Laut der Anwohnervertreterin führt die Installation aber dazu, dass Obdachlose nun „im Gebüsch schlafen“. Es sei ein Problem, Maßnahmen gegen ihre Anwesenheit zu ergreifen – „sie lösen sich ja deshalb nicht in Luft auf“. Das brauchen sie auch gar nicht, entgegnet die Stadträtin. Allen Menschen ohne Wohnung in Pankow würde aktiv Hilfe angeboten. So wie es ein entsprechender Leitfaden für die Verwaltung gebietet.
Im Rahmen einer Bank-Offensive im Bezirk Pankow darf man sicher sein, dass die Bügel an neuen oder reparierten Bänken im Bezirk nun vielerorts erscheinen. Denn mit 150.000 Euro aus dem Stadtverschönerungsprogramm des Senats will man neue Plätze zum Niederlassen schaffen – und ließ Anwohner online über Standorte abstimmen.
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Außerdem ist die nächste Charge an Sitzbänken bereits in Sicht. Auf Antrag der Pankower Grünen soll der Bezirk speziell für Senioren sogenannte „Plauderbänke“ beschaffen. Als Treffpunkt und Instrument gegen Vereinsamung im Alter. Aber keinesfalls als Schutzwehr gegen Obdachlose.