Ab Sonnabend geöffnet

Nach Aquadom-Unglück: DDR-Museum öffnet mit neuem Highlight

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Die neu designten Teile der Ausstellung im DDR-Museum erstrahlen nun in Dunkelblau.

Die neu designten Teile der Ausstellung im DDR-Museum erstrahlen nun in Dunkelblau.

Foto: Monika Skolimowska / dpa

Das Haus hat seine Ausstellung nach nur drei Monaten modernisiert und überarbeitet. Was DDR-Interessierte nun Neues erwartet.

Berlin.  Die Ehrfurcht vor der bewältigten Aufgabe war den Verantwortlichen des DDR-Museums am Freitag deutlich anzumerken. Und ebenso der Stolz auf das innerhalb von nur drei Monaten gemeinsam Erreichte. Strahlend versammelte sich das Führungsteam um Direktor Gordon Freiherr von Godin zum Pressetermin, während ein Beamer Fotos der Entwicklung der verwüsteten Ausstellungsflächen in Mitte von der der Baustelle bis hin zur Erneuerung an die Wand projizierte.

„Das Deutsche Historische Museum braucht zehn Jahre für seine Neuausrichtung und das Pergamonmuseum schließt nun ebenfalls für sehr lange Zeit seine Türen“, scheute Godin den selbstbewussten Vergleich mit den größeren Nachbarn nicht. Seit dem 16. Dezember habe man als DDR-Museum hingegen die gesamte Ausstellung modernisiert, überarbeitet und teilweise neu konzipiert. Ab diesem Sonnabend ist sie nun wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und lang geplante Veränderungen rasch umgesetzt“, so Godin.

Geplatztes Aquarium: Wenig Museums-Objekte zerstört

Der 16. Dezember 2022 ist dabei allerdings noch immer als Tag der Katastrophe präsent. Als der Tag also, an dem das berühmte 16 Meter hohe Großaquarium des Radisson Blue-Hotel im Gebäudekomplex Dom Aquarée platzte und die etwa eine Millionen Liter an Wassermassen auch das DDR-Museum unterhalb der Lobby in Mitleidenschaft zogen. „Ich stand passenderweise unter der Dusche, als ich es erfahren habe“, verriet Kreativchef Matthias Kaminsky. „Und ich wusste sofort, dass nun eine ganze Menge Arbeit auf uns zukommen würde.“

Aquarium in Berlin geplatzt: Das war offenbar der Grund

Am Anfang sei man damals noch knöcheltief durchs Wasser gewatet, als man endlich durch die Ausstellungsflächen habe gehen dürfen, erinnerte sich Ausstellungsleiter Sören Marotz. Rund 1,5 Millionen Euro betrug der Schaden. Die Kosten des Wiederaufbaus finanzierten nun zu etwa 80 Prozent die Gesellschafter der Institution – zudem rechnet das DDR-Museum fest mit einer Entschädigung durch die Versicherung. Immerhin habe man sich selbst nichts zu Schulden kommen lassen, so der Tenor.

Die Eintrittspreise aufgrund der Investitionen erhöhen, das soll jedoch möglichst vermieden werden. „Wir wollen ein Haus für alle bleiben“, betonte Godin. Das größte Glück für das Museum war es indes, dass kaum ein Objekt durch die Aquarium-Katastrophe zerstört wurde. Eines der wenigen betroffenen Ausstellungsstücke – eine alte Erika-Schreibmaschine, durch die sich das Salzwasser förmlich hindurchgefressen hat – wird nun als Erinnerung an das Ereignis Teil der Ausstellung bleiben. Ansonsten aber geht der Blick ganz klar nach vorne.

Ausstellung an ein jüngeres Publikum angepasst

Das Tempo der Wiedereröffnung hat dabei vor allem auch wirtschaftliche Gründe. Das DDR-Museum ist privat geführt, öffentliche Zuschüsse oder Hilfen erhält es nicht. „Wir wollten außerdem so schnell wie möglich wieder aufmachen, damit die Menschen aus ihren Köpfen heraus bekommen, dass wir geschlossen haben“, erklärte Marotz. „Das ist sehr wichtig und kann sich sonst leicht verselbstständigen.“

Daher habe man sich einiges einfallen lassen, um die rund 8000 Ausstellungsstücke aus 40 Jahren DDR-Geschichte auch einem neuen Publikum in origineller Art und Weise zu präsentieren. Schon zuvor galt das Museum als eines der interaktivsten der Welt und war besonders für seine original eingerichtete DDR-Beispielwohnung bekannt. Mit den Bereichen „DDR Kompakt“, „Deutsche Teilung“ und „DDR-Propaganda“ hat das Team nun gleich drei neue Themenbereiche erstellt und dadurch einige der alten Module zusammengefasst und überarbeitet.

„Wir haben 17 Jahre nach unserer Eröffnung natürlich ganz andere Besucherinnen und Besucher“, sagte der historische Leiter der Ausstellung, Stefan Wolle. Viele seien über 30 Jahre nach dem Mauerfall nie mit der DDR in Berührung gekommen oder stammten in einer internationalen Stadt wie Berlin gar aus einem komplett anderen Kulturkreis. „Die neuen Module bieten in zahlreichen Sprachen einen kompakten Überblick über die historische Situation, bevor sie in die Details einsteigen“, so Wolle.

Arbeiten im DDR-Museum noch nicht abgeschlossen

Besonderes Highlight hier: Eine 3D-Karte der DDR, die perspektivisch auch noch verschiedene Installationen und interaktive Möglichkeiten zum Erforschen des untergegangen Staates bieten soll. Zwei neue Vitrinen ermöglichen es zudem erstmals, in wechselnden Sonderausstellungen einige der geschätzt 300.000 Objekte zu zeigen, die derzeit im Depot des Museums in Spandau lagern: Briefe, Dokumente, Bücher, Möbel, Kleidungsstücke, Orden, Auszeichnungen, Einrichtungsgegenstände und Nippes aus Schenkungen aus dem ganzen Bundesgebiet.

Beeindruckendste Manifestation der neuen Ausstellung: Ein zehn Meter breites Originalstück der Berliner Mauer, das nun die Räumlichkeiten gegenüber des Berliner Doms geradezu beherrscht und selbst den bereits bekannten Trabi in den Schatten stellt. Die Arbeiten am DDR-Museums sind trotz all der Euphorie am Freitag aber noch nicht vollständig abgeschlossen. Bis Ende des Jahres wird bei laufendem Betrieb weiter gezimmert und modernisiert. So werden alte und neue Module noch einige Zeit nebeneinander existieren müssen, bis bald nur noch das Dunkelblau des neuen Designs übrig bleibt.

Und noch viel mehr ist geplant: Etwa ein restauriertes DDR-Klassenzimmer, ein Kino und ein Modell des abgerissenen Palasts der Republik mit Original-Interieur. „Als wir 2006 geöffnet haben, hatten wir es noch mit echten Kontroversen zu tun“, erinnerte sich derweil Direktor Godin. „Auf der einen Seite gab es ein hohes Maß an verklärender Ostalgie, auf der anderen Seite viele Kritiker, die uns vorwarfen, einen Unrechtsstaat zu verherrlichen.“ Nun sei es viel besser möglich, ruhig und gelassen über positive wie negative Aspekte der DDR zu diskutieren, so Godin.