Luxus-Wohnanlage

Warum der Marthashof in Prenzlauer Berg geschlossen bleibt

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Franziska Birnbach und Christine Eichelmann

Foto: Massimo Rodari

Beim Bau der Wohnanlage Marthashof wurde Anwohnern versichert, dass die Grünanlage öffentlich zugänglich bleibt. Heute sind die Türen zu. Trotz Engagements von Bürgern und Bezirk könnte das so bleiben.

Der Streit hat schon begonnen, da gab es den Bau noch gar nicht. Als im Jahr 2008 der Investor Stofanel auf dem Grundstück zwischen Kastanienallee, Schwedter und Oderberger Straße in Prenzlauer Berg im Berliner Bezirk Pankow die Luxus-Wohnanlage Marthashof plante, rief er damit Nachbarn der grünen Brache und Gentrifizierungsgegner auf den Plan. Mittlerweile sind die Wohnungen längst bezogen, der Innenhof ist begrünt.

Von dieser parkähnlichen Anlage mit Liegewiese und Spielplatz, bewachsenen Pergolen und Wasserspiel sollten laut Vorgabe des Bezirksamtes auch die Anwohner des Kiezes profitieren. Von einer Öffentlichkeit des Gartens, so allerdings deren Kritik, könne tatsächlich keine Rede sein: Die Bewohner des Marthashof leben hinter einem Zaun und oftmals geschlossenen Toren. Von einer „gated community“, einer geschlossenen Gemeinschaft, ist die Rede.

Claudia Hering ist eine der Kritikerinnen. Sie hatte gleich zu Anfang die Anliegerinitiative AIM gegründet, die im Grunde den Bau gar nicht wollte, wenigstens aber für den Zugang zum Innenhof kämpfte. Mit Erfolg: Die sanierungsrechtliche Genehmigung des Bezirksamtes enthält die Auflage, eine „von der Schwedter Straße aus öffentlich zugängliche und nutzbare Grünfläche inklusive der Errichtung des Kinderspielplatzes“ anzulegen. Claudia Hering sagt, sie sei immer schon skeptisch gewesen. „Ich halte von halböffentlichen Parks nichts“, so die 49-Jährige. Bestätigt fühlte sie sich, als an der offenen Seite der U-förmigen Anlage ein Zaun hochgezogen wurde. Zwar seien darin zwei Tore. „Die sind jetzt aber mal auf, mal zu.“ Die Tore seien auch nicht sehr breit, und durch die Klingelknöpfe direkt daneben komme gar keiner auf die Idee, er dürfe da einfach so reingehen.

Tafel soll Grünanlage am Marthashof sichtbar machen

Die AIM fordert deshalb, dass eine Tafel angebracht wird, die auf die Öffentlichkeit der Anlage und den Spielplatz hinweist. Anfangs verhandelten die Aktivisten mit Stofanel selbst. Dieser hatte in Gesprächen zugesagt, dass die Fläche auch von externen Anwohnern genutzt werden könne. Eine feste rechtliche Regelung, wie beispielsweise die Einräumung eines Wegerechts, wurde nicht getroffen. Die insgesamt rund 140 Wohneinheiten sind mittlerweile alle verkauft – und so viele neue Eigentümer wie es gibt, unterscheiden sich auch die Meinungen hinsichtlich der Öffnung des Geländes. Der vom Bezirk geschlossene Vertrag mit dem ursprünglichen Investor ist mit dem Verkauf der Wohnungen hinfällig geworden.

Es wurde versäumt, die Zusage auf die neuen Eigentümer auszuweiten. Ein Eigentümer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bedauert, dass der Hof nur unregelmäßig geöffnet ist. „Jedem Käufer wurde zu Beginn gesagt, dass die Fläche auch von anderen genutzt werden könne – wir wussten also, was auf uns zukommt“, sagt er. Die Abschottung des Geländes stärke den Eindruck der Anlage als Fremdkörper in der Gegend und schüre Konflikte, wo keine sein müssten. Die Eigentümerschaft sieht er geteilt. „Einige finden es gut, andere lehnen eine Öffnung strickt ab“, erzählt er weiter.

Baustadtrat Kirchner will Grünanlage bis 20 Uhr öffnen

Weil das Problem sich von allein ganz offensichtlich nicht löst, haben sich nun die Bezirksverordneten eingeschaltet. Ausgehend von einer kleinen Anfrage im vergangenen Jahr, stellte die Piraten-Fraktion im September dieses Jahres den Antrag, das Bezirksamt möge sich mit der Angelegenheit befassen. Die Drucksache VII-0423 trägt den Titel „Marthashof für alle“. Einstimmig wurde von der BVV beschlossen, die Bezirksverwaltung müsse gegenüber den Eigentümern und der Verwaltungsgesellschaft der Anlage darauf hinwirken, dass die Auflage aus der Bauphase eingehalten werde. Die Tore, so die Forderung, sollen tatsächlich den ganzen Tag über offen sein. Lediglich ein Vorschlag von Antragsteller Jan Schrecker (Piraten) wurde gestrichen. Er votierte für einen wie in Kitas üblichen Riegel am Tor, der nur für Erwachsene erreichbar ist. Schrecket versprach sich davon, das Problem der Bewohner mit der Sicherheit für kleine Kinder zu lösen. So weit, das hatte schon der Bauausschuss entschieden, wollte man in die Entscheidung nicht eingreifen.

Am Zug ist somit nun Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). „Wir möchten uns intensiv dafür einsetzen, dass die Grünanlage zumindest bis 20 Uhr geöffnet ist und somit einen Kompromiss schaffen“, sagt Kirchner. Die Anwohner würden in dieser Woche ein Anschreiben erhalten, in dem sie gebeten werden, sich mit dem Bezirk zusammen zu setzen, um eine Lösung zu finden. Ein Schild, das die Fläche als öffentlich zugänglich ausweist, hält er derzeit für widerrechtlich. „Der Innenhof ist privates Eigentum und es hat keine Widmung als öffentliche Grünfläche stattgefunden“, sagt Kirchner.

Anwohnerinitiative bei Parköffnung nicht sehr optimistisch

Auch Claudia Hering von der Anwohnerinitiative AIM ist nicht sehr optimistisch. „Im Grunde haben wir wenig Chancen. Wenn die Bewohner vom Marthashof nicht wollen, können wir wenig machen“, glaubt Claudia Hering. Die Piraten sehen deshalb in dem BVV-Beschluss vom September nur einen ersten Schritt.

Neben der gesicherten Öffnung der Tore sei das von der AIM gewünschte Schild mit Hinweis auf die öffentliche Anlage notwendig, um die Hemmschwelle beim Betreten des Marthashof selbst für Ortskundige zu senken. „Das muss auch noch kommen“, so Schrecker. „Aber eins nach dem anderen. Solange die Tore zu sind, nutzt so ein Schild erst mal gar nichts.“