Fehlende Stimmzettel

Wahl-Chaos: „Wir wollten wählen und konnten nicht“

| Lesedauer: 4 Minuten
Schlange vor einem Wahllokal in Pankow

Schlange vor einem Wahllokal in Pankow

Foto: dpa/Georg Hilgemann

Eine Pankowerin berichtet, wie chaotisch die Stimmabgabe in ihrem Wahllokal verlief. Ein Beispiel von vielen in Berlin.

Berlin. Chaotischer Wahltag in Berlin: Zu wenige Stimmzettel, widersprüchliche Aussagen der Wahlhelfer, lange Schlangen – und am Ende eine verweigerte Stimmabgabe sorgten für Frust in Pankow. „Wir wollten wählen und konnten nicht“, berichtet Esther Quednau über gravierende Probleme im Wahllokal 200 in der Grundschule Rosenthal.

Als Quednau gegen 17 Uhr den Hof betrat, herrschte Tumult. Es seien keine Stimmzettel für den Bundestagswahlkreis mehr verfügbar, erfuhr die Gruppe. Da sich bis 17.30 Uhr kein Nachschub beschaffen ließ, wurden die Namen der Wartenden notiert – und Quednau bekam die Zusage, auch nach 18 Uhr noch wählen zu können, wenn wieder Bundestags-Stimmzettel da seien. Doch diese Aussicht zerschlug sich. Es seien nur 20 Bundestags-Wahlzettel beschafft worden – zu wenige für die Menge auf dem Schulhof, bekam die Pankowerin gesagt. „Kurz darauf hieß es, dass das Wahllokal geschlossen wird“. Draußen vor der Tür: Esther Quednau und Dutzende weitere Wähler, die über eine Stunde vergeblich gewartet hatten.

Auch die Abstimmung für Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlung sei der Gruppe verwehrt worden, obwohl dafür genügend Stimmzettel da waren. Wähler unter 18 seien wiederum zur BVV-Wahl zugelassen worden – anders als Quednau. Den Wahlhelfern will sie keine Vorwürfe machen, weil sie sehr bemüht waren, die Probleme zu lösen. Doch offenbar habe es keine klaren Ansagen gegeben, wie man mit dem Mangel an Wahlzettel verfahren soll - „es ist wirklich frustrierend und schade, dass es in Berlin so chaotisch gelaufen ist".

Wahlen in Berlin 2021 - Lesen Sie auch:

Wahl in Berlin: Wahlzettel offenbar nicht nur vergriffen, sondern sogar vertauscht

Am Montag häuften sich in sozialen Netzwerken Schilderungen von ähnlichen Problemen in verschiedenen Wahllokalen, wo Besucher trotz langer Geduld keine Stimmen abgeben konnten. Neben Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf, wo Wahlzettel offenbar nicht nur vergriffen, sondern sogar vertauscht waren, wurden besonders in Pankow weitere Pannen durch fehlende Zettel bekannt. Bislang hat sich die Bezirkswahlleitung zu den Problemen nicht geäußert.

Derweil berichtet der Morgenpost etwa Michael S. von Unregelmäßigkeiten im Wahlbüro 822 in der Volksschule Prenzlauer Allee. „Als ich vormittags die lange Schlange sah, kam ich abends um 17.30 Uhr wieder. Als ich ankam, warteten sicherlich weit über 100 Menschen auf dem Hof“, schreibt der Leser. „Wie ich erfuhr gab es keine Wahlzettel. Ich durfte, weil ich mit Kleinkindern dort war, vor und so war ich ,bereits‘ nach 45 Minuten wieder fertig." Solche Probleme seien geeignet, hinter die Legitimität der Wahl ein Fragezeichen zu setzen, meint der Wähler aus Prenzlauer Berg.

Mangel an Wahlscheinen - „Solange der Vorrat reicht“

Ähnliches schrieb Yannick F. aus Charlottenburg-Wilmersdorf. In zwei Wahllokalen sei aus Mangel an Wahlscheinen die Devise ausgegeben worden: „Solange der Vorrat reicht.“ Yannick F. hält das für völlig unverständlich und sagt: „Die Wahllokale verfügen über Listen mit all den in den Bezirken wohnenden Menschen. Sie wissen um die Anzahl der Stimmzettel. Es kann auch nicht sein, dass hier einfach nachbestellt wird. Ich hoffe, die Anzahl der Stimmzettel wird mit den Listen der angetretenen Wähler abgestimmt.“

Dass man mit Widerspruch und Hartnäckigkeit ans Ziel kommen konnte, erlebte Holger Z. aus Steglitz-Zehlendorf. „Ich erhielt den Wahlzettel für den Wahlkreis Nummer 1. Korrekt wäre der Stimmzettel für den Wahlkreis Nummer 6. Nach sofortiger Intervention an die Wahlhelfenden erhielten ich und meine Frau kurze Zeit später den richtigen Zettel. Die anderen vorbereiteten Zettel würden ausgetauscht, hieß es. Allerdings wählten die Leute vor mir noch weiter. Vermutlich auch mit falschen Erststimmenzetteln.“