Noch gleicht die zwei Hektar große Fläche eher einer Staubwüste mit vereinzelt herumstehenden Bäumen als einem Park. Am Mittwochvormittag haben Stadtplanungsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) und Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) die neue Erweiterungsfläche des Mauerparks eröffnet. Nun ist der Park erstmals direkt vom Weddinger Brunnenviertel aus erreichbar.
Ein breiter, asphaltierter Weg führt von der Lortzingstraße durch die neu eröffnete Anlage bis zur Max-Schmeling-Halle. Fertig wirkt das erschlossene Areal noch nicht – es fehlen Sitzmöglichkeiten und andere Freizeitangebote. Die Meinungen bei der Eröffnung gehen entsprechend auseinander.
Viele freuen sich, dass der Park nun auch von West nach Ost durchquerbar ist – andere fragen sich, was man mit der staubigen, erst wenig begrünten Fläche konkret anfangen soll.
Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen
„Berlin braucht mehr Grün und mehr Wohnungen – hier soll beides entstehen. Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Gaebler. Die Nutzung des Mauerparks ist seit Jahren Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen zwischen Bürgerinitiativen und dem privaten Eigentümer des Gewerbegeländes, das an die westliche Seite des Parks grenzt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Bezirksämter von Mitte und Pankow gerieten immer wieder in die Kritik, sich nicht genügend für die Interessen der Bürger einzusetzen.
Gleicht der südliche Teil des Parks vor allem am Wochenende einem Festivalgelände, ist es im nördlichen Teil eher ruhig. Durch ein kleines Birkenwäldchen gelangt man über weitere Grünflächen zu der Jugendfarm „Moritzhof“ mit Tieren und Freizeitangeboten für Kinder. Am Ende der Parkanlage liegen ein stets gut besuchter Spielplatz und ein Kletterfelsen.
Investor Groth erwarb Teile des Gewerbegebiets, das direkt an den nördlichen Teil des Parks angrenzt. Dort sollen nun Wohnungen errichtet werden, was bei Anwohnern und Parkfreunden auf Widerstand stößt. „Im Moment wird der Park sehr liberal genutzt – Karaoke, Flohmarkt – das macht ihn aus!“, sagt Alexander Puell, Vorsitzender des Bürgervereins „Freunde des Mauerparks“.
Anwohner haben Angst vor Gentrifizierung
Er befürchtet, dass sich die Nutzung durch den neuen Appartement-Komplex nachhaltig verändern wird. „Es werden noch mehr Menschen hier leben, die den Park verständlicherweise nutzen wollen. Aber das heißt auch, noch weniger Platz, in dem ohnehin überfüllten Park. Zudem wird diese Art von Wohnungen ein bestimmtes Klientel anziehen“, sagt Puell. Das Gespenst der Gentrifizierung geht weiter um.
Zudem beklagt die Bürgerinitiative, die vor allem aus Anwohnern besteht, den teilweisen Verlust des sogenannten „Grünen Bands“. Das Grüne Band Berlin ist ein 15 Kilometer langes Stück Weg entlang des ehemaligen Grenzstreifens. Abseits von Verkehrswegen kann man auf dem naturbelassenen Weg von der Innenstadt den Berliner Norden zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. „Es kann nicht gut sein für das Stadtklima, wenn man eine derartige Schneise einfach zubaut“, beklagt Puell. Trotz aller Kritik sind die Bürgervertreter mit der Parkerweiterung jedoch zunächst einmal zufrieden.
„Ursprünglich war auch hier eine Bebauung geplant. Glücklicherweise konnte das verhindert werden. Das ist schon mal ein Einstieg in die Erweiterung des Parks“, sagt Rainer Krüger von der Bürgerwerkstatt „Mauerpark Fertigstellen“. Doch auch er kritisiert, dass der Vorwurf im Nordteil entstünden lediglich weitere Luxuswohnungen vom Bezirk und vom Eigentümer bisher nicht entkräftet wurden. Der Investor war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht zu erreichen.
Gemeinschaftsbeete für Bürger wurden angelegt
Als möglichen Kompromiss zwischen Anwohnerinteressen und Eigentümer hatten die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Bezirk Mitte und der Eigentümer der Fläche im Herbst 2012 einen städtebaulichen Vertrag geschlossen. Dieser erlaubt eine Bebauung nur gegen die Erweiterung der vorhandenen Grünfläche. Ein Teil dieser Vereinbarung wurde nun eingelöst. Die ehemalige Gewerbefläche wurde in den vergangenen Monaten vom Müll befreit, um eine nutzbare Freifläche geschaffen. Die soll vor allem den Anwohnern zugute kommen.
Auf einer kleinen Fläche wurden vom Verein „Mauergarten“ erste Gemeinschaftsbeete angelegt. „Uns geht es darum, die Bürger zusammenzubringen. Jeder kann sein eigenes Beet anlegen und Pflanzen und Ernten“, erzählt Volker Gehrmann vom Mauergarten e.V. Am Sonnabend wird der Garten offiziell eröffnet. Das Management der Grünfläche übernimmt die „Grün Berlin“, eine Service-Gesellschaft des Landes Berlin, die Grünflächen in Berlin plant und betreut.
40 Behörden sind beim Bebauungsplan involviert
Die Nutzung der neuen Fläche ist zunächst nur temporär. Der Bebauungsplan, der den Bau der Wohnungen erlauben soll, befindet sich noch in der Abstimmungsphase. Im August müssen mehr als 40 Behörden ihre Stellungnahme zu der geplanten Änderung des Bebauungsplans abgeben. Erst wenn der Bebauungsplan zugunsten der Groth-Gruppe festgesetzt ist, wäre auch die Parkerweiterung sicher. Würde der Plan kippen, könnte der Investor Groth die im Zuge des städtebaulichen Vertrags zur Verfügung gestellte Fläche zurückverlangen. Die Erweiterungsfläche wäre dann verloren.
Würde der Bebauungsplan wie erwartet festgesetzt werden, wird die Parkfläche bis 2016 um drei Hektar erweitert. Zudem soll mit den Nutzern des südlichen Geländes wie dem Mauersegler und dem Mauerflohmarkt Erbpachtverträge abgeschlossen werden. Betrachtet man die geöffneten Zäune Richtung Lortzingstraße und die freie Fläche rechts und links des Durchgangsweges, wirkt der neue Parkteil noch sehr provisorisch. Noch ist Platz für Ideen.